Coupé Fiat (1994-2000)
Was für das Fiat Coupé spricht und was es kostet
Im November 1993 präsentierte Fiat ein markant gestyltes sportliches Fahrzeug, das den Namen Coupé Fiat erhielt. Gebaut wurde der Wagen von Anfang 1994 bis Ende 2000. Mittlerweile ist daraus ein Liebhaberfahrzeug geworden, dessen Reparatur so manche Werkstatt überfordert.
08.01.2020 Dirk Johae, Bernd WoytalDas Coupé Fiat ist ein Fronttriebler und wurde mit verschiedenen Motoren gebaut, bei denen es sich immer um Vierventiler handelt. In dieser Folge der Service-Station haben wir den Schwerpunkt auf die noch besonders häufig anzutreffenden Versionen mit dem 1,8-Liter-Vierzylindermotor und die stärkste Ausführung gelegt, den fünfzylindrigen 2.0 20V Turbo.
Die Saugmotorversionen mit fünf Zylindern sind selten geworden, und die Zweiliter-Vierzylindermotoren 2.0 16V und 2.0 16V Turbo enden oft als willkommene Teilespender für den preislich deutlich höher angesiedelten Lancia Delta Integrale. Die in der Service-Tabelle auf der nächsten Doppelseite gelisteten Arbeiten sind aber zumindest teilweise wie die Arbeiten am Fahrwerk auf alle Modelle übertragbar, und teurer als beim in der Tabelle berücksichtigten Spitzenmodell 2.0 20V Turbo wird es kaum.
Grundsätzlich muss der Besitzer eines Coupé Fiat, der selbst nicht schrauben kann, eine kompetente Werkstatt finden. Das ist nicht leicht. Zum einen fehlt in offiziellen Fiat-Werkstätten oft das entsprechende Personal, zum anderen machen Engpässe bei der Teileversorgung den Monteuren das Leben schwer und erfordern Improvisationstalent.
Wichtig: regelmäßiger Zahnriementausch
Werfen wir zunächst einen Blick auf regelmäßig anfallende Wartungsarbeiten. Das Einstellen der Ventile entfällt dank Hydrostößel (außer bei 2.0 16V), es gibt keine Unterbrecherkontakte für die Zündung, die ersetzt werden müssten. Der Ölwechsel, das Erneuern der Zündkerzen oder des Luftfilters bereiten keine Probleme, eher mal das Ersetzen des Zahnriemens für den Antrieb der beiden Nockenwellen, was sicherheitshalber etwa alle fünf Jahre gemacht werden sollte.
Beim 1,8-Liter-Motor, der auch die Fiat Barchetta antreibt, ist das nicht schwierig. „Bei den Fünfzylinder-Versionen müsste laut Werk dafür der Motor ausgebaut werden, wofür allein schon fast 14 Stunden vorgegeben sind“, sagt Coupé-Fiat-Experte Achim Baasner aus Minden – im Motorraum geht es leider sehr eng zu. Doch findige Schrauber wie er schaffen den Zahnriemenwechsel, ohne die Maschine auszubauen. Das bringt weitere Vorteile, „denn es müssen keine Leitungen der Klimaanlage oder Hydraulik gelöst werden“, betont Baasner. Die sollten nämlich wenn möglich heil bleiben.
Schläuche kaum mehr zu bekommen
„Ölkühler-, Servoleitungen und diverse Schläuche sind für die 20V Turbo selbst gebraucht in intaktem Zustand kaum mehr zu bekommen“, weiß Ersatzteilspezialist Oliver Hoffmann aus Crailsheim. Leider fangen die Ölkühlerleitungen mit der Zeit an zu rosten. Hat man das Glück, Ersatz zu finden, wird fast immer auch ein neuer Ölkühler benötigt, weil es laut Baasner zwischen dem Alukühler und den Stahlverschraubungen der Leitungen zu Kontaktkorrosion kommt, weshalb nach dem Lösen der Leitungen das Gewinde beschädigt ist.
Beim Zahnriemenwechsel sollten gleichzeitig alle Rollen und die Wasserpumpe ersetzt werden. Wird das beim Fünfzylinder versäumt, und die Pumpe wird kurze Zeit später undicht, steht der gleiche Arbeitsaufwand erneut an, und laut Werksvorschrift auch wieder ein neuer Zahnriemen, weil man den alten nach der Demontage nicht mehr verwenden soll.
Da wir gerade beim Thema Riemen sind: Der Fünfzylinder hat zwei Rippenriemen zum Antrieb der Nebenaggregate, die korrekt gespannt sein sollten, denn andernfalls kann viel kaputtgehen. Entweder die Riemen beschädigen sich gegenseitig, „oder der untere Riemen rutscht vom auf der Kurbelwelle sitzenden Riemenrad, drückt dabei die Zahnriemenabdeckung zur Seite, an der dann die Zahnriemenkante reibt“, warnt Baasner. Irgendwann ist der Zahnriemen so geschwächt, dass er reißt – es kommt zum Motorschaden.
Ein weiteres Problem, das den 20V Turbo betrifft, ist der Auspuffkrümmer, der nicht mehr lieferbar ist. Er verzieht sich und wird meist am ersten oder fünften Zylinder undicht. „Dort wirken dann große Kräfte auf die Stehbolzen, die außerdem durch die Undichtigkeit von den heißen Abgasen hart und spröde werden, sodass sie beim Lösen der Mutter abbrechen und ausgebohrt werden müssen“, so Baasner. Außerdem bekommen die Auspuffkrümmer Risse, die nur ein Fachmann zuschweißen kann.
Auf Wasserschläuche achten
Speziell beim 20VT gilt es ferner, auf den Zustand der Wasserschläuche zu achten. Die werden mit der Zeit hart und porös, speziell im Bereich der Anschlüsse. Besonders gefährlich ist jener, der im unsichtbaren Bereich hinter dem Motor unter der Ansaugbrücke verläuft. Sollte er bei Vollgas auf der Autobahn platzen, sorgt der schnelle Kühlwasserverlust für zügiges Aufheizen des Motors, was schon so mancher nicht bemerkt hat und dann mit Motorkollaps strandete. Für den 20VT gibt es übrigens auch kein originales Kühlwasserthermostat mehr, hier hilft ein Ausweichprodukt weiter, das aber modifiziert werden muss.
Fehlerfalle Phasenversteller
Nur den 1.8-Liter-Motor betrifft der öfter auftretende Defekt des Phasenwandlers zur Nockenwellenverstellung, was sich in einem anhaltenden, dieselähnlichen Nageln des Motors äußert. Zum Thema Elektrik sei nachgetragen, dass manchmal die für jeden Zylinder vorhandene Zündspule, deren Ersatz nicht billig ist, kaputtgehen kann und dass altersbedingte Kabelbrüche für ein schlechtes Lauf- oder Startverhalten des Motors sorgen. Bei den verbauten Fünf- und Sechsganggetrieben gilt es, auf genügend Ölreserven zu achten. Bei den Turbo-Modellen gibt es dafür extra einen Messstab. Besonders das Getriebe mit sechs Gängen nimmt einen zu geringen Ölstand übel.
Deutlich teurer als bei den anderen Modellen sind beim 20VT Arbeiten an der Vorderradbremse. Es handelt sich um eine Brembo-Vierkolben-Festsattelanlage, bei der es laut Oliver Hoffmann ebenfalls Teileprobleme gibt. Beläge sind zwar für nicht gerade kleines Geld erhältlich, aber die Sättel gibt es nicht mehr. Sie müssen bei Bedarf überholt werden. Zu Mehrarbeit kann es beim Belagwechsel kommen, wenn sich durch korrodiertes Alu des Sattels die Edelstahlführungen für die Beläge angehoben haben und diese einklemmen.
Schrauberlaien erfahren aus der Betriebsanleitung, wie man defekte Glühbirnen und Sicherungen ersetzt oder den Luftfilter und verschlissene Schei- benwischer. Auch welche Flüssigkeiten und Öle regelmäßig zu kontrollieren sind, kann man dort nachlesen. Wer weitere Arbeiten an seinem Wagen durchführen will, kann versuchen, im Internet ein Werkstatthandbuch in deutscher Sprache zu ergattern. Reparaturanleitungen in englischer Sprache sind leichter zu bekommen. Ab und zu sollte man das Coupé einer Rostkontrolle unterwerfen – speziell im unteren Bereich. Es gab schon Fahrzeuge, die auf den ersten Blick einen sehr guten Eindruck machten, aber deren vordere Querlenkeraufnahmen total mürbe waren. Auch die Traverse unter dem Kühler rostet sehr gerne.
Worauf beim Kauf zu achten ist
Wer sich ein Coupé Fiat zulegen möchte, kann schon bei der Begutachtung des Wagens mögliche anstehende Reparaturen erkennen. Achim Baasner gibt dazu folgende Tipps: „Nach dem Starten des noch kalten Motors sollte beim 20V Turbo kein Zwitschern oder ähnliche Geräusche auf der Auslassseite zu hören sein, das könnte auf Undichtigkeiten beziehungsweise auf Risse im Auspuffkrümmer hinweisen. Ist beim 1,8-Liter-Vierzylinder ein dieselähnliches Nageln der Maschine zu hören, ist meist der Phasenwandler defekt. Schlagende Geräusche beim Fünfzylinder könnten von einem Rippenriemen stammen, wenn abstehende Teile der beschädigten Kanten irgendwo anschlagen. Quietscht es beim Gasgeben, rutscht der untere Riemen durch, ein kritischer Zustand.“
5 Gründe, die für das Coupé Fiat sprechen
1. Stammbaum
Nach 16 Jahren nahm Fiat Mitte der 90er Jahre wieder ein Fiat Coupé ins Programm. Dem Wunsch von Fiat-Chef Cantarella nach sollte seine Erscheinung Emotionen wecken. Für die auffällige Außenhülle war Designer Chris Bangle verantwortlich, der aber noch vor der Präsentation von BMW abgeworben wurde. Die Produktion und die Gestaltung des Innenraums übernahm Pininfarina. Darum findet man sowohl an der roten Armaturenleiste als auch an den hinteren Kotflügeln den Schriftzug der italienischen Designfabrik. Unter der aufregenden Stahlhaut mit der großen Motorhaube steckt Technik aus dem Konzernregal, die der Kompaktlimousine Tipo entliehen ist. Ebenso wie ein direkter Vorläufer fehlt dem Bangle-Coupé ein Nachfolger – nur 70.000 Exemplare waren Fiat zu wenig.
2. Preis
Die Preise für das Fiat Coupé haben offenbar die Talsohle erreicht. Allerdings nimmt die Zahl der Autos insgesamt spürbar ab, und unter den verfügbaren Coupés sind wenige gut erhaltene Liebhaberfahrzeuge.
3. Leistung
Schon der Zweiliter-Saugmotor mit seinen 139 PS sorgt für ausreichend Fahrspaß. Ab 1996 kam das aus dem Barchetta bekannte 1,8-Liter-Aggregat mit 131 PS Leistung zum Einsatz. Wem das aber nicht reicht, der kann nach einem Turbo-Coupé Ausschau halten. Darin arbeitet ein zwangsbeatmeter Fünfzylindermotor, der 220 PS leistet und mit einem Drehmoment von 310 Nm aufwartet.
4. Sportlook
Entweder man mag Bangles Design – oder man mag es nicht. Für Vertreter ausgewogener Meinungen lässt der Fiat keinen Platz. Im Aussehen des Coupés spürt man Bangles Gratwanderung zwischen Skulptur und alltagstauglichem 2+2-Sitzer. Der Vorderwagen wirkt in der Seitenlinie unharmonisch, die Sicken über den Radläufen manieriert und das Stummelheck wie abgehackt. Doch mit all seinen Spleens schafft das Coupé für Fiat eine Unverwechselbarkeit. Im Innenraum spürt man deutlich den Willen von Pininfarina, der unvermeidlichen Kunststofferscheinung eine individuelle Note zu geben. Die in Wagenfarbe lackierte breite Leiste sorgt für einen frischen Farbtupfer. Die Instrumente sind gut ablesbar, die Sitze bieten guten Seitenhalt.
5. Stehvermögen
Dank der Großserienbasis ist das Fiat Coupé eigentlich ein unproblematisches Auto. Allerdings können Reparaturen wie der Tausch der Wasserpumpe mächtig ins Kontor schlagen. Aber auch Karosseriearbeiten wie zum Beispiel an der großflächigen Motorhaube können verhältnismäßig kostspielig werden.