Citroën 2CV mit Elektroantrieb
Oldtimer umgerüstet - diese Ente steht unter Strom
Der Diplomingenieur Hans Sommerauer aus der Schweiz hat seinem Citroën 2CV einen Elektroantrieb verpasst. Praktisch: Die Ente lässt sich mit fünf verschiedenen Adaptern fast überall laden. Wie der Schweizer die Herausforderungen des Oldtimer-Umbaus meisterte und warum er ausgerechnet eine Ente wählte.
11.04.2018 Natalie DiedrichsNormalerweise quaken und schnattern Enten ja. Allerdings nur die weiblichen, Männchen geben eher dünne Pfeiflaute von sich. Wenn es danach geht, dann müsste die Ente von Hans Sommerauer eigentlich ein Erpel sein. Denn seitdem der Schweizer den Zweizylinder-Viertakt-Boxermotor aus seinem Citroën 2CV entfernt hat, pfeift und surrt er anstatt zu quaken. Außerdem steht in großen Lettern "2CVolt" auf der Motorhaube.
Ein eindeutiges Indiz für den Elektromotor, den Sommerauer vor zwei Jahren in den französischen Klassiker von 1984 eingepflanzt hat. Der Diplomingenieur ist Entwicklungsleiter eines Schweizer Unternehmens für Industrie-Elektronik. Dort beschäftigt er sich vor allem mit dem Systemdesign für Elektroantriebe. "Meine Ente ist sozusagen eine Art Entwicklungsfahrzeug", erklärt der Tüftler, der die Ente teils aus beruflichen Gründen, teils aus persönlichem Interesse umgerüstet hat.
Aus Solidarität zu seinem Gefährt hat er sich anlässlich der Elektroauto-Rallye i-Mobility im Franzosen-Stil gekleidet: schwarz-weiß-gestreiftes Sweatshirt, dazu eine Baskenmütze und ein schwarzer Schal, den er lässig über die Schulter geworfen hat – sein Rallye-Outfit. Kumpel Thomas Albrecht steht im Partnerlook neben ihm. Im Gegensatz zum Entenbesitzer aus der Schweiz ist der Esslinger in der Stuttgarter Region ortskundig, was ihm in seiner Rolle als Navigator weitergeholfen haben dürfte.
Start bei der i-Mobility Rallye 2018
Die i-Mobility Rallye in Stuttgart ist die zweite Rallye, bei der Sommerauer startet. 2017 nahm er bereits an der Wave Trophy in der Schweiz teil und hat sich seitdem zu einem echten Rennsport-Enthusiasten gemausert: "Vielleicht fahre ich im Herbst auch eine Österreicher Rallye mit", plaudert er mit einem Ton aus Vorfreude in der Stimme.
Den Citroën 2CV habe Sommerauer 2014 mit der festen Absicht gekauft, ihn zu einem Elektroauto umzubauen. 5500 Schweizer Franken waren dafür fällig, was heute ungefähr 4670 Euro entspricht. Warum ausgerechnet dieses Modell? Dem Schweizer fallen gleich zwei Gründe ein, davon ist einer technisch und einer emotional: "Die Ente hat von Natur aus leichte und schmale Räder, die für einen geringen Rollwiderstand sorgen – ideal für ein Elektroauto. Und es ist viel Platz unter der Haube." Dann streichelt er liebevoll ihren linken Kotflügel und ergänzt: "Außerdem war so eine mein erstes Auto."
Der von Sommerauer nachgerüstete Permanent-Magnetmotor bedeutet für die sonst eher gemächliche Ente ein Power-Upgrade: Der neue Antrieb sorgt nämlich für 30 kW beziehungsweise 40 PS, der traditionelle Boxermotor dieser Generation brachte es nur auf 21 kW beziehungsweise 29 PS. Das maximale Drehmoment von 90 Newtonmetern liegt wie bei Elektroautos üblich gleich bei einer Umdrehung pro Minute an. "Systembedingt schaffe ich 100 km/h mit der Ente, das reicht mir in der Schweiz", erklärt Sommerauer.
Citroën 2 CV mit 10-Kilowatt-Schnellladesystem
Obwohl 40 PS nach heutigen Maßstäben immer noch ein wenig untermotorisiert klingen, kommt der Schweizer mit seinem etwas unkonventionellen Elektroauto im Alltag offenbar gut zurecht. "Ich nutze sie als Zweitwagen und fahre sie vor allem bei schönem Wetter", so Sommerauer. Die Praxistauglichkeit des selbstgebauten Elektroautos erhöht ein 10-Kilowatt-Schnellladesystem. Was das Laden angeht, so ist die Ente flexibel: "Ich habe fünf verschiedene Ladeaufsätze und Adapter", so der Ingenieur. Wenn er sie mit einer Restleistung von 20 Prozent ans Lädegerät hängt, dauert es ungefähr 80 Minuten, bis der Akku wieder voll ist.
Zusätzlich rekuperiert die Ente, wenn man die Bremse antippt. Das Getriebe und die Kupplung hat Sommerauer beibehalten, innerorts fährt er jedoch stets im dritten Gang: "Wenn ich schneller fahre, schalte ich auch mal in den vierten, bei hoher Steigung in den zweiten. Den ersten Gang benutze ich eigentlich nie."
Der Umbau hat insgesamt eineinhalb Jahre gedauert. Dabei hat Sommerauer sämtliche Arbeiten, welche die Elektronik betreffen, selbst erledigt. Ein Kollege von ihm hat die nötigen Umbauteile mit einer CNT-Maschine gefräst. "Die größte Herausforderung war die richtige Anordnung der Batteriezellen", erzählt der Schweizer.
Lithium-Ionen-Akkus unter der Motorhaube
Dabei hat sich letztendlich der großzügige Stauraum unter der Haube ausgezahlt: Zwei Drittel der Batteriezellen konnte der Ingenieur unter der Haube des 2CV unterbringen, ein Drittel befinden sich im Kofferraum. Insgesamt fassen die Lithium-Ionen-Akkus eine Kapazität von 24 Kilowattstunden. "Damit komme ich im Sommer um die 250 Kilometer weit", berichtet der Sommerauer aus Erfahrung.
Trotz der recht ordentlichen Realreichweite ist der Begriff "Reichweitenangst" für den Schweizer kein Fremdwort: "Letzten Sommer fuhr ich über die Alpenpässe nach Zermatt – die Höhenunterschiede haben richtig reingehauen. Zum Schluss bin ich mit fünf Kilometern pro Stunde über die Straße geschlichen, um das Ziel zu erreichen. Damals hatte ich leider noch keine Schnellladefunktion", erinnert er sich. Inzwischen könne er aber ganz gut abschätzen, wie lange der Akku hält. Seine nächste Ausfahrt plane er daher zur Ostsee, ganz gemütlich.
Sommerauer geht es nicht um Schnelligkeit oder Rangplatzierungen, sondern um die Technik und den Spaß. Auf die Frage, wie den wievielten Platz er bei der Rallye belegt habe, sagt er nur: "Och, das weiß ich ehrlich gesagt gar nicht. Ist mir nicht so wichtig." So lange die Ente pfeift, ist alles in Ordnung.