Ford Capri 2300 GT, Taunus 2.0 GXL, Escort RS 2000
Ford-Sportskanonen der 70er
Mit viel zuverlässiger Leistung köderte Ford vor gut 40 Jahren seine Kunden. Die konnten zwischen dem scharfen Escort RS 2000, dem sanften Taunus TC Coupé oder dem Capri wählen. Wiedersehen mit den drei sehr unterschiedlichen Power-Ford.
03.02.2015 Michael HarnischfegerIn den frühen 1970er-Jahren fanden alle, die gern etwas mehr Leistung als nötig für etwas weniger Geld als bei BMW oder Alfa üblich einkaufen wollten, den passenden Ford. So fuhren gGut verdienende Facharbeiter, Gesellen oder Angestellte Ford, träumten vielleicht parallel von einem Auto mit klangvollerem Namen und mehr Prestige. Doch zuerst musste ein Häuschen finanziert werden, der Nachwuchs eigenes Geld verdienen oder die Frage geklärt sein, ob nicht erst ein Farbfernseher ins Haus kommt. Bis dahin also: Ford.
Ford beduetet "viel Auto fürs Geld"
So stand man dann in Sandalen und Feinrippunterhemd am Samstag auf der Straße vor der Doppelhaushälfte oder dem Mehrfamilienhaus. Polierte den Chrom, wusch den Lack mit Wasser aus dem Eimer und rauchte in den Pausen, vergnügt schwatzend mit den Nachbarn, ein Zigarettchen. Ein oder zwei Fläschchen Bier waren wohl auch öfter im Spiel, denn großartig wegfahren wollte man an diesem sonnigen Tag nicht mehr. Die Autoradios meldeten aufgeregt die aktuellen Tore der Bundesliga, und um Viertel vor sechs gab's dann im ersten Programm die Sportschau mit dem stets klappgescheitelten Ernst Huberty.
Aus der Rückschau wirkt diese Zeit idyllisch. Und ihre Autos, wie die hier versammelten drei Ford der 1970er-Jahre mit höchst unterschiedlichen Charakteren, wirken unschuldig, vielleicht eher unbedarft in ihrer technischen Einfachheit und dem Bemühen, aus bescheidenen Anlagen das Bestmögliche zu machen. Viel Auto fürs Geld, so hieß es zum Thema Ford an den Stammtischen, wo neben dem Bier ganz selbstverständlich der Aschenbecher stand. Von technischer Brillanz war nicht die Rede. Wozu auch?
Viel Hubraum, so exerzierte es die Mutter in Amerika ja vor, macht gelassen und haltbar. Also krönte auch Ford in England und Deutschland die meisten Baureihen mit mindestens zwei Liter großen Sechszylindern. Dass die nicht unbedingt Knauserverbräuche ermöglichen, scherte damals kaum jemanden. Sprit war ja billig. Und dass 1973 die lähmende Ölkrise kommen würde, wer konnte das ahnen?
Ford Taunus ist der gelassene Cruiser
So kaufte dann manch einer 1970 seinen Ford Taunus mit dem vorstehenden Mittelteil im dick verchromten Kühlergrill aus dem Bauch heraus. Er gönnte sich was, verschmähte die verlockend billigen Reihenvierzylinder vom 1,3-Liter mit 55 bis zum 1,6-Liter mit bis zu 88 PS und wählte den Zweiliter-V6. Mit seinen 90 PS ist der zwar kaum stärker als der 1,6-Liter, doch sechs Zylinder sind ja ein Wert an sich und zudem imagefördernd. Ein Muster an Laufkultur waren die längs eingebauten Vierzylinder ohnehin nicht, obwohl sie mit obenliegender Nockenwelle und Querstromkopf moderne Konstruktionen waren.
Dass der Ford Taunus, der seine Kühler-Nase angeblich auf Wunsch des damaligen (und beim Marktstart schon wieder gefeuerten) Ford-Motor-Company-Präsidenten Semon Emil ("Bunkie") Knudsen trug, eben Taunus hieß, war längst nicht selbstverständlich. 1967 war dieser traditionsreiche Name beim P6 gestrichen worden, 1970 tauchte er nach zähem internem Ringen wieder auf: Der neue Taunus, von Kennern wegen seiner technischen Nähe zum ebenfalls mehrheitlich in England konstruierten Cortina auch "TC" genannt, kam in den Handel.
Ford Taunus als Coupé. Limousine und Turnier
Zwei- und viertürige Limousine, Turnier und Coupé: Ford bietet seinen Kunden beim Taunus Vielfalt und tut dies auch bei der Ausstattung: Vom kärglich eingerichteten L über XL, die sportlich angehauchte GT-Reihe bis zum Rundum-wohlfühl-Level GXL reicht das Angebot. Mit dem Zweiliter-V6 unter der Haube ist so ein Ford Taunus GXL 1970 das Topmodell und versprüht gerade als Coupé mit dem sanft abfallenden Heck den Duft eines Lustkaufs, bei dem Alltagsnützlichkeit nicht allererste Priorität hatte.
Das weiße Ford Taunus Coupé von Ford-Mitarbeiter Peter Kesseler, der den Top-Knudsen seit 2005 besitzt, steht in sich ruhend da, wirkt ein wenig bulliger als normal. "Ich habe 205/60er-Reifen auf 5,5 Zoll breiten 13-Zoll-Rädern montiert", erklärt Kesseler. Das tue dem Fahrverhalten ebenso gut wie die Umstellung auf Gasdruckstoßdämpfer, die allerdings zulasten des ohnehin schütteren Abrollkomforts gehen. Der Innenraum mit braunem Velours über den bequemen Sitzen ist dagegen original geblieben - bis auf das Sportlenkrad aus dem RS-Programm. In tiefen Höhlen kauern drei Rundinstrumente inklusive Drehzahlmesser, der für die einfacheren Versionen nicht vorgesehen war.
Ein wenig Holzdekor zieht sich als flacher Streifen einmal quer übers Cockpit und reicht bis in die Türen, in deren Innenverkleidungen an Scharnieren hängende Griffe an die Zeit der Pferdedroschken erinnern. Schmale Luftausströmer, über Drehwalzen zu dosieren, kauern unter der Windschutzscheibe, und in der zum Fahrer geneigten Mittelkonsole des Ford Taunus finden sich gleich vier Rundinstrumente: Tankinhalt, Batteriespannung, Wassertemperatur, Öldruck.
Der Zweiliter-V6 ist kaum zu hören
Der kleine Sechszylinder springt nuschelnd an, verfällt augenblicklich in einen ruhigen, kaum hörbaren Leerlauf. Ja, das ist es, weswegen man einen Sechszylinder kauft. Der dünne Schalthebel flutscht willig, aber nicht auf ultrakurzen Wegen in den ersten Gang, die Kupplung des Ford Taunus greift sanft, ohne Mühe, und leise rauschend zieht der kurzhubige Sechsender die Fuhre vom Hof.
Allein der feine Sound aus dem dünnen Auspuff mag damals für Neid gesorgt haben, denn der Ford Taunus klingt lässig, souverän. Und so fährt er sich auch. Große Tempo-Ambitionen zeigt er nicht, er kommt aber, willig am Gas hängend, aus der Tiefe des Hubraums. 100 km/h sind im vierten Gang gut 2.500 Umdrehungen, Wind und Reifen pfeifen das Lied der Straße nur leise.
Taunus-Fahrwerk kann wenig glänzen
Doch trotz Einzelradaufhängung an doppelten Querlenkern vorn und einer aufwendig geführten Starrachse hinten gibt sich der Ford Taunus sperrig. Unebenes Geläuf nimmt er stößig und unentschlossen geradeaus laufend, dazu leicht versetzend zur Kenntnis. Kurven begrüßt er nicht freudig erregt, sondern schon sehr früh bremsend über die Vorderräder schiebend.
Das Dynamische überlßsst dieser Ford Taunus TC, der in auto motor und sport keine sonderlich positiven Kritiken erntete und vom ADAC sogar mit der Silbernen Zitrone ausgezeichnet wurde, gern anderen. Dieser Ford ist, gerade als Coupé, das zumindest vorn mit gutem Raumgefühl gesegnete Genießerauto für laue Sommerabende. Über Land streifen, dem sanften Bariton des Motors bei geöffnetem Fenster lauschen, eine Hand auf dem Lenkrad und mit der anderen in bester US-Manier das Dach festhalten. Motorbremsend auf die Kurve zu, vielleicht noch mit Zwischengas zurückschalten, dann mit melodischem Grummeln und spürbarem Zug wieder raus auf die Gerade. So schenkt dieser Taunus der ersten Generation, die schon 1973 mit besserem Fahrwerk, hochwertigerem Interieur und modifiziertem Grill überarbeitet wurde, am meisten Fahrvergnügen.
Ford Capri - überall eine gute Figur
Diese Kluft zwischen Coupé-Form inklusive den dadurch geweckten Sportler-Erwartungen und der sedierenden Fahrdynamik lässt den Taunus TC unausgeglichen wirken, macht ihn unausgewogen. Dabei wusste Ford ja, wie man Fahrwerke baut, ohne allzu tief in die Kiste mit den teuren technischen Lösungen zu greifen.
Konstruktiv eng mit dem Escort Mk1 verwandt und daher mit einer eher simplen Starrachse versehen, zeigt der 1969 präsentierte Capri Kurvenfreude in viel höherem Maße. Die Lenkung arbeitet feinfühliger und auch direkter, ohne deshalb großartige Muskelpakete zu verlangen. Es passt einfach sehr viel in diesem zierlichen Auto, das serienmäßig auf schmalen 165er-Reifen steht. Die geführigen Sitze des Ford Capri sind tief montiert, das Lenkrad fordert ein wenig den lang gestreckten Arm, der Schalthebel liegt gut zur Hand. Kippschalter, die klicken wie für die Ewigkeit gemacht, sitzen zwischen Drehzahlmesser und Radioschacht, die Hauptinstumente rahmen vier kleine Uhren für zusätzliche Informationen ein.
Der 2,3-Liter-V6 glänzt mit Kraft in jeder Lebenslage
Holzdekor ist natürlich auch an Bord dieses Ford Capri GT, der trotz einiger Designer-Spielereien wie den Lufteinlässen vor den hinteren Radhäusern sehr klar und ungekünstelt wirkt. "Den haben wir von Grund auf restauriert. Zweite Hand, nur 65.000 Kilometer gelaufen", sagt Siegfried Zimmer aus Wegberg-Rickelrath nahe Mönchengladbach, wo er im Oldtimerhof Zimmer mit Autos und Motorrädern handelt. Entsprechend gut ist der Zustand des Goldstücks, das mit jenem 2,3 Liter-V6 ausgerüstet ist, der im Einführungsjahr die Top-Motorisierung darstellte und eine Spitze von fast 180 km/h möglich machte. Zum Herbst hin kam dann sogar ein 2,6-Liter mit 125 PS, ehe der kultisch verehrte RS 2600 mit Kugelfischer-Einspritzung und 150 PS die Baureihe krönte.
Mehr noch als im Taunus ist das Fahrerlebnis im Ford Capri geprägt vom Eindruck, stets genügend Kraft unterm rechten Fuß zu haben. Animiert durch die sportliche Sitzposition, die kurzen Schaltwege und das durch flachere Seitenscheiben sportwagenmäßigere Raumgefühl, wird das Tempo automatisch flotter, darf der laufruhige V6 gern auch höher drehen und ein wenig anreißen. So baut man Sportwagen für kleines Geld, die mit zwei gar nicht mal so unzumutbaren Notsitzen in der zweiten Reihe auch für die junge Familie taugen. Unter 10.000 Mark kostete so ein 2,3-Liter-Capri damals und passte damit gut ins Beuteschema junger Rennsport-Fans, die gern vorm Eiscafé posen, aber auch auf der Nordschleife eine gute Figur machen wollen.
Ford Escort - knurriger Terrier
Aufs Stichwort Nordschleife meldet sich mit knurrigem Pröttern aus dem dünnen Auspuff der Ford Escort RS 2000. Helmut Stein, Medienberater, Kunstgalerist und Hobbyrennfahrer, hat sein weißes Schätzchen mit den breiten blauen Streifen eigens für den Fototermin aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Zu wenig Zeit, zu viele Autos. Nun grinst er mit Blick auf den kleinen Ford, der durch negativen Sturz x-beinig neben Taunus und Capri steht, und sagt: "Mensch, ich fahre den viel zu selten. Wie der klingt, wie der um die Kurven geht. Großartig!"
Das fanden die Fans der zweitürigen Limousine, die 1968 bürgerlich brav als Käfer-Konkurrent mit 34 bis 64 PS gestartet war, auch. Denn das einfache, äußerlich trotz des Hüftschwungs über den Hinterrädern biedere Auto trug zwei Seelen in seiner Brust: Den Alltag meisterte der Ford Escort unauffällig, doch schon früh, vor allem auf der britischen Insel, tauchten leistungsstarke Versionen mit Doppelnockenwellen-Motoren auf, die im Renn- und Rallye-Sport für Furore sorgten.
Heiße Escort RS in der Rennsportmeisterschaft
Heißgemachte Ford Escort RS waren es dann auch, die 1972 in der kleinen Klasse der Deutschen Rennsportmeisterschaft die BMW 2002 bügelten und den Boden bereiteten für den RS 2000. Dessen Verkauf begann in Deutschland 1973 - nur ein Jahr vor Erscheinen des eckigen Escort II -, anfangs über nur 79 ausgewählte RS-Händler.
Der bissig am Gas hängenden Zweiliter-OHC-Motor, der nur durch Einsatz einer neuen Ölwanne und neuen Getriebeglocke in den Motorraum passte, war nicht der einzige Unterschied zu den braveren Escort: Getriebe, Hinterachse und Bremsanlage vom englischen Ford Cortina, Verstärkungen an Bodengruppe und Längsträgern sowie ein strafferes Fahrwerk samt Tieferlegung korrigierten das an sich zahme Wesen des Escort in Richtung Werwolf.
Größter Spaß im kleinsten Ford
Perfekt eingepasst in die Sitzschalen aus dem RS-Tuningprogramm, spürt man schon vor der ersten Kurve, dass dieser Terrier nicht nur spielen will. Wonnevoll atmet er durch den offenen Nassluftfilter ein, spannt die Muskeln mit jenem metallischen Unterton, der so herrlich nach Rennsport klingt. Das kleine Lenkrad fordert Schmalz in den Armen und belohnt dafür mit zackigem Einlenken. Das Handling? Eindeutig, berechenbar, driftwillig. Schaltung? Die zu Recht viel gelobte Joystick-Hebelei des Mazda MX-5 ist nicht besser. Der Motordes Ford Escort RS 2000 beißt nun zu, sägt sich dem Drehzahllimit entgegen, sprotzelt seufzend im Schubbetrieb. Federung? Ja. Die Straße ist stets fühlbar. Sehr fühlbar.
Größter Spaß also im kleinsten Ford, der nicht Langstrecke und nicht Komfort können will. Am schnellsten gewaschen ist er auch, klein wie er ist. Perfekt, oder?