H-Kennzeichen 2020 für 3er E36, Audi 100, VW T4

Autos der 90er werden Oldtimer

Autos, die 1990 neu waren, können 2020 ein H-Kennzeichen bekommen, sie werden damit offiziell zu Oldtimern. Die Liste reicht vom Alfa Spider bis zum VW T4.

BMW 3er E36 Limousine Foto: BMW 17 Bilder

Das Jahr 1990 war ein Wendejahr: Politisch natürlich, weil am 3. Oktober der Einigungsvertrag in Kraft trat und seither fünf neue Bundesländer zur BRD gehören. Aber auch, weil VW beim Bulli die Wende vom Heck- zum Frontmotor vollzog – eine Änderung, deren Bedeutung für Handwerker, Familien und Wohnmobilausbauer gar nicht überschätzt werden kann. Doch fangen wir von vorne an. Die Liste der H-Kandidaten für 2020 beginnt alphabetisch mit dem

Alfa Romeo Spider Tipo 4

1966 präsentiert Alfa Romeo den Spider. Der wird im Lauf der Jahrzehnte mehrfach überarbeitet, ändert aber nie grundsätzlich sein Wesen als offenes Auto für leidenschaftliche Autofahrer. Auf „Coda tronca“ und „Aerodinamica“ folgt 1990 der Tipo 4 mit in Wagenfarbe lackierten Stoßfängern und einem Leuchtenband am Heck. Der Zweiliter-Doppelnockenwellen-Vierzylinder leistet mit Kat und Einspritzung 120 PS.

Audi 100 (C4)

Audi 100 Avant C4 Foto: Audi
Audi 100 2.8E Quattro (C4): 3.800 bis 5.200 Euro (Preis in gepflegtem Zustand, Quelle: Classic Analytics).

Audi will nach oben. Die Hauptkonkurrenten sind nicht mehr Opel und Ford, sondern BMW und Mercedes. Die vierte Generation des Audi 100 bekommt darum einen neu konstruierten V6-Motor mit 2,8 Litern Hubraum und 174 PS. Vollverzinkung und Allradantrieb Quattro gab es auch beim Vorgänger schon, die Karosserie wirkt mit engeren Spaltmaßen solider, das Interieur wertiger. Besonders reizvoll sind die S-Varianten mit 220 PS starkem Vierventil-Turbo-Fünfzylinder oder dem 4,2-Liter-V8 aus dem Audi A8. Ab und zu tauchen wenig gelaufene Vier- und Fünfzylinder aus erster Rentnerhand auf.

BMW 3er (E36)

BMW verlegt bei der dritten 3er-Generation E36 die Doppelscheinwerfer unter Glas. Der Zweitürer ist kein Einstiegsmodell mehr, sondern ein Coupé mit flacherem Dach und längerem Vorbau. In 320i und 325i arbeiten aus dem E34-5er bekannte Vierventil-Reihensechszylinder mit 150 und 192 PS. Später folgen Varianten wie Touring, Cabriolet, Compact und M3. Gut erhaltene E36 bereiten viel Fahrfreude für wenig Geld. Auf Rost, Vorderachse und Zylinderkopfdichtung achten!

Buick Park Avenue

Buick Park Avenue, Seitenansicht Foto: Frank Herzog
Buick Park Avenue: 4.700 bis 6.300 Euro (Preis in gepflegtem Zustand, Quelle: Classic Analytics).

Die zweite Generation des Oberklasse-Modells war auch in Europa erhältlich und wegen seines Komforts sowie der haltbaren Technik vor allem als Langstreckenauto geschätzt. Frühe Modelle motorisiert ein 3,8-Liter-V6 mit 173 PS mit Vierstufenautomatik. Es gab auch Kompressor-Modelle, doch die kamen nie offiziell nach Europa. Gediegene Alternative zu BMW 5er und Mercedes W124.

Chevrolet Corvette ZR1

Kaum jemand kennt die Vierventil-Corvette – und kaum jemand erkennt sie. Das acht Zentimeter breitere Heck wirkt harmonisch, außerdem bekamen es später auch Standard-C4. Unter der Haube sitzt ein Vierventil-V8, der mit vier oben liegenden Nockenwellen locker über sechsfünf dreht und je nach Baujahr bis zu 405 PS leistet. Ein Tipp für alle, denen ein Porsche 928 oder ein BMW 850 CSi zu langweilig sind.

Honda NSX

Ayrton Senna stimmte das Fahrwerk ab, Honda baute für den NSX ein eigenes Werk in Tochigi. Die Karosserie besteht aus Aluminium, der Hightech-V6-Mittelmotor leistet 280 PS. Nur 271 NSX kamen nach Deutschland. Das kann auch am Preis von 135.000 Mark gelegen haben. Heute sind rund 50.000 Euro einzuplanen, was viel scheint, aber wenig ist für einen Sportwagen diesen Kalibers. Wer einen kauft, sollte die Klimaanlage und die Bose-Soundanlage testen. Geht eins von beidem kaputt, kann ein neuer Klimakompressor oder eine neue Platine teuer werden. Zahnriemen und Wasserpumpe sollten gewechselt sein, für beides muss alle acht Jahre oder 100.000 Kilometer der Motor raus.

Lexus LS 400

Als der Mercedes-Benz W126 in sein letztes Jahr ging, brachte Toyota die neue Luxusmarke Lexus nach Europa. Dem LS 400 wurde eine optische Nähe zum Stuttgarter Flaggschiff nachgesagt, doch technisch gingen die Japaner eigene Wege: flüsterleiser Viernockenwellen-V8, kuschelweiche Aisin-Automatik und gründliche Dämmung ergaben ein komfortables und souveränes Langstreckenauto, das ähnlich problemlos funktioniert wie ein Toyota Camry.

Maserati Shamal

Wer etwas Aufregenderes wollte, konnte 1990 auch einen flammneuen Maserati Shamal kaufen. Das Coupé verfügt über den ersten Biturbo-V8 der Firmengeschichte. Das Viernockenwellen-Triebwerk holt aus 3,2 Litern Hubraum 326 PS – da setzt das Heck schon mal zum Überholen an.

Mercedes-Benz 190E 2.5-16 Evo II

Mercedes 190 E 2.5-16 Evo II, Frontansicht Foto: Hans-Dieter Seufert
Mercedes 190E 2.5-16 Evo II: 127.500 bis 172.500 Euro (Preis in gepflegtem Zustand, Quelle: Classic Analytics).

Mercedes ersetzt 1990 den 190 Vergaser durch den 190E 1.8. Die hubraumreduzierte Version des braven Vierzylinders M 102 leistet 109 PS. Am anderen Ende der Skala befindet sich das Homologationsmodell 190E 2.5-16 Evo II, das Mercedes 500-mal baut. Heute ist der geflügelte W 201 ein gesuchter Klassiker für Sammler. Den Eins-Achter gibt es gelegentlich noch für wenige tausend Euro mit geringer Laufleistung und vollgestempeltem Scheckheft aus gewissenhaftem Vorbesitz.

Mercedes-Benz 500E

Mercedes-Benz 500 E (W124) Foto: Daimler, Mercedes-Archiv
Mercedes 500E: 32.300 bis 43.700 Euro (Preis in gepflegtem Zustand, Quelle: Classic Analytics).

Kooperation made in Stuttgart: Porsche half Mercedes, Motor und Vorderachse des SL R129 in die W124-Karosserie zu konstruieren, baute ab November 1990 den 500E in Zuffenhausen zusammen. Nebellampen im Stoßfänger, ausgestellte Kotflügel und 16-Zoll-Räder verraten das Topmodell. Eine verkürzte Hinterachsübersetzung lässt den Viertürer in 6,1 Sekunden von null auf 100 km/h sprinten und bei 250 km/h ausdrehen. Genau 10.479 Stück liefen bis 1995 vom Band, die Preise stiegen zuletzt kräftig.

Toyota Landcruiser HDJ 80

Toyota LandCruiser J7, HDJ80, 1990 Foto: Hersteller
Toyota Land Cruiser (HDJ 80): 24.600 bis 33.200 Euro (Preis in gepflegtem Zustand, Quelle: Classic Analytics).

Mit zwei Starrachsen, Leiterrahmen und Getriebe-Untersetzung steigt der HDJ80 auch durch wüstes Gelände, während die Passagiere in den feineren Versionen auf Leder sitzen. Obwohl komfortabler als der rustikale HZJ 80 (Hauptunterschiede: kein Turbolader, Blattfedern statt Schraubenfedern, andere Karosserie), gilt der HDJ80 als ähnlich robust: Laufleistungen von drei- bis fünfhunderttausend gelten als problemlos machbar. Das und der kräftige Direkteinspritzer-Diesel brachten dem Land Cruiser viele Freunde ein – auch zwielichtige: In den 90er-Jahren war der HDJ 80 zeitweise Deutschlands meistgeklautes Auto.

Volvo 940

Volvo 940 Kombi Foto: Hardy Mutschler
Volvo 940 Kombi: 5.400 bis 7.400 Euro (Preis in gepflegtem Zustand, Quelle: Classic Analytics).

Noch so ein Langzeitauto: Volvo entwickelte den 700er zum 940/960 weiter, brachte ihn im Sommer 1990 auf den Markt und baute beide Modelle parallel bis 1992. Kombis und 940er behielten die Starrachse, der 960 bekam eine Multilink-Hinterachse und den stärksten Motor. Das konnte ein Vierzylinder-Turbo oder ein Reihensechszylinder sein, in manchen Märkten gab es auch 960 Turbodiesel. Langzeitauto mit riesigem Laderaum. Einzige Schwachpunkte: hängender Himmel, schwächelnde Vorderachse, unzuverlässige Tankanzeige.

VW Golf Country und GTI G60

VW Golf Country 1990 Foto: Volkswagen
Golf II Country: 12.700 bis 17.100 Euro (Preis in gepflegtem Zustand, Quelle: Classic Analytics).

Bevor wir nächstes Jahr an dieser Stelle den Golf III vorstellen, feiern wir noch einmal den Golf II. Das muss sich 1990 auch Volkswagen gedacht haben, als Country und GTI G60 Premiere hatten. Der „Förster-Golf“ war mithilfe eines Rahmens höhergelegt und mit Bügel samt Reserverad behängt worden. Kam im Gelände weiter als am Markt und darf heute als sammelnswerte Skurillität gelten. Etwa zum selben Zeitpunkt hatten VW-Entwickler die Idee mit dem G-Lader. Der funktioniert ähnlich wie ein Kompressor, nur nicht so zuverlässig. Zumindest am Anfang nicht.

VW T4

Recht schlicht sehen die ersten California aus. Foto: Ulrich Kohstall, Archiv
VW T4 California 2.5: 14.500 bis 19.600 Euro (Preis in gepflegtem Zustand, Quelle: Classic Analytics).

Nachdem der Frontantrieb beim Golf seit 1974 einigermaßen gut ankam, stellte VW 1990 den Transporter um, räumte die Reihenmotoren vorn quer ein. Anfangs hatte der Diesel 78 und der Benziner 115 PS. Ab 1996 ging es mit TDI und VR6 stürmische rund im Fall des TDI auch sparsamer voran. Wer heute einen kaufen will, sollte sich auf hohe Preise und eine gründliche Fehlersuche einstellen. Rost ist nach 30 Jahren ein bedeutender Schwachpunkt. Auch verlebte Interieurs sind nicht selten. Doch so gut wie der T4 fährt kein anderer Bus dieser Epoche.

Warum ein H-Kennzeichen?

Für alle, die gerade nicht so im Thema sind, hier ein kleiner Fakten-Überblick: Um ein H-Kennzeichen zu erhalten, muss die Erstzulassung mindestens 30 Jahre her sein und das Fahrzeug sollte sich weistestgehend im Originalzustand befinden. Also keine verbastelten Tuning-Gesellen-Stücke, sondern wenn, dann zeitgemäße Modifikationen mit Teilen aus der richtigen Epoche. Schließlich geht es hier um das Bewahren automobilen Kulturguts.

Was in den ersten zehn Lebensjahren des Autos umgebaut wurde, wird vom Prüfer zumeist durchgewunken. Warum aber sollte man sich diese zusätzliche Untersuchung überhaupt antun? Dafür gibt es mehrere Gründe, besonders in der aktuell vorherrschenden Debatte um Fahrverbote, Feinstaub und Umweltzonen. Hat ihr Wagen das H-Kennzeichen an Heck und Bug, dürfen auch Umweltzonen befahren werden, ohne dass eine Schadstoffplakette notwendig wäre. Außerdem werden die Fix-Kosten beim Finanzamt gedeckelt. 191 Euro sind es dann pauschal pro Jahr, ungeachtet der Motorgröße. Im Umkehrschluss lohnt sich die Oldtimer-Kennzeichnung also nicht für alle Autos im Mindestalter von 30 Jahren. Nämlich dann nicht, wenn sich durch Leistung und Hubraum ein geringerer Steuerbetrag ergibt. Allerdings profitiert ein Auto als Oldtimer auch in puncto Versicherung. Für Oldtimer gibt es spezielle Tarife, ja sogar spezielle Versicherungsanbieter, die Ihre Leistungen auf die Kfz-Senioren abstimmen.