Ford Granada Mk1/Mk2

Coupé, Limousine und Turnier in der Kaufberatung

Der erste Granada wäre fast ausgestorben, hätte er nicht in letzter Minute die Weihe des archetypischen Youngtimer-Kultmobils erlangt.

Ford Granada Mk1 Zweitürer Limousine Foto: MKL 13 Bilder

Am späten Kultstatus des frühen Ford Granada war der Kinofilm „Absolute Giganten“ von 1998 nicht ganz unschuldig, und auch der legendäre Aral-Werbespot mit einem spanischroten Granada 2.8i GL S als Hauptdarsteller hat daran mitgewirkt, den Kölner Straßenkreuzer wieder salonfähig zu machen. Vorher wurde der Wagen mit dem orientalisch angehauchten Spießer-Image nur wegen seiner Geräumigkeit und Robustheit geschätzt.

Den Folgemodellen Mk2 und Mk3 ging es nicht besser. Dazu kam, dass sich ihre sachliche Form in Fan-Kreisen lange als Handicap erwies. Doch dank besserer Bleche und eines Minimums an Rostvorsorge war ihre Verfallsquote nicht ganz so groß. Auch waren die späten Typen vor allem bei Rentnern beliebt, die sie mit Hingabe pflegten.

Historie: britisch-kölsche Kooperation

Ford 17M / 20M (P7), Frontansicht Foto: Rossen Gargolov
Ford entwickelte in Köln und Dagenham einen Nachfolger für Zepyhr und 20M (Bild).

Die Ford-Entwicklungsabteilungen in Dagenham und in Köln machten sich ab 1968 gemeinsam daran, einen einheitlichen Nachfolger für die britischen Oberklassemodelle Zephyr und Zodiac sowie für die deutsche 17-M-/20-M-Modellreihe zu konzipieren. Eine hintere Einzelradaufhängung an Schräglenkern nach dem Vorbild des Zodiac sollte Fahrkomfort und Straßenlage der M-Modelle deutlich übertreffen. Vorn wurde die Wende von den Ford-typischen McPherson-Federbeinen hin zu Doppelquerlenkern vollzogen. Auf dem Genfer Salon 1972 feierte der neue große Ford, intern Typ MH genannt, als Consul und Granada Premiere.

Der Consul spielte im baugleichen Duo den Part des Einsteigermodells mit Vierzylindermotoren und simplerer Ausstattung, mit den Ausnahmen Consul 2300 L und Consul 2300/3000 GT. Der Granada galt anfangs als Luxusmodell; Standard war der 2,3-Liter-V6. Der GXL trug Vinyldach und getönte Scheiben, ab 1974 setzte der Granada Ghia mit Schiebedach und Automatik noch eins drauf. Ab 1975 hieß die Modellreihe ab dem 1,7-Liter-V4 nur noch Granada.

Karosserie-Varianten: Limousine, Coupé, Turnier

Ford Granada 2.3L Coupé (1974) Foto: Ingolf Pompe
Vom Granada I gab es vier Varianten, darunter ein cooles Fastback-Coupé.

Beim Granada 1 gab es noch vier KarosserieVarianten: den Fastback-Zweitürer mit Hüftschwung, der 1973 zum Coupé wurde, den klassischen Zweitürer mit Stufenheck, die viertürige Limousine und den fünftürigen Kombi mit dem Kölner Traditionsnamen Turnier. Das Fastback-Coupé wurde leider 1974 im Profil begradigt, anstelle des sexy Muscle-Car-Hüftschwungs kamen funktionale Entlüftungskiemen. Bei der zweiten Granada-Serie ab 1977 entfiel das Coupé, bei der dritten Modellreihe ab Herbst 1981 verzichteten die Marketingstrategen auf den Zweitürer, der zuletzt recht unharmonisch aussah und kaum verkauft wurde. Das fili- grane Turnier-Heck der Serie 1 blieb bis 1985.

Technik: Schräglenker statt Starrachse

Ford Granada II Durchsicht Foto: MKL
Moderne Technik unter kantigem Blech: Schräglenker-Hinter- und Doppelquerlenker-Vorderachse.

Die Granada-Technik war zu ihrer Zeit konservativ und fortschrittlich zugleich. Während die V4- und V6-Motoren auf den Vorgängern aus dem Ford P7 basierten und das Dreiliter-Essex-Triebwerk mit 138 PS vom Zodiac aus England kam, war die neu entwickelte Schräglenkerachse eine technisch moderne Finesse. Während Hauptkonkurrent Opel bei Rekord und Commodore weiter auf die schraubengefederte Fünflenker-Starrachse setzte, bewiesen Consul und Granada eine konstruktive Überlegenheit, die sich vor allem auf den Fahrkomfort auswirkte.

Die bestehende Schräglenkerkonstruktion des Ford Zodiac wurde völlig überarbeitet und weiter verfeinert. Nun kam nach dem offensichtlichen Vorbild des Mercedes Strich-Acht ein isolierender Hilfsrahmen zum Einsatz. Vorne wich dagegen die modernere McPherson-Konstruktion einer klassischen Doppelquerlenkerachse. „Sie ist robuster und für große, schwere Wagen besser geeignet“, schrieb Ford im ersten Prospekt von 1972. Sicherheitstechnisch war der Granada auf dem damals neuesten Stand. Definierte Knautschzonen und eine formstabile Fahrgastzelle bedeuteten einen großen Fortschritt bei der passiven Sicherheit. Als wichtigen Fortschritt gegenüber dem P7 gab es endlich eine teleskopisch verschiebbare Sicherheitslenksäule.

Motoren: kultivierte V6 mit Hubzapfen-Trick

Ford Granada Mk2 Ghia Turnier Foto: K.-H. Augustin
Die V6 laufen samtig und ziehen kräftig.

Die sämtlich gusseiserne Motorenpalette von Consul und Granada ist mit 17 verschiedenen Triebwerken in drei Modellgenerationen sehr verzweigt, die Angebotspolitik bisweilen inkonsequent. So verschwand der einzige Reihenmotor, der 1972 im Consul eingeführte OHC-Zahnriemen-Vierzylinder aus dem amerikanischen Ford Pinto, bereits 1975 zugunsten des 2.0 V6 wieder aus dem Programm. Fünf Jahre später tauchte er als „sportliche Alternative zum betont kultivierten Zweiliter-V6“ im Granada 2 wieder auf.

Dann erschienen plötzlich die artfremden Peugeot-Dieselmotoren im Programm und den Pinto-Motor gab es ein Jahr lang sogar als mageren 1600er mit 75 PS. Lange Zeit prägten jedoch die konstruktiv verwandten Kölner V4- und V6-Motoren das Angebot. Es sind robuste, stirnradgetriebene Arbeitstiere ohne besondere konstruktive Finessen. Die Nockenwelle liegt zentral im 60-Grad-V, lange Stößelstangen betätigen über Kipphebel die Ventile. Jedes Pleuel greift an einem separaten Hubzapfen an.

Es sind daher „unechte“ V4- und V6-Motoren mit versetzten Zylinderbänken, die zusammengeklappt einen Reihenmotor ergäben. Aus dieser Tatsache bezieht der V6 seine außergewöhnlich hohe Laufkultur bis in hohe Drehzahlbereiche. Die spezifische Leistung beträgt nur 44 bis 57 PS pro Liter. Ungünstig ist die Gestaltung der Ein- und Auslasskanäle, die Verbrauch und Leistung negativ beeinflusst. Bei den Sechszylindern münden noch in den Zylinderköpfen jeweils drei Kanäle in zwei. Beim 2.8i im Granada 2 mit 160 PS wurden Ventile und Kanäle vergrößert, ab 1981 wurden wieder 150 PS angegeben, ohne dass am Motor selbst etwas verändert worden war. Im Capri 2.8 Injection leistet die intern PR genannte Variante 160 PS. Auch das wieder ein seltsamer Widerspruch in der Ford-Modellpolitik. Der Dreiliter-Essex-V6 im Consul GT und im Granada 1 stammt aus England. Bei ihm befinden sich die Brennräume in den Kolbenböden, außerdem wartet er durchweg mit Zollmaßen auf.

Fahren: Platz, Komfort, Kraft

Ford Granada Mk2 Limousine Foto: Ingolf Pompe
Alle drei Granada-Generationen eint der gute Fahrkomfort.

Das gemütliche Granada-Fahrgefühl aller drei Generationen wird vom komfortablen Fahrwerk, von der angenehmen Sitzposition und vom geräumigen Innenraum geprägt. Auch die Solidität des Aufbaus spürt man am satten Türenklang. Der große Ford ist keineswegs ein Leichtbau-Auto, entsprechend gediegen liegt er auf der Straße. Der jeweilige Motor bestimmt den Grad der Fahrfreude, die nicht unbedingt leistungsabhängig ist.

Die V4-Motoren suggerieren schon über ihren eigenwilligen, brutzeligen Klang ihre demonstrative Andersartigkeit. Sie wirken jedoch angestrengt, und ihr Temperament ist bescheiden. Die Peugeot-Diesel passen nicht zum gepflegten Komfort-Charakter des Wagens. Der Zweiliter-OHC bedeutet das Existenzminimum im Granada. Die Sechszylinder sind neben ihrer sprichwörtlichen Kultiviertheit auch durchzugskräftig und leistungsstark. Hier gilt das Prinzip: Je mehr Leistung, desto souveräner die Kraftentfaltung. Der Verbrauch von etwa zwölf Litern steigt selbst beim 2.8i kaum an, weil er niedertourig im Teillastbereich arbeitet.

Karosserie-Check

Trotz deutlich verbessertem Korrosionsschutz im Vergleich zur ersten Serie ist der Rost
immer noch der Hauptfeind des Ford Granada. Erst ab Baujahr 1982 kann eine gewisse
Entwarnung gegeben werden, doch schlagen die Schwachstellen immer wieder durch. Während die Bodengruppe generell erfreulich rostresistent ist, gelten Vorderwagen und hintere Radläufe als anfällig. Auch bei gepflegten Wagen finden sich mitunter
Durchrostungen an den Schraubkanten der Kotflügel, im Bereich der A-Säule und an den Übergängen der Schweller zu den hinteren Radhäusern.

Gut 16 Jahre nach Auslauf haben jedoch zu einer starken Auslese geführt, es sind beinahe nur noch Autos in gepflegtem Originalzustand im Angebot. Ein delikater, oft übersehener Rostherd ist jedoch der Differenzialquerträger. Er ist am besten vom Kofferraum aus bei entfernter Auskleidung zu begutachten. Eine große, mittige Schraube verrät seinen Sitz. Der Träger sollte nicht geschweißt sein.

Technik-Check

Die Technik des Ford Granada ist robust und beherrschbar. Motor und Antrieb sind großzügig dimensioniert und solide konzipiert. Ärger gibt es im Detail, vor allem Ölverlust macht dem Granada zu schaffen. Die V6-Motoren tröpfeln gern an der Benzinpumpe, an den Ventildeckeldichtungen und an der Stirnraddeckeldichtung. Defekte Wellendichtringe zum Getriebe und am Getriebehals zur Kardanwelle lassen Öl austreten.

Bei den OHC-Vierzylindern zählt der Zahnriemen zur Schwachstelle, bei den V6-Motoren sollte man bei spätestens 90.000 Kilometern die bruchanfälligen Novotex-Stirnräder wechseln. Die kerngesunden Sechszylinder übertreffen die Vierzylinder noch an Laufleistung, sie sind bei regelmäßiger Wartung für 300.000 Kilometer gut, mit Ausnahme des thermisch labileren 160-PS-Einspritzmotors. Die C3-Dreigang-Automatikgetriebe haben im Alter ihre Tücken. Verzögerter Kraftschluss nach Einlegen einer Fahrstufe und spätes Hochschalten vor allem bei kaltem Getriebeöl deuten auf eine defekte Unterdrucksteuerung hin. Die Schaltgetriebe halten ewig.

Preise

Die Granada-Preise entwickelten sich erfreulich, vor allem bei der Serie 1. Üppig ausgestattete V6-Modelle im vorzeigbaren Zustand kosten bis zu 12.000 Euro. Autos der Serie 2 und 3 kosten nur etwa die Hälfte und können noch als Geheimtipp gelten. Mager ausstaffierte OHC-Vierzylindermodelle sind wenig gefragt, es gibt sie schon ab 3000 Euro. Diesel und V4 kommen im Angebot kaum vor.

Bei Einführung 1977 (Ford Granada II ) :
26.075 Mark
Bei Produktionsende 1985 (Ford Granada II ) :
32.650 Mark

Ersatzteile

Ford-Autos der 70er- und 80er-Jahre haben respektabel an Wert zugelegt. Deshalb lohnen sich größere Reparaturen und sogar eine Teilrestaurierung. Ob Capri, Taunus oder Granada, der Technikbaukasten von Ford macht die Versorgung leichter. Die läuft jedoch nur noch über eine Handvoll Spezialisten wie Motomobil, Foerster oder Tilo Rögelein. Dafür müssen sie nur bei seltenen Ausstattungsteilen passen. Blechkotflügel für den Granada 1 gibt es nur noch gebraucht.

Schwachpunkte

Ford Granada

Wertungen

Alltagstauglichkeit
Ersatzteillage
Reparaturfreundlichkeit
Unterhaltskosten
Verfügbarkeit
Nachfrage

Fazit

Das barocke und sehr seltene Einser-Modell ist inzwischen als Klassiker voll anerkannt. Die Hitliste der beliebtesten Modelle führen das GXL-Hüftschwung-Coupé und die Ghia-Limousine als 3000 V6 oder 2.8i an. Automatik wird höher bewertet als Schaltgetriebe. Granada 2 und 3 nehmen sich in der Wertschätzung nicht viel. Puristen mögen den Zweier lieber. Das Fahrgefühl hängt viel mehr vom Motor ab als von der Baureihe. Ein V6 sollte es schon sein.