1986 Dodge Shelby Omni GLHS bei Mecum Auctions
Das skurrile Shelby-Modell bringt gut 38.000 Euro
In den 80ern ging Carroll Shelby fremd: Er arbeitete für Dodge und schuf einen eigenwilligen Hot Hatch. Das angebotene Exemplar gehörte dem Tuning-Gott einst selbst.
18.01.2021 Thomas HarloffCarroll Shelby? Na klar, das ist doch der, der in den Sechzigerjahren die besonders giftigen Cobras baute! Und dem wir die Sport- und Rennwagen-Legende Ford GT40 zu verdanken haben! Und der Typ, dessen Namen die heißen Mustang-Versionen tragen! Alles richtig – und doch ist die Aufzählung unvollständig. Denn in den Achtzigern ging Shelby fremd: Er versuchte sich im Hot Hatch-Segment und verließ das Ford-Universum, um für den Konkurrenten Chrysler zu arbeiten. Dabei kam jenes Auto heraus, von dem kürzlich ein Exemplar von Mecum Auctions versteigert wurde: der Dodge Shelby Omni GLHS.
Chrysler statt Ford – dank Iacocca
So ungewöhnlich diese Kombination anmutet, so naheliegend ist sie, wenn man weiß, wer ihn seinerzeit zu Chrysler lotste: Lee Iacocca. Der italienischstämmige Manager war vor seiner Zeit bei Chrysler viele Jahre bei Ford tätig und dort nicht nur federführend an der Markteinführung des Mustang beteiligt, sondern galt auch als einer der größten Förderer des Rennsport-Programms – und förderte damit auch den Aufstieg des Konstrukteurs Shelby. Nachdem Iacocca die Seiten gewechselt hatte, erinnerte sich an die fruchtbare Zusammenarbeit mit dem texanischen Tuning- und Rennsport-Gott – und holte Carroll Shelby auf die andere Seite der Motor City Detroit.
Doch damit nicht genug der Besonderheiten rund um den Dodge Shelby Omni GLHS, der seine Wurzeln eigentlich in Europa hat. Der französische Hersteller Simca und Chrysler bildeten 20 Jahre lang eine interkontinentale Auto-Allianz, zu der auch die Marke Talbot gehörte. Deren Modell Horizon fand als Dodge Omni und Plymouth Horizon den Weg über den großen Teich. Die Absatzzahlen der – für US-Verhältnisse – bescheiden dimensionierten Steilheck-Kompakten waren zwar ganz ordentlich, aber Chrysler wünschte sich Anfang der Achtziger etwas mehr Pfiff für seinen Kleinsten. Also wählte Lee Iacocca die Nummer von Carroll Shelby – und der Dodge Shelby Omni GLHS entstand.
Hot Hatch mit Turbomotor und 177 PS
Um den in den Normalversionen etwas schwächlich motorisierten Fronttrieblern (übrigens den ersten der Chrysler-Geschichte) etwas Würze zu verleihen, erschien zum Modelljahr 1985 der Dodge Omni GLH mit turbogeladenem 2,2-Liter-Vierzylinder-Benziner. Seinerzeit langten einem Hot Hatch 148 PS, um den offiziellen Beinamen "Goes Like Hell" zu erhalten. Shelby reichte die Leistung freilich nicht, weshalb er seiner GLHS-Version ("Goes Like Hell S’More") ein stärkeres Herz verpasste: Ein größerer Garrett-Turbolader schraubte den maximalen Ladedruck auf über 0,8 bar, ein Ladeluftkühler optimierte den Temperaturhaushalt. Auch der getunte Ansaugkrümmer, die größeren Bosch-Einspritzdüsen, der verbesserte Kühler und eine überarbeitete Motorelektronik halfen dabei, die Leistung auf 177 PS anzuheben.
Vorausgesetzt, der Fahrer verfügte über einen sensiblen Kupplungsfuß und sortierte geschickt die unteren Fahrstufen des manuellen Fünfgang-Getriebes, beschleunigte der Dodge Shelby Omni GLHS in 6,5 Sekunden von null auf 60 mph (96,6 km/h). Das Fahrverhalten dürfte vom Einsatz der Koni-Dämpfer sowie den 15 Zoll großen Shelby Centurion-Felgen mit Goodyear Gatorback VR-Reifen profitiert haben. Letztere wurden beim angebotenen Auto inzwischen durch moderne Dunlop-Pneus im Format 205/50 R15 ersetzt.
Außen schwarz, innen grau
Dann ist da noch das für einen Hot Hatch dieser Zeit so typische Outfit: Schwarzer Lack, weit heruntergezogener Frontspoiler, verkleidete Schweller und haufenweise Aufkleber. Der Shelby GLHS war ausschließlich in dieser Lackierung und auch nur in Verbindung mit einem grauen Interieur zu haben. Dieses befindet sich den Fotos nach zu urteilen in einem guten Zustand; kein Wunder, der Tachostand beträgt nur 8.176 Meilen (13.158 Kilometer). Ein paar Gebrauchsspuren weist dagegen die Außenhaut auf. Zudem scheint bei dem ein oder anderen Unterboden- und Fahrwerks-Teil Rost ein Thema zu sein.
Innen weisen nur Details darauf hin, dass es sich hier nicht um einen normalen Dodge Omni handelt: Die Ledereinfassungen für Lenkrad uns Schaltknauf, des Meisters Autogramm über dem Handschuhfach und der Tacho, der eine Besonderheit zeigt. Am Ende der normalen 85-mph-Skala (137 km/h) entfiel die Sperre für den Zeiger. Ließ man den Gasfuß stehen, drehte sich der Tachozeiger einfach weiter; im Extremfall machte er eine volle Umdrehung bis zur 135-mph-Marke (217 km/h), die gleichzeitig die 5-mph-Marke ist. Damit der Fahrer auch bei hohem Tempo wusste, wie schnell er unterwegs ist, klebten die Dodge-Mitarbeiter einfach einen Aufkleber als zusätzliche Skala in den unteren Bereich des Tachos.
Nummer 86 von insgesamt nur 500
Der Aufwand dafür war überschaubar, schließlich wurden nur 500 Exemplare des Dodge Shelby Omni GLHS produziert. Beim von Mecum Auctions versteigerten Exemplar handelt es sich um die Nummer 86 – und deshalb um ein besonders begehrenswertes Auto, weil es Carroll Shelby viele Jahre selbst gehörte. Zuletzt befand sich der Omni im Besitz der Carroll Hall Shelby-Stiftung, seine Historie ist bestens belegt – unter anderem durch Beiträge in Zeitschriften, auf Kalendern und in Fernsehsendungen.
Dennoch erreichte das Auto bei der Versteigerung nicht ganz den Schätzpreis: Statt für eine Summe zwischen 50.000 und 75.000 Dollar (etwa 40.600 bis 60.900 Euro) ging der Hot Hatch letztlich für 46.200 Dollar (gut 38.000 Euro) an seinen neuen Besitzer.