Vom Lkw zum Go-Kart - Super-Sportler aus 60 Jahren
Die schärfsten Sportwagen der Silvretta
Viel Leistung, wenig Gewicht - soweit besteht Einigkeit bei den Anforderungen an einen Sportwagen. Was sich in 6 Jahrzehnten getan hat, zeigen wir hier.
04.07.2015 Kai KlauderAm Anfang war der Motor - und es ging im Benz Motor-Patentwagen mit rund 0,7 PS aus eigener Kraft vorwärts. In schnellen Entwicklungsschritten nahm das Automobil Fahrt auf. Es ging bald um "schneller, stärker und besser". Auch bei der Silvretta Classic kann man die Entwicklung der sportlichen Automobile erfahren. Vom Vorkriegsboliden bis zum Hightech-Supersportler.
2-Tonnen-LKW von Bentley
"Im Grunde ist das ein LKW", sagt Claus Heinrich über seinen Bentley 8 Litre Tourer. Und die Abmessungen und Gewichte entsprechen auch fast denen eines heutigen Nutzfahrzeugs. Der Radstand der Langversion beträgt knapp 4 Meter (3.962 mm), das Leergewicht des Chassis rund 1,7 Tonnen. Dazu kommt noch die Karosserie - im Falle von Heinrichs 1931er-Tourer liegt das Gesamtgewicht bei gut zwei Tonnen.
Das Fahren ist nichts für Anfänger: Ohne Servolenkung und mit einem Fahrwerk auf Vorkriegsniveau ist das Bewegen eines solchen Kolosses harte physische Arbeit. "Ich muss immer schon an Weihnachten mit dem Bodybuilding beginnen, damit ich im Frühling bei der ersten Oldtimerrrallye fit bin".
Angetrieben wird der Bentley von einem mächtigen 8-Liter-Reihensechszylinder mit 220 PS. Die Dimensionen des Triebwerks sind gewaltig: 140 mm Hub und 110 mm Bohrung lassen erahnen, mit welchen Naturgewalten dieser Motor den Bentley 8 Litre antreibt. "Der geht bis rund 170 km/h vorwärts, dann wird es böse", weiß der Bentley-Fan, der neben seinem 8 Litre noch einen 4 ½ Litre besitzt. "Einer davon steht eigentlich immer in der Werkstatt und wird für die nächste Rallye fit gemacht", erzählt Heinrich, der mit Wilfried Polle bei der Silvretta am Start ist.
Der Lambo vom Schrotthändler
Eines der elegantesten Sportcoupés ist mit Startnummer 102 bei der Silvretta Classic dabei: Einer von insgesamt nur rund 320 Lamborghini 400 GT. Christian Hinsch besitzt diesen Wagen seit 2008 und kennt sich sehr gut aus mit der Geschichte der Marke. "Mich interessiert einfach die Geschichte des Nonkonformisten Ferruccio Lamborghini. Wie der sich bei Enzo Ferrari beschwert hat und - nachdem "Il Commendatore ihn daraufhin hinauswarf, einen Sportwagen nach eigener Vorstellung baute."
Ferrari warb den kongenialen Ingenieur und 250 GTO-Vater Giotto Bizzarrini ab, der den V12 des ersten Lamborghini, des 350 GTV, konstruierte. Dieser Motor wurde auch im 350 GT und später, auf 3,9 Liter vergrößert, auch im 400 GT zum Einsatz.
Balboni adelt den Lamborghini-V12
Das erst 108.000 km gelaufene Exemplar von Christian Hinsch stammt aus dem Jahr 1967 - und wurde an einen französischen Schrotthändler erstausgeliefert. "Der hat ihn dann seinem Neffen vererbt, und von dem habe ich ihn 2008 gekauft", erzählt der Lamborghini-Enthusiast, "der Wagen war in absolutem Originalzustand, ich habe nur den Motor und die Lackierung neu machen lassen. Der komplette Innenraum ist noch original.
Das V12-Triebwerk wurde von dem Motorenpapst Wolfgang Instinsky im Schwarzwald neu aufgebaut. Den hat dann sogar Valentino Balboni, legendärer Lambo-Testfahrer, bei einem Treffen begutachtet - und geadelt. "Der sagte nur: Ich will mal gucken, ob der ordentlich gemacht ist' - das einzige, was er auszusetzen hatte, war ein minimal zu kurzes Zündkabel", freut sich Hinsch.
Der Magnum-Ferrari 308 GTB
"Da fühlt man sich wie Magnum", freut sich Andreas Förner, der den 308 GTB von einem Geschäftspartner geliehen bekam. Normalerweise bewegt er einen Porsche Boxster S, der mit modernster Technik verwöhnt. "Der Ferrari hat nicht mal eine Servolenkung, das merkt man dann recht schnell in den Armen", sagt Förner - und seine Frau Elke ergänzt: "zudem ist er sehr unübersichtlich und man sitzt ganz anders - das ist eher ein Liegen auf der Straße."
Die beiden fahren in dem 1986er-Ferrari zum ersten Mal eine Oldtimerrallye und "Das ist schon wirklich Arbeit, sich in die Wertungsprüfungen, das Roadbook und alles Drumherum einzuarbeiten - aber die traumhaften Strecken sind alle Mühen wert."
F1-Fahrer am Steuer einer Renault Alpine A310
Bei Startnummer 156 ist ein echter Crack am Steuer: Cengiz Artam fährt unter anderem auch in der Historischen Formel 1, besitzt eines der größten Automobilsammlungen in der Türkei - und hat in Genf "ein paar Youngtimer" stehen, die er auch im Alltag einsetzt. Einer davon ist der Renault Alpine A310 von 1982, den er bei der Silvretta über die Pässen treibt.
"Das ist mein Lieblingsauto im Sommer, im Winter fahre ich lieber meinen Lancia Delta Integrale", sagt Artam, grinst wissend um die Traktionsvorteile des Allradlers - und lässt seine Alpine um die Haarnadelkurven fliegen.
Weitere Sportwagen der Silvretta Classic zeigen wir in unserer Fotoshow.