Ford A Racer
Eigenbau eines Vorkriegsrenners
Es gibt einige Möglichkeiten, zu einem Vorkriegsrennwagen zu kommen – viel Geld ausgeben etwa. Oder einfach selbst einen bauen, so wie Thomas Bauch.
22.01.2016 Heinrich LingnerDer erste Gang ist links unten, sagt Thomas, und fügt hinzu, dass die Bremsen, nun ja, nicht so heftig verzögern. Okay, Kupplung treten, Zündung an, Startknopf drücken. Der Vierzylinder wummert los, die Kurbelwelle rotiert sich in Schwung, krach, der Erste ist drin, Gas, Kupplung los.
Wir fahren, oder besser: hoppeln die ersten Meter mit dem 3,3-Liter. Die Kupplung packt zu – oder eben nicht. Schleifendes Anfahren unmöglich. Der erste Gang ist bald am Ende, Nenndrehzahl 2.200 Umdrehungen. Also wieder Kupplung, Gang raus, einkuppeln, warten, Zweiten mit Schwung rein, klonk. Das war ja schon ganz gut, und mehr als den zweiten Gang benötigen wir erst mal nicht. Die Straße führt steil bergauf, hinter uns die Altmühl, es geht vorbei an der Burg Kipfenberg, nach einem leichten Links-rechts-S schnurgerade nach Südosten.
Ford A Racer mit bis zu 120 km/h
Die Bremsen brauchen wir erst mal nicht, und das ist ganz gut so. Denn als Ford-A-Novize bist du schon ausreichend damit beschäftigt, den Wagen einigermaßen gerade zu halten. Ein kleiner Dank hier an die Römer, die Straße von Kipfenberg nach Gelbelsee folgt der antiken Straße entlang des Limes, und weil sie damals für die zu Fuß marschierenden Soldaten keine Kurven benötigten, bauten sie die Straßen geradeaus mit geometrischen Winkeln bei notwendigen Richtungswechseln. Doch das wollte ich gar nicht erzählen, es geht ja um den Ford.
Der verlangt inzwischen nach der dritten Welle. Dieser Gangwechsel geht bereit etwas geschmeidiger. Der Herbstwind pfeift über die Brooklands-Scheibe, und so langsam glaube ich Thomas, dass sein Ford rund 120 km/h schnell werden kann. Ausprobieren? Eher nicht. Besitzer Thomas Bauch wartet derweil auf einer Bank, dieses Auto ist sein Baby. Wenn er nicht gerade mit dem Ford oder einem seiner Motorräder durchs Altmühltal oder die angrenzenden Wälder unterwegs ist, schraubt Thomas in der Audi-Traditionsabteilung an den Oldtimern der hauseigenen Sammlung.
Der Ford A diente als Basis für den Racer
„Da kam ich auf die Idee mit dem Ford“, erzählt er vor unserer Ausfahrt. „Beim Arbeiten an unseren Auto-Union-Silberpfeilen dachte ich irgendwann, dass ich auch gern so einen Vorkriegsrenner hätte.“ Kaufen kam nicht infrage, so gut wie jedes einigermaßen sportliche Fahrzeug aus der Epoche vor 1945 kostet inzwischen sechsstellige Euro-Summen. „Also dachte ich, baust du dir einfach selbst einen.“ Klingt verrückt, ist es aber nicht. Thomas Bauch ist nicht nur Audi-Mechaniker, sondern im Umgang mit alten Fahrzeugen bestens geübt. Seine Motorradsammlung besteht zum großen Teil aus Vorkriegsgerät, wobei damit in diesem Fall tatsächlich der Erste Weltkrieg gemeint ist. Doch auch das ist eine andere Geschichte.
„Der Ford A ist die ideale Basis für so ein Auto“, erläutert Thomas. Schließlich wurden die A-Fahrgestelle bereits in den 30er-Jahren zu Rennwagen umgebaut, zum anderen sind alle Teile sowie Originalautos zu vertretbaren Preisen verfügbar. Und von den rund 4,5 Millionen gebauten Ford A soll nach Schätzungen noch mindestens eine Viertelmillion existieren.
Auf die Autobahn? Lieber nicht
Inzwischen ist der Ford beim Limesknick angekommen, Gas weg, Gang raus, Zwischengas, rumms, der Zweite ist wieder drin. Geht doch. Mit etwas Gewöhnung kann man den über 85 Jahre alten Model A ziemlich exakt auf Kurs halten. Dennoch gut, dass es hier so gut wie keinen Verkehr gibt. Weiter geht's geradeaus bis zu dem Örtchen Gelbelsee, dahinter rauscht die A 9. Umdrehen also.
Selbst das gelingt gut, der Rückwärtsgang ist links oben, das Auto extrem übersichtlich und der Lenkeinschlag durchaus alltagstauglich. Das findet auch Thomas, der nicht nur diesen Ford A besitzt. In seiner Dreifachgarage stehen zwei weitere: eine Tudor-Limousine sowie ein 1929er Pickup. Der sieht aus wie eine Filmrequisite der Waltons, nur das Virginia-Nummernschild fehlt zur perfekten Illusion. Thomas fährt damit manchmal zur Arbeit zum nahe gelegenen Audi-Werksgelände oder im Sommer zum Baden an den Baggersee – so zuverlässig und problemlos wie ein Audi A3, sagt er. Doch zurück zum A-Racer. Für 3.000 Euro erwarb er vor drei Jahren ein Model-A-Chassis, es stand in Nürnberg, also kaum eine Trailerstunde entfernt.
Motor, Getriebe und Achsen gibt es für vergleichsweise kleines Geld bei einigen spezialisierten Zulieferern in den USA und Europa. „Alles andere habe ich selbst gemacht“, sagt er. Einfach so, als sei es das Selbstverständlichste der Welt, in einer Garage ein paar Kilometer nördlich von Ingolstadt aus knapp 19 Quadratmetern 0,8er-Tiefziehblech eine formschöne Racer-Karosserie zu biegen.
Motor original, Karosserie selbst gehämmert
„Das Design ist von mir“, berichtet er weiter, und erzählt, dass er sich von zeitgenössischen Fotos inspirieren ließ und auch andere neuzeitliche A-Umbauten anschaute. Dann baute er sich die entsprechenden Formen aus Holz und hämmerte das Blech darüber. Und erwähnt nebenbei, dass es doch nicht so einfach sei, das Material in die passende Form und Flucht zu bringen. Hat dennoch ganz gut geklappt. Denn selbst, wenn man genauer hinschaut, ist Thomas' Eigenbaukarosserie sehr sorgfältig verarbeitet, Fugen und Linien passen, nichts wirkt improvisiert oder gebastelt. Die Spitzheckform habe er gewählt, weil sie ihm einfach gefiel, die meisten A-Umbauten haben einfachere Karosserien.
Der Motor ist weitgehend original, er atmet allerdings etwas freier, kann also sein, dass er das eine oder andere PS mehr hat als die serienmäßigen 39. Jedenfalls geht er ganz ordentlich vorwärts auf der Rückfahrt, bergab zurück ins Tal. Ja, die Bremsen bremsen, doch modernen Stadtverkehr muss man sich damit nicht unbedingt antun.
Vorausschauendes Fahren ist also angesagt, das bedeutet bei diesem Auto schon Gas wegnehmen und rechtzeitig vor Kurve oder Hindernis beim Bremsen versuchen, die nächst niedrigere Zahnradpaarung des Schieberadgetriebes einzulegen. Thomas schaut eher interessiert als erleichtert auf, als der Ford vor ihm anhält: „Und, wie war es?“ interessant, doch etwas gewöhnungsbedürftig, antworte ich, und schäle mich aus dem Cockpit, das eigentlich für viel Kleinere passend ist. Das war früher so, meint Thomas, die Grundmaße von Chassis und Sitzplätzen stimmen mit dem Original überein.
Knapp 900 Arbeitsstunden stecken in dem Renner
Was denn der TÜV zu so etwas sagt, ist die nächste Frage. Früher, zu den guten alten Zeiten, hätten die Graukittel in den quasi-amtlichen Prüfstellen vermutlich eher den Fahrzeugbrief aufgegessen, als ihn amtlich zu bestempeln und auszuhändigen. Kein Problem, sagt der Erbauer, der TÜV Süd habe sich sehr kooperativ gezeigt, den Umbau des Limousinenchassis zum Racer habe er im Vorfeld mit den zuständigen Herren besprochen, schließlich seien die wesentlichen Bauteile original und der Umbau zeitgenössisch.
So um die 900 Arbeitsstunden hat er in den Ford investiert, rechnet Thomas nach, einschließlich Lackierung per Pinsel und Aufbringen der Werbe-Aufschriften, auch die den Originalen nachempfunden. Den Lack und das Leder hat er künstlich patiniert, gesteht er, und drückt sich ein wenig um die Frage, wie viel der Ford nun insgesamt gekostet habe. Rund 15.000 Euro Materialkosten werden es schon sein, denkt Thomas laut. Der Motor kommt wieder in Schwung, erster Gang, klack, und schon brummt er davon.