GTÜ-Oldtimer-Mängelquote 2019
Mercedes 230 TE bleibt unzuverlässigster Oldtimer
Die GTÜ hat die Zuverlässigkeit von mindestens 30 Jahre alten Autos untersucht. Wie im Vorjahr wies der Mercedes-Kombi die höchste Mängelquote auf – vor einem Markenkollegen. Porsche-Oldies sind dagegen meist gut in Schuss.
11.03.2020 Thomas HarloffAlte Autos sind rollende Gefahrenquellen für sich und andere Verkehrsteilnehmer? Die Gesellschaft für Technische Überwachung (GTÜ) kann dieses Vorurteil locker entkräften. Im Gegenteil: In der Altersgruppe von 30 bis 60 Jahren ist die Zahl der Autos mit gefährlichen Mängeln mit 17,9 Prozent um 4,1 Prozent geringer als in der Gesamtstatistik inklusive der jüngsten Pkw (22,0 Prozent). „Mit dem Fahrzeugalter sinkt die Mängelzahl“, bestätigt Marco Oehler, stellvertretender Technischer Leiter bei der GTÜ. „Oldtimer-Besitzer achten offenbar auf einen guten Zustand ihres rollenden Kulturguts.“ Autos mit H-Kennzeichen seien meist sehr gepflegt und technisch sicher unterwegs.
Höchste Mängelquote beim Mercedes 230 TE
Dennoch gibt es unter den Ü30-Autos auch Mängelriesen. Der größte von ihnen ist, wie im vergangenen Jahr, der Mercedes 230 TE. Bei 152 während einer GTÜ-Hauptuntersuchung überprüften Autos fielen 293 Mängel auf – macht eine Quote von 1,93. Direkt im Windschatten folgt der Markenbruder 240 D mit einer Mängelquote von 1,92. Platz drei „sichert“ sich der VW Polo (1,91) knapp vor dem BMW 316i (1,91).
Beim Mercedes-Kombi wiesen 47 der 152 vorgeführten Autos sogar erhebliche Mängel auf. Auch diese Quote von 30,9 Prozent ist die höchste unter allen überprüften Autos. Wieder folgt ein weiteres Daimler-Modell auf dem zweiten Platz: der 260 E mit 29,9 Prozent. Auf den Positionen drei und vier platzierten sich Audi-Modelle: der 80/90 (27,3 Prozent) vor dem 100er mit 27,2 Prozent. Allerdings kamen hier neben der Haupt- auch die Untersuchungen fürs H-Kennzeichen in die Wertung.
Alltagsautos statt topgepflegter Oldtimer
Allerdings gilt es, die Ergebnisse richtig zu interpretieren. Zuerst sei erklärt, dass alle von der GTÜ geprüften Ü30-Autos in die Wertung kamen, nicht nur jene mit H-Kennzeichen. Das bedeutet: In dieser Liste taucht nicht nur topgepflegtes Garagengold auf. Sondern auch echte Arbeitstiere und Alltagsautos, die zwar älter als 30 Jahre sind, aber ihren Besitzern regelmäßig treue Dienste erweisen müssen – was ihnen nicht zwangsläufig durch jährliche Inspektionen oder Premium-Autowäschen gedankt wird. Gerade die schlecht platzierten Mercedes – vor allem das T-Modell – dürften trotz ihres hohen Alters heute noch zuhauf im Alltagseinsatz sein. Was wiederum für ihre Robustheit spricht.
In die Kategorie Oldtimer, die nur bei perfektem Wetter und ausgewählten Veranstaltungen an die frische Luft dürfen, fallen die Vertreter mit den kleinsten Mängelquoten. An der Spitze stehen zwei Elfer-Varianten: Nicht mal die Hälfte aller vorgeführten 911 Carrera wiesen bei einer GTÜ-HU Mängel auf (Quote 0,49). Nicht weit dahinter platziert sich der 911 SC mit 0,57. Es folgen zwei Mercedes-Modelle, die somit die Ehre der bereits erwähnten Markenbrüder retten: 300 SL (0,59) und 230 SL (0,76). Es ist übrigens genau dieses Quartett, dass am seltensten mit erheblichen Mängeln bei der HU oder beim Oldtimer-Gutachten auffällt. Allein diese vier Autos bleiben in dieser Hinsicht im einstelligen Prozentbereich.
23 Jahre alte Autos haben die meisten Mängel
Bei dieser GTÜ-Auswertung gilt: Unter einer Verkaufsbezeichnung summieren sich alle geprüften Autos, die vor dem Stichtag 1. Januar 1990 erstmals zugelassen wurden. Das bedeutet: Beim Mercedes 230 TE kamen sowohl die 123er- als auch die 124er-Baureihe in die Wertung. Beim VW Polo zählt sowohl die erste als auch die zweite Generation und beim BMW 316 neben dem E21 auch der E30. Und so weiter. Auffällig ist zudem: Unter den „Flop 50“ tauchen nur anderthalb Importautos auf: Der Trabant P 601 aus der DDR und der Citroën 2 CV, die Ente aus Frankreich.
Laut GTÜ-Statistik steigt die Mängelzahl im Übrigen bis zu einem Fahrzeugalter von 23 Jahren an – und sinkt danach kontinuierlich. Oldtimer ohne H-Kennzeichen weisen zudem mehr Mängel auf als solche mit dem Nummernschild für historische Autos. 44,2 Prozent dieser Autos sind mängelfrei – mit H-Kennzeichen sind es 55,1 Prozent. 29,7 Prozent haben geringe Mängel (mit H-Kennzeichen: 27,1 Prozent) und 26,1 Prozent erhebliche Mängel (17,8 Prozent). Am besten schneiden aber überraschenderweise Vorkriegs-Klassiker ab: 78 Prozent der in Deutschland zugelassenen Oldtimer der Baujahre 1920 bis 1940 waren 2019 bei der Hauptuntersuchung mängelfrei. 16,8 Prozent wiesen geringe Mängel auf, nur 5,2 Prozent hatten erhebliche Mängel.
„Neue“ Oldtimer durchaus empfehlenswert
Aber auch jene Modelle, die 1990 auf den Markt kamen und demzufolge nun erstmals das H-Kennzeichen erhalten können, „dienen durchaus als ideale Einstiegsmodelle in die Passion Oldtimer“, sagen die GTÜ-Experten. Bei Autos wie dem Audi 100 C4, BMW 3er E36, Mercedes 500 E (W 124) oder VW Golf Country „handelt es sich zumeist um technisch ausgereifte Fahrzeuge mit einfacher und damit beherrschbarer Elektronik sowie guter Ersatzteilversorgung.“
Für diese „neuen“ Oldtimer liegt bereits eine detaillierte statistische Auswertung vor. Besonders stark schneidet der Mercedes 500 E ab: Etwa 50 Prozent der vorgeführten Exemplare zeigten sich ohne Mängel, nur zehn Prozent wiesen erhebliche Mängel auf. Auch der Audi 100 und der VW Golf Country zeigen sich öfter völlig problemlos als zu unsicher für den Straßenverkehr; bei der dritten BMW 3er-Generation sind die Werte ausgeglichen. Ein anderes Bild zeigt sich beim 1990er Ford Escort, beim VW T4 und beim Volvo 940: Sie sind öfter mit großen Mängeln als mängelfrei unterwegs.