Ferrari F40 gegen Porsche 959

300-km/h-Nonplusultra-Supersportler der 80er

Sie waren das Nonplusultra der Sportwagenwelt in den 80er-Jahren und stellten alles bisher Dagewesene erbarmungslos in den Schatten: Ferrari F40 und Porsche 959 - noch heute unerreichbare Traumwagen.

Ferrari F40, Porsche 959, Seitenansicht Foto: Hardy Mutschler 19 Bilder

Vorsicht, sauschnell!", hätte Porsche gut sichtbar ins Armaturenbrett des 959 fräsen können. Stattdessen floss in das Vorwort der Betriebsanleitung die Warnung ein, dass unter Optimalbedingungen der Bremsweg aus 320 km/h 428 Meter beträgt. Vor 30 Jahren war dieser erhobene Zeigefinger gerechtfertigt, denn bis dato hatte kein für die Straße zugelassenes Serienauto solche Geschwindigkeiten erreicht.

1985 wurde der 959 auf der IAA in Frankfurt präsentiert. Die Fachwelt feierte ihn als neuen König der Sportwagen, als Überauto und als Technikwunder. Doch welche Vorgaben in Sachen Karosseriedesign standen wohl im Lastenheft der schwäbischen Sportwagenbauer? Wahrscheinlich: "Bloß nicht auffallen." Denn trotz des Heckflügels sieht der 959 lediglich wie ein etwas muskulöserer 911 aus.

Dezenter Porsche 959 und brutal auffälliger Ferrari F40

In Ekstase fällt somit wohl niemand beim Betrachten des Porsche 959 – dafür sind die konstruktiven Details umso interessanter. Der Kern des Autos ist die aus feuerverzinktem Stahlblech bestehende Sicherheitszelle, Türen und Fronthaube bestehen aus Alu, die Bugschürze aus PU-Integralschaum und die Kotflügel sowie die Dachhaut und das Heck aus aramid- und glasfaserverstärktem Epoxydharz.

Und schon sind wir mittendrin in den zahlreichen technischen Innovationen, die diesen Porsche 959 so faszinierend machen. Da wären die Magnesiumfelgen mit den hohlgegossenen Speichen, das ReifenluftdruckÜberwachungssystem und vieles mehr. Aber jetzt steigen wir erst einmal ein.

Seiner Zeit meilenweit voraus

Auch hier fühlen sich Elfer-Fahrer wie zu Hause, doch die fünf Rundinstrumente enthalten ungewöhnlich viele Zahlen, Lämpchen und besondere Symbole. Klar, der Porsche 959 war ein Hightech-Sportwagen und seiner Zeit um Jahre voraus. So besitzt er einen permanenten, aber variablen Allradantrieb und vier Programme für unterschiedliche Fahrbahnzustände. Die Programme, die über einen kleinen Lenkstockhebel gewählt werden, beeinflussen die Drehmomentverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse sowie die Wirkung der Hinterachsdifferenzialsperre.

Ferner kann die Härte der Stoßdämpfer variiert werden und die Bodenfreiheit. Letzteres fehlt in unserem Testauto, genau wie der rechte Außenspiegel, denn es handelt sich um die Sportversion. Gestartet wird sie durch Drehen des Zündschlüssels links vom Lenkrad, und sofort ertönt der vom 911 bekannte Sound und das typische Heulen des Axialgebläses. Doch Luftkühlung genügt dem Sechszylinder des Porsche 959 nicht, seine Zylinderköpfe sind zusätzlich wassergekühlt.

Der damalige Projektleiter bei Porsche, Manfred Bantle, nannte den Porsche 959 einen Super-911-Turbo, und was er meint, merkt man, wenn man Gas gibt. Im unteren Drehzahlbereich arbeitet zunächst ein kleinerer, schnell ansprechender Turbolader – aber wenn sich dann bei etwa 4.300/min der zweite Lader zuschaltet, bricht die Hölle los. Der Wagen hebt sich plötzlich aus den Federn und schießt davon, als wollte er in nächster Sekunde abheben.

Der 959 geht weit über 300 km/h

Zeit, um einige Messwerte einzuflechten: auto motor und sport ermittelte für den Spurt auf hundert atemberaubende 3,7 Sekunden, bis 200 km/h vergingen nur 13,3 Sekunden. Die Spitze lag bei 317 km/h, während für eine 515 PS starke, 29-mal verkaufte S-Version gar 339 km/h gemessen wurden. Doch trotz dieser Traumwerte ist der Porsche 959 ein eher komfortbetonter Sportwagen, den es mit Klimaanlage, ABS und Servolenkung gab, der alltagstauglich und relativ gut zu beherrschen war und der nicht für das Erzielen von Bestwerten auf einer Rennstrecke konstruiert wurde.

Das wiederum war die Domäne des knapp zwei Jahre nach dem Porsche 959 präsentierten Ferrari F40. Der neue Speedking unter den Sportwagen war unverschämt kompromisslos fürs Schnellfahren gebaut – und so sieht er auch aus: Auf einem Rohrrahmen mit zusätzlichen tragenden kohlefaserverstärkten Kunststoffelementen ruht die breite und flache Karosserie mit dem wilden Heckflügel. Sie besteht aus Kunstharz, in das Glasfaser, Kohlefaser und Kevlar eingelagert sind, und ist mit einem Hauch von Farbe überzogen, sodass an etlichen Stellen die Kohlefaserstruktur durchscheint.

Ferrari F40 fordert Nehmerqualitäten

Nicht nur was die Optik anbelangt, fordert ein Ferrari F40 von seinem Besitzer etliches an Nehmerqualitäten. Das einzige Komfortelement ist die Klimaanlage, die verhindert, dass der Fahrer in den Sommermonaten im Cockpit verglüht. Ansonsten gibt es weder Teppichboden im Innenraum noch ABS oder Servolenkung. Ja noch nicht mal einen Bremskraftverstärker, was beim Abbremsen des Monsters einen unglaublich beherzten Tritt aufs gelochte Bremspedal erfordert.

Dafür darf der Ferrari F40-Bändiger Ferraris gesammelte Rennerfahrungen auf öffentlichen Straßen erleben, pur und ohne Filter. Wenn der Starterknopf betätigt wird, erwacht das auf Leichtbau getrimmte Geschoss mit den unzähligen Luftschlitzen im Karosseriekleid zum Leben.

Bloß kein Vollgas beim Anfahren

Beim Anfahren ist ein gefühlvolles Einkuppeln ratsam und ein zu heftiger Tritt aufs Gaspedal zu vermeiden. Das schont die Zweischeibenkupplung und die hinteren Gummiwalzen, die sich auf der Stelle in Rauch auflösen würden, weil sie es trotz ihres üppigen Formats von 335/35 ZR 17 nicht schaffen, das gewaltige Antriebsmoment des Ferrari F40 in Vortrieb zu verwandeln.

Der direkt im Rücken des Fahrers montierte V8-Biturbo leistet 478 PS bei 7.000/ min, und wie er die nur etwa 1.200 Kilo des Ferrari F40 in Schwung bringt, ist der blanke Wahnsinn. Sobald die Nadel des Drehzahlmessers die 3.000er-Marke passiert, setzt schlagartig brutaler Schub ein, untermalt von barbarischem Gebrüll. Eine herrlich schauerliche Geräuschkulisse. Ein kurzes Lupfen des Gaspedals beim Schalten animiert das Wastegate-Ventil zu einem gespenstischen Zischen, bevor es den Fahrer beim Beschleunigen erneut in den Sitz presst.

In 10 Sekunden auf 200

Die von auto motor und sport gemessene Beschleunigung auf hundert mit 4,6 Sekunden klingt heutzutage nicht so dramatisch, aber dass im Ferrari F40 nur 6,4 weitere Sekunden bis 200 km/h vergehen, lässt dieses bald 30 Jahre alte Auto auch gegen aktuelle schnelle Sportwagen brillieren.

Mit einem nennenswerten Federungskomfort kann der Ferrari F40 nicht dienen, aber dafür begeistert er mit seinen Fahreigenschaften. Er wirkt überraschend wendig, scheint in langen schnellen Biegungen auf der Fahrbahn zu kleben, und beim scharfen Anbremsen von Kehren oder beim Wieseln durch ein Kurvengeschlängel kommt ihm sein relativ geringes Gewicht zugute.

Solange die Fahrbahn trocken ist, bereitet der Ferrari F40 grenzenloses Vergnügen, speziell auf abgesperrten Strecken ohne Speedlimit. Doch wehe, es ist nass, dann müsste am Armaturenbrett der Hinweis aufleuchten: "Vorsicht, saugefährlich!"

So viel kosten Ferrari F40 und Porsche 959

Die beiden SUpersportler sind heute Spielzeuge für millionäre, denn die Preise bewegen sich auf sehr hohem Niveau. Für den Porsche 959 gibt Classic-Analytics im Zustand 2 immerhin schon 780.000 Euro an - bei klar steigender Tendenz. Der Ferrari F40 liegt mit 980.000 Euro für ein Zustand-2-Exemplar ganz knapp vor der Millionen-Marke. Für beide werden keine Zustand-4-Preise angegeben, weil der Markt zu klein ist. Während vom Ferrari F40 zwischen 1987 und 1992 immerhin 1.311 Exemplare produziert wurden, entstanden vom Porsche 959 in den Jahren 1987 und 1988 nur 292 Einheiten.