Ford Granada II (1977 bis 1985)

Solide Technik und rostanfällige Karosserie

Die Technik der zweiten Granada-Generation ist solide, die Karosserie anfällig für Rost. Dafür gibt's eine Menge Auto für's Geld.

Ford Granada II, Frontansicht Foto: Karl-Heinz Augustin 4 Bilder

Ein Kombi für Genießer. Das Topmodell mit dem Topmotor, ein Name wie ein Adelstitel. Granada Ghia Turnier. Das klingt so warm und herrlich wie Spanien und Italien zusammen, andalusische Vollblüter und ein Turiner Haute Couture-Karossier schaffen in der Phantasie eine zauberhafte Illusion. Dabei ist es nur ein Ford. Aber Ford hat nicht immer nur streberhafte Vernunftautos wie Focus und Mondeo gebaut. Und Ghia war weit mehr als nur eine bessere Stoffqualität, denken wir nur an das hoch emotionale Avantgarde-Design eines Maserati Ghibli.

Typisch Granada: Plüsch, Holz, Hubraum

Ford Granada 2.8i Ghia Turnier, Cockpit, Fahrersitz Foto: Karl-Heinz Augustin
Das Interieur-Design kombiniert Holz mit Plastik und Plüsch mit Kanten.

Ford hatte sich beim Granada mit den gekrönten Wappen an den Kotflügeln richtig gehen lassen, mit Plüsch, Holz und allerlei Servo nur so um sich geworfen. Vollausstattung serienmäßig, das war die Kölner Strategie, um das Image-Manko zu kompensieren. Die Leistung kam aus dem Hubraum, sechs Zylinder statt zwei Nockenwellen und vier Ventile, satt eingeschenkte 2,8 Liter, 150 PS lässig aus der Tiefe des Raumes geschüttelt, statt mühsam aus der Drehzahl gequetscht. Leise, souverän – der amerikanische Weg, aber mit V6-Konstellation statt V8-Power-Pack, also doch noch eine Spur Vernunft, dem Verbrauch zuliebe.

V6, so kultiviert wie ein Reihenmotor

Ford Granada II, Motor Foto: Karl-Heinz Augustin
Weil jeder Zylinder einen eigenen Hubzapfen hat, läuft der Ford-V6 so kultiviert.

Hubraum und Dreigangautomatik steigern den Grundumsatz locker auf 13 Liter, da ist die Bosch K-Jetronic nur ein wohl dosierendes Feigenblatt der Ökonomie. Der Ford-Grauguss-V6 ist thermodynamisch ungünstig. Vielleicht liegt es an der Brennraumform, andererseits läuft er dank harmonischer Zündfolge und optimalem Hubzapfenversatz so leise und geschmeidig wie ein Reihenmotor.Selbst hohe Drehzahlen über 5.000/min gehen dem V6 noch ziemlich unangestrengt von der Kurbelwelle, doch sein Wohlfühlbereich liegt so um Viertausend, da liegt auch sein höchstes Drehmoment von rund 220 Newtonmeter.

Das Fotoauto stammt aus der Schweiz. Wo sonst wird gerne alles rauf und runter bestellt, was die Preisliste hergibt? Sogar die Dachreling des Turnier-Sondermodells Chasseur krönt die füllige Figur des Fullsize-Kombis, der um ein Haar mehr Laderaum hätte als der 700er-Volvo, wenn Schräglenkerachse, Tank und Reserverad in der Höhe nicht so viel Platz beanspruchen würden.

Aufwendiges Fahrwerk, präzise Lenkung

Ford Granada 2.8i Ghia Turnier, Heckansicht Foto: Karl-Heinz Augustin
Komfort und Straßenlage sind dank der Schräglenker-Hinterachse sehr gut.

Doch der Ford ist nicht nur schiere Masse, sondern auch konstruktive Klasse. Der mit viel Feingefühl weiterentwickelte Uraltmotor zeigt bis auf den Verbrauch keine Schwächen. Das aufwendige, sauber abgestimmte Fahrwerk mit Doppelquerlenkern vorn, Schräglenkern hinten, Gasdruckdämpfern und TRX-Reifen fuhr in Sachen Komfort und Straßenlage ganz vorne mit. Der Ford mag ein wenig kaleschig aussehen, er fährt sich aber straff und lenkt sich angenehm direkt.

Der Granada ist ein Wagen für Genießer. Doch auch paar Flaschen und Kisten guten Weins reichen nicht, den Wagen in die Knie zu zwingen. An der Hinterachse gibt es zusätzliche Boge Nivomat-Stoßdämpfer. Eine simple Niveauregulierung, die man an der Tankstelle aufpumpen kann, das altmodische Manometer links unter dem Lenkrad kündet davon.

Knapp 100.000 Kilometer hat der 83er Granada Ghia auf dem Zähler, wenn der Motor kalt ist, klickern die Ventile ein wenig. Sein Besitzer will ihm demnächst eine große Inspektion und ein paar kleine Schönheitsreparaturen gönnen. Denn er weiß, ein Granada Turnier in Vollausstattung ist seltener als ein Flügeltürer.

Karosserie-Check

Der Ford Granada II ist dem arg rostanfälligen Urmodell in Sachen Blechqualität und Korrosionsschutz zwar überlegen, doch sie teilen sich die Karosseriestruktur - so blieben die typischen Schwachstellen erhalten.

Der Vorderwagen des Ford Granada rostet mangels schützender Innenkotflügel an den Stehblechen und im unteren Teil der A-Säule. Die vorderen Schwellerspitzen bilden taschenförmige Einzüge, die ebenfalls häufig durchgerostet oder schon geschweißt sind. Manchmal sind auch die vorderen Längsträger marode, die Vorderachse und Motor aufnehmen.

Die Schweller korrodieren meist an den Wagenheberaufnahmen. Radläufe und Endspitzen gehören ebenso zu den typischen Schwachstellen wie der Querträger über dem Differenzial. Oft litt das Interieur des Ford Granada unter Sonneneinstrahlung.

Technik-Check

Wegen der Grauguss-Zylinderköpfe wird für die Vierzylinder-OHC- und V6-Motoren des Ford Granada grundsätzlich Bleiersatz beim Tanken empfohlen. Ansonsten brauchen die robusten und sehr langlebigen Motoren nur regelmäßige Ölwechsel und gelegentliches Einstellen des Ventilspiels. V6-Stirnräder und OHC-Zahnriemen sollte man etwa alle 90.000 km oder besser gleich nach dem Kauf (wegen Überalterung) wechseln.

Die Schaltgetriebe des Ford Granada sind robust, dafür macht die C3-Automatik bei nachlässiger Wartung häufiger Probleme, sie schaltet dann mit Schlupf oder zu spät in die nächste Stufe. Verschleißanfällig sind die altersmürben Fahrwerksbuchsen der Vorderachse und die Endtöpfe der Auspuffanlagen.

Preise

Mk2 sind günstiger zu haben als Granda der ersten Serie. Eine 2.3 V6 Limousine vor dem Facelift notiert Classic Analytics in gutem Zustand zwischen 5.600 und 7.600 Euro. Ein später 2.8i Turnier kann bis zu 11.000 Euro kosten. Im Vergleich zu einem Mercedes-Benz 280 TE ist das immer noch günstig; der kann locker das Doppelte wert sein.

Bei Einführung 1977 (Granada 2.8i Ghia Turnier, 160 PS) :
26.775 Mark
Bei Produktionsende 1985 (Granada 2.8i Ghia Turnier, 150 PS) :
33.350 Mark

Ersatzteile

Technik-Teile gibt es für den Ford Granada auch dank des weit gefächerten Ford-Baukastens mit vielen Gleichteilen (auch Scorpio) immer noch problemlos. Ansonsten liefern Spezialisten wie Autohaus Foerster (www.ford-foerster.de ) oder Dietmar Bisseling (www.ford-oldtimer-ersatzteile.de) Restbestände von Blech- und Ausstattungsersatz, die selten geworden sind.

Schwachpunkte

  1. Kotflügel und Stehbleche
  2. A-Säule, Längsträger vorn
  3. Schweller, Wagenheberaufn.
  4. Radläufe, Endspitzen
  5. Querträger hinten über Di.
  6. Stirnräder, Nockenwellen
  7. Ölundichtigkeiten
  8. Standschäden K-Jetronic (2.8i)
  9. Zugesetzte Kühler
  10. Fahrwerksbuchsen
Ford Granada II, Igelbild, Schwachstellen

Wertungen

Alltagstauglichkeit
Ersatzteillage
Reparaturfreundlichkeit
Unterhaltskosten
Verfügbarkeit
Nachfrage

Fazit

Eine klare Linie, ein aufwendiges Fahrwerk und samtige V6-Motoren sprechen für den Ford Granada. Der Mk2 war damals eine ernsthafte Alternative zu BMW 5er E28 und Mercedes W123. Heute ist er das erst recht.