VW-VR6: Antrieb für Golf, SUV und Stapler
VW hat die Produktion seines VR6 eingestellt
VW hat am 12. Dezember 2024 seinen bisher letzten VR6-Motor gebaut. In 34 Jahren hat der kompakte Sechszylinder viele Fahrzeuge angetrieben: Er startete 1991 in Golf und Passat, trieb später Transporter, SUV und Gabelstapler an. Rückblick auf eine Motoren-Ära.
19.12.2024
Andreas Of-Allinger
Foto: Hersteller
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Porsche Cayenne, Stapler, VW Golf: Der engwinklige VR6 von VW ist ein Multitalent, das mit Leistungen von 80 bis 300 PS Lasten hebt, einen Golf üppig und einen Cayenne basismotorisiert. Sogar Motorräder, Vans und Wohnmobile stehen auf seiner Einsatzliste.
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Der Passat ist VR6-Pionier: Mit dem 174 PS starken Sechszylinder macht der Mittelklasse-Kombi edlen Frachtern von Audi, BMW und Mercedes Konkurrenz. An den Fünfspeichen-Rädern ist der VR6 gut zu erkennen.
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Den Golf III motorisiert der VR6 ab 1991 souverän und wohlklingend.
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DOHC steht für Double Overhead Camshaft; der Motor hat zwei Nockenwellen und einen Zylinderkopf.
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Im Schnittbild wird klar, wie eng die sechs Zylinder beieinanderliegen. Das ist durchaus eine Herausforderung, weil für Abwärme und Ansaugrohre wenig Platz ist. Eine verteilerlose Zündung bekam der VR6 im Juni 1992.
Foto: Hans-Dieter Seufert
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Die nächststärkere Version mit 2,9 Litern Hubraum und 190 PS kommt ab Juni 1991 im Corrado zum Einsatz. Der Passat Syncro 2.9 erscheint im September 1994, der Golf III Syncro im November 1994.
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Der Motor passt gut zum Corrado und gerade so in den Motorraum des vier Meter kurzen Sportcoupés.
Foto: Motor Klassik
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Im Sharan kombiniert VW den VR6-Motor mit dem hauseigenen Visco-Allradantrieb Syncro.
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VW verlängert 1996 die Front des T4 und schafft damit Platz für den VR6. Der leistet im Bus 140 PS, bei der Auslegung der neuen Motorsteuerung geht Drehmoment vor Drehzahl.
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Für den VR6 fängt 1999 mit Vierventil-Zylinderkopf, elektronischem Gaspedal, Nockenwellenverstellung und Rollenschlepphebeln 1999 ein neues Leben an. Das "R" lässt VW weg, dabei handelte es sich weiterhin um einen 15-Grad-VR6 mit separatem Hubzapfen für jeden Pleuel und einem Zylinderkopf.
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War der Golf III VR6 noch eine Art Über-GTI, so gab sich der Golf IV V6 ganz gediegen: Allradantrieb und Holzfurnier serienmäßig, gegen Aufpreis Xenonlicht mit doppelten Blinkleuchten. Die Abstimmung war eher kommod als sportlich, der Motor kam auf 204 PS.
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Da geht noch was: Mit Vierventilkopf und 3,2 Liter Hubraum steigt die Leistung auf 241 PS. Im Golf R32 zum ersten Mal und gegen Aufpreis mit Doppelkupplungsgetriebe kombiniert.
Foto: Jörg Künstle
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Der Golf V R32 hat ebenfalls 250 PS.
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Audi baut den VR6 jeweils in den zweiten A3 und die ersten beiden Generationen TT ein. Dort leistet der Motor jeweils 250 PS und ist mit Allradantrieb kombiniert.
Foto: Hans-Dieter Seufert
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Im Sharan hat der Motor nach dem Facelift 204 PS.
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Im Kühlergrill prangt stolz ein "V6"-Emblem.
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Auch Bora und Bora Variant sind als nobel aufgerüschte Golf-Varianten natürlich mit "V6"-Motor zu haben.
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Der Passat B4 fährt ebenfalls mit VR6-Motor vor. Das Topmodell hat polierte Räder, Dachantenne, dunkle Heckleuchten und einen VR6-Schriftzug im Kühlergrill.
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Mit 3,6 Liter Hubraum und 300 PS wird der Passat B6 zum Sport-Passat R36. Die Kurbelwelle der 3,6-Liter-Version ist geschmiedet, nicht gegossen.
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Der Phaeton hat, wie Audi Q7, Porsche Cayenne und VW Touarg, einen längs eingebauten VR6-Motor. Das Topmodell motorisiert ein Sechsliter-W12, der im Prinzip zwei VR-Motoren kombiniert und so extrem kurz baut.
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Auch in den Touareg hat VW den VR6 längs eingebaut. Der Motor leistet anfangs mit 3,2 Litern Hubraum 220, später 241 und ab 2005 mit 3,6 Liter Hubraum 250 PS.
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Ebenso in den Q7. Den 3.6 FSI ersetzte ein Kompressor-V6. Der war sparsamer und stärker als der VR6-Saugmotor.
Foto: Audi
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Im Golf zu feurigen Fahrleistungen fähig, reicht es dem V6 im Cayenne auch mit 3,6 Litern Hubraum gerade zum Basismotor. Damals wie heute geht die Empfehlung klar zum V8.
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Porsche probiert's trotzdem ein zweites Mal, baut auch in die zweite Cayenne-Generation den VR6 ein.
Foto: Porsche
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Das Van-Trio Ford Galaxy, Seat Alhambra und VW Sharan ist ebenfalls mit VR6 erhältlich. Es ist der 2,8-Liter mit 174 PS und heute die günstigste Möglichkeit, ein Auto mit diesem Motor zu erwerben.
Foto: Ford
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Im Seat Leon spielte der VR6 die Rolle des sportlichen Topmodells Cupra.
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Im Leon bekam der Motor rote Zündkabel und das Seat-Logo verpasst.
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Mercedes V 280: Weil hauseigene Sechszylinder nicht in den engen Motorraum der V-Klasse passten, passte Mercedes den 15-Grad-VR6 von VW an die V-Klasse an.
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Dehler baute edle Wohnmobile auf Basis des T4 und da passte der kultivierte VR6 gut dazu.
Foto: Dehler/VW
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In den USA nutzte Winnebago den T4 als Basis für den Rialta. Das Wohnmobil mit 140 PS starkem VR6-Motor konnte man auch in Deutschland bei autorisierten VW-Händlern kaufen.
Foto: Winnebago/VW
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Die vermutlich exotischste Möglichkeit, ein Auto mit VR6-Motor zu fahren, ist der 2011 und 2012 gebaute Artega GT, mit dem Zulieferer Paragon ins Sportwagengeschäft einsteigen wollte. Nach 153 GT war Schluss.
Foto: Rossen Gargolov
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Horex baute einen VR-Sechszylinder nach dem VW-Prinzip in ein Motorrad ein. Zu einer größeren Serienfertigung kam es jedoch nicht.
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Hersteller von Flurförderfahrzeugen wie Jungheinrich (Bild), Still und Linde Material Handling bauen eine gasbetriebene Industrieversion des 3,6-Liter-VR6 in Stapler ein.
Foto: Jungheinrich
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Der abgebildete Linde H45 hebt 4,5 Tonnen bis zu 3 Meter hoch. Der VR6-Motor verbrennt Gas und leistet bei 2700/min 56 kW (80 PS).
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Größter und jüngster VW mit einem VR6-Motor ist der Atlas. Das SUV für den US-Markt hat als Modell aus dem Modularen Querbaukasten (MQB) einen quer eingebauten Motor, für einen V6 mit 60 oder 90 Grad Zylinderwinkel würde der Platz nicht reichen. Mitte 2023 ist für den VR6 im Atlas Schluss; dann kommt ein Facelift.
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In den beiden China-SUV Talagon und Teramont lief der VR6 bis zum Schluss in einer Version mit 2,5 Liter Hubraum und Turbolader.
Foto: VW
Es war im Grunde wie so oft: VW war nicht der Erfinder einer neuen Technik und nicht der erste Anbieter auf dem Markt. Dafür waren die Wolfsburger Ingenieure sehr gründlich und am Ende erfolgreich. Denn theoretisch schafft ein VR-Motor zunächst Probleme: Die Ansaugwege sind kompliziert, die Wärmeabfuhr im engen Kopf ist knifflig und der enge Winkel ungünstig für die Laufruhe.
VW baute fast 1,87 Millionen VR6
Doch die Ingenieure finden für die theoretischen Probleme praktische Lösungen, entwickeln den engwinkligen Sechszylinder weiter. Der kompakte Motor gründet in 34 Jahren eine ganze Motorenfamilie in einer Spanne von fünf bis 12 Zylindern, die im Konzern vom Golf bis zum Bentley ganz unterschiedliche Autos antreibt. Am 12. Dezember 2024 hat Volkswagen den letzten VR6-Motor gebaut. Nach fast 1,87 Millionen kompakten Sechszylindern geht damit eine Ära zu Ende.
Lancia hat das VR-Prinzip erfunden
Doch von Anfang an: Vincenzo Lancia meldet 1918 zwei Motoren zum Patent an: Einen V8 mit 45 Grad Bankwinkel und einen V12 mit 30 Grad Bankwinkel – das ist jeweils die Hälfte des theoretisch optimalen Zylinderbankwinkels. Mit versetzten Hubzapfen – einem Lancia-Patent von 1915 – bleibt der Zündabstand erhalten. In Serie gehen die beiden Motoren jedoch nicht. Ein V12 mit 13,6 Grad Zylinderwinkel, den Lancia 1919 zeigt, wird ebenfalls nicht in Serienautos eingebaut. Dafür kommt 1922 der Lancia Lambda mit einem V4-Motor auf den Markt. Der Zylinderwinkel: 14 Grad. Bis in die 1970er-Jahre baut Lancia engwinklige V4-Motoren – zum Beispiel in die Fulvia. Dann ist erst einmal Ruhe.
VW bringt 1991 den VR6 in Serie
Bis sich VW an das Prinzip erinnert und die Möglichkeit nutzt, in Frontantriebsautos wie Golf und Passat einen Sechszylinder vorn quer einzubauen. Die kompakte Bauform verschafft dem Motor immer einen Vorteil, wenn es im Motorraum wenig Platz gibt – also dann, wenn die Ingenieure die Entscheidung fällen müssen: dieser Sechszylinder oder keiner. Für den Quereinbau entwickelt VW einen VR-Sechszylinder, der 1991 zunächst im Passat erscheint. Vorteil: Ein V-Motor mit derart schmalem Winkel braucht nur einen Zylinderkopf. Das Problem mit den Ansaugwegen lösen die VW-Ingenieure ebenfalls und eine spezielle Wasserpumpe stellt die Kühlung sicher.
Golf mit Sechszylinder
Im Passat 35i werkelt mit dem VR6 das zweite Motorenkuriosum neben dem G60, dessen Reihen-Vierzylinder ein spiralförmiger G-Lader auf 160 PS bringt. Der Golf bekommt im September 1991 den 2,8-Liter-VR6. Ein teures Topmodell, das vor allem in der Versicherung hoch eingestuft ist – und ein Auto für Kenner, das sich optisch kaum vom GTI unterscheidet. Volkswagen entwickelt den VR6 stetig weiter. Mit etwas größerer Bohrung (82,0 statt 81,0 mm) kommt der Motor auf 2,9 Liter Hubraum und 190 PS – erster Einsatz im Corrado im Juli 1991, später dann in den Syncro-Versionen von Golf und Passat.
Bis zum 130i von BMW bleibt der Golf VR6 Syncro mit 2,9 Litern unter europäischen Herstellern der Kompakte mit dem hubraumgrößten Saugmotor. Bemerkenswert übrigens, dass VW zwei Golf-Generationen später einen Turbo-Kompressor-Vierzylinder auf den Markt bringt, der mit 170 PS praktisch die gleiche Leistung aus dem halben Hubraum holt. Im Golf IV und V kommt ab 1999 die zum EA 390 weiterentwickelte Vierventil-Version zum Einsatz. Das "R" im Namen fällt weg. Im Golf V6 leistet der Sechszylinder 204 PS. Im R32 sind es ab 2002 dann 3,2 Liter und 241 PS. Mit 3,6 Liter Hubraum, geschmiedeter Kurbelwelle und auf 12:1 erhöhter Verdichtung kommt der EA 390 auf 300 PS und im Passat R36 zum Einsatz.
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Kurios: Im Cayenne baute Porsche den VR6 längs ein.
Quer zum Erfolg
Bis Mitte 2023 baut VW die 3,6-Liter-Version des EA 390 in das US-SUV Atlas ein. Quer, denn der Atlas basiert auf dem Technikbaukasten MQB. Zuletzt lief der VR6 in China: Bei FAW treibt er den Talagon an, bei SAIC den technisch mit dem Talagon eng verwandten Teramont. In beiden SUV auf MQB-Basis ist ein turbogeladener 2,5-Liter-VR6 mit 299 PS die Topmotorisierung.
In 34 Jahren ist der Motoren-Exot weit herumgekommen: hat den Porsche Cayenne, den Audi Q7 sowie VW Touareg und Phaeton längs eingebaut angetrieben. Der VR6 motorisierte Vans von Ford, Mercedes, Seat und VW, gab in Wohnmobilen von Winnebago und Dehler den komfortablen Säusler und schuftete bis zuletzt in einer gedrosselten Industrieversion und mit Gas betrieben in Flurförderfahrzeugen von Still, Jungheinrich und Linde.
Verwandte Motoren
Durch Weglassen eines Zylinders wurde der VR6 zum V5, der in Golf, Bora und Beetle gearbeitet hat. Zwei VR6 ergaben in der VW-Studie Nardo einen W12, der später serienmäßig in Phaeton und Touareg eingebaut wurde. Auch der W8 des Passat und der W16 des Bugatti Veyron basieren auf dem Konstruktionsprinzip des VR6. Ebenso der W12 von Bentley – der meistgebaute Zwölfzylinder der Welt.