Chevrolet Corvette C1 bis C4
Längere Tradition als Porsches 911
Viel Motor, zwei Sitze: Das Corvette-Rezept ist so simpel wie effektiv. Simpel ist anfangs auch die Technik, dabei übersehen Lästerer eine echte Innovation: Die Kunststoffkarosserie. Denn Design und Power sind nur zwei Gründe für den Corvette-Erfolg.
10.05.2020 Dirk JohaeNicht erst seit US-Präsident Trump propagieren die Amis "America First". Doch ausgerechnet bei einem prestigeträchtigen Sportwagen bleibt das Land der unbegrenzten Möglichkeiten nach dem Zweiten Weltkrieg einige Jahre lang etwas schuldig. Die britischen und italienischen Hersteller zeigen den patriotischen Autofans eine lange Nase. Doch mit einem einfachen Rezept gelingt der Gegenangriff: viel Motor und zwei Sitze. Dafür steht die Corvette bis heute.
Viele US-Sportwagenkäufer stehen auf offene Autos. Doch Ende der 40er- und Anfang der 50er-Jahre stammt diese begehrte Ware ausschließlich aus Good Old Europe. Für das entsprechende US-Angebot sorgen quirlige Importeure wie Hoffman Motors, die Firma des aus Österreich ausgewanderten Max Hoffman. Die US-Konzerne setzen lieber auf große Limousinen und Coupés. Cabriolets gibts dann als Auskopplung aus dem Modellprogramm. Auch Chevrolet als größte Automobilfabrik der Welt macht zunächst keine Ausnahme.
Kein US-Sportwagen in Sicht
Betrachtet man die Verkaufszahlen, so spielen Sportwagen 1952 mit einem Marktanteil von lediglich 0,3 Prozent zwar wirtschaftlich bestenfalls eine Nebenrolle. Doch wiegen Image und Prestige in dieser Kategorie weit stärker als etwa bei den Volumenmodellen. Dazu kommt der Patriotismus der US-Amerikaner: Es darf eigentlich nicht sein, dass europäische Produkte ein Segment mit solcher Strahlkraft beherrschen. Der Jaguar XK 120 gilt in den USA als Stilikone für Sportwagen – kaum zu verkraften für eine Nation, deren Design damals weltweit Maßstäbe setzt.
Corvette-Premiere im Waldorf Astoria
Doch 1953 kommt endlich Bewegung in die Szene. General Motors stellt auf der konzerneigenen Automesse "Motorama" am 17. Januar im Waldorf Astoria-Hotel (New York) seine komplette Kollektion von Cadillac bis Chevrolet vor. Zu den Neuheiten zählt der Chevrolet Corvette, dessen Prototyp gezeigt wird. Der offene Zweisitzer in strahlendem Polo White mit Innenausstattung in Sportsman Red wird vor einer Fotorückwand von New Yorks Skyline mit Blick auf den Hudson River präsentiert. Der neue Chevrolet-Sportwagen steht zusammen mit anderen Modellneuheiten und Studien für das übergeordnete Thema der Schau: der Verwendung von Kunststoff als innovatives Material für den Karosseriebau.
Erstmals Kunststoff-Karosserie
Der im klassischen Automobilbau lange als "schmutziger Werkstoff" geschmähte Kunststoff bietet wesentliche Vorteile gegenüber herkömmlichem Stahlblech oder sehr aufwändigem Leichtmetall. Die Corvette-Karosserie kostet nur rund ein Zehntel gegenüber dem Stahl-Pendant. Außerdem spart es Gewicht. Die Kunststoffteile der Karosserie wiegen insgesamt nur 162 Kilogramm. Weiterer Vorteil gegenüber Stahlblech: Er rostet nicht.
Die glatte und harmonisch gerundete Karosserie der Corvette kann als eine gelungene Werbung für das neuartige Material gelten. Auf den gezielten Effekten eingesetzte Chromteile werten die schlichte Erscheinung auf. Besonders auffällig sind der Haifisch-Kühlergrill mit blitzenden Zähnen aus senkrechten Elementen und die vergitterten Scheinwerfer. Besonders gelungen wirkt die chromumrandete Panoramascheibe mit an den Türoberkanten auslaufenden Leisten, die in einer Linie an den Begrenzungen der beiden Sitzmulden fortlaufen. Hinter den Sitzen lässt sich das aufgeklappte Verdeck vollständig unter einer Klappe in der Karosserie verstauen. Interieur und der Heckbereich einschließlich der integrierten Auspufföffnungen könnten auch von einem eleganten Motorboot stammen.
Wer schuf das Karosseriedesign der ersten Corvette?
Die Linie der Ur-Baureihe (1953 bis 1960) wird in vielen Darstellungen dem GM-Chefdesigner Harley Earl zugeschrieben. Er war zwar sicher letztlich für das Styling des offenen Zweisitzers verantwortlich. Aber Autoren wie die Corvette-Experte Tom Falconer und Mike Mueller nennen Earls Mitarbeiter Bob McLean als ausführenden Designer, der die Linie der ersten Corvette zeichnete. Earl gab den Anstoß zum offenen Sportwagen mit Kunststoffkarosserie und gilt daher zu Recht als "Vater der Corvette". Earl kam 1928 zu General Motors und leitete die Abteilung, die ab 1937 "Styling Section" hieß. Sein Buick Y-Job von 1938 gilt als erste Designstudie der Welt. 1958 gab er die Leitung der Abteilung an seinen "Lieblingssohn" William "Bill" Mitchell ab, ein weiterer entscheidender Formgestalter in der Corvette-Historie.
Wer war Harley Earl (1893 – 1969)?
Der Sohn eines Kutsch- und Karosseriebauers aus Hollywood war einer der ersten Automobildesigner. In den 30er-Jahren kam er nach der Entwicklung der Karosserieform für den La Salle Cadillac zu General Motors. Er baute dort die "Art and Colour Section" auf, die erste Designabteilung eines Autoherstellers. Sie wurde 1937 in "Styling Division" umbenannt. Earl setzte mit seinem Team nicht nur zahlreiche Stilelemente wie die Panoramascheibe oder Heckflossen um, sondern entwickelte auch die Arbeitsweise im Design weiter. Zum Beispiel nutzte er für die Entwicklung von Formen bereits Tonmodelle, was damals noch nicht üblich war. 1939 schuf Earl mit dem Buick Y-Job die erste Designstudie des Automobilbaus. Anfang der 50er-Jahre gab er den Anstoß zur Corvette. Er arbeitete bis zu seinem Ruhestand 1958 bei GM.
Zurück zur GM "Motorama" im Januar 1953: Am ersten Tag sollen zwischen 45.000 und 55.000 Besucher ins Waldorf Astoria gekommen sein. Neben der statischen Ausstellung aktueller Auto-Modelle im Festsaal des Luxushotels locken eine Tanzshow und eine Modenschau, in der die neuesten Kreationen des Konzerns vorgeführt werden. Insgesamt besuchten die "Motorama", die danach durch weitere US-Städte tingelte, allein 1953 rund 1,4 Millionen Gäste. Die Resonanz auf die Corvette ist dabei so gut, dass mit der Produktion Ende Juni begonnen wird.
Doch die GM-Manager trauen ihrem ersten Sportwagen keine großen Stückzahlen zu: So entsteht im ersten Jahr zunächst nur eine bescheidene Kleinserie von 300 Exemplaren. Eine Vorstellung von acht Baureihen ab der Urversion C1 bis zur aktuellen C8 Stingray scheint schlicht utopisch. Doch mit der Fiberglas-Karosserie aus 46 Einzelteilen und Technikkomponenten aus dem GM-Regal beginnt die Karriere einer Modell-Ikone des US-Sportwagens schlechthin. Die gefällige Optik mit schönen Rundungen und viel Chrom täuscht über die schüchterne Antriebstechnik und das altmodische Fahrwerk hinweg.
Der Corvette der ersten Generation haben die Konstrukteure um den späteren GM-Chef Ed Nole einen 152 PS starken Reihensechszylinder mit 3,9 Litern Hubraum spendiert. Die Basis des vorn eingebauten "Blue Flame"-Motors stammt aus dem LKW-Bau. Das Fünkchen Temperament haben sie dem Sechszylinder mit einer Zweigang-Wandlerautomatik geraubt. Das Fahrwerk besteht vorn aus je zwei ungleich langen Querlenkern und hinten aus einer Starrachse mit Längsblattfeder.
Unter den Besuchern der "Motorama" ist auch der Ingenieur Zora Arkus-Duntov. Er arbeitet damals noch für den englischen Sportwagen-Hersteller Allard, der seine Autos mit US-V8-Motoren ausrüstet, und bestreitet für die kleine Firma auch Rennen. In Le Mans 1953 startet er beispielweise mit einem 250 PS starken J2R, der von einem 5,4 Liter großen Cadillac V8 befeuert wird. Ein Motor dieses Kalibers gehört nach seinem Geschmack auch in die Corvette. Sie müsste wesentlich sportlicher mit einem größeren und leistungsstärkeren Motor auftreten. GM verpflichtet den 43 Jahre alten Arkus-Duntov, der ab Mai 1953 zur treibenden Kraft für die Baureihe wird.
Wer war Zora Arkus-Duntov (1909 – 1996)?
Seit 1953 bei GM, folgte dort bald Ed M. Nole als Chefkonstrukteur nach. Der in Belgien geborene Ingenieur mit russischen Vorfahren schloss sein Technikstudium 1934 an der TH in Berlin ab. In den 30er-Jahren arbeitete er in Frankreich und wechselte dann in die USA, wo er als Dienstleister für die Autoindustrie (u.a. Ford) sowie Rüstungsunternehmen arbeitete. Nach dem Krieg heuerte er als Ingenieur bei Sydney Allards Firma im Süden Londons an. Zwei Mal startete er für Allrad beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans. Im Sommer 1953 wechselte Arkus-Duntov dann zu Chevrolet und widmete sich mit großem Engagement der Corvette. 1954 und 1955 startete er erneut in Le Mans, beide Male in einem vom Werk gemeldete Porsche 550 Spyder. Im ersten Jahr feierte er zusammen mit seinem Teamkollegen Gonzague Olivier, einem Freund des französischen Porsche Importeurs Auguste Veuillet (Sonauto), einen Klassensieg. Bis zu seinem Rückzug aus dem Berufsleben 1975 arbeitete er für GM.
Aber nicht nur der Elan von Arkus-Duntov macht der Corvette schnell Beine. Für zusätzlichen Druck sorgt Konkurrent Ford im Jahr 1955 mit dem zweisitzigen Thunderbird. Unter der Motorhaube steckt von Beginn an ein V8 mit anfangs 4,8 Litern Hubraum, der knapp 200 PS leistet. Doch der Thunderbird, dessen Karosserie eher konventionell gezeichnet ist, wird auf komfortorientierte Fahrer zugeschnitten. Damit ist der Weg für die Corvette als einzigem US-amerikanischen Sportwagen frei. Aber die Anregung mit dem V8-Motor nimmt GM dankend auf: Noch 1955 folgt der Wechsel auf den 195 PS starken V8 mit zunächst für 4,3 Liter Hubraum, eine Konstruktion von Chefingenieur Ed Cole.
Damit ist das Corvette-Rezept vollendet: ein vorn eingebauter V8-Motor mit später bis zu sieben Litern Hubraum und zentraler Nockenwelle, viel Drehmoment, robustem Fahrwerk, Hinterradantrieb und zweisitziger Kunststoffkarosserie. Darauf stehen die Vette-Fans: viel Motor und zwei Sitze dahinter. In dieser Form hat die Corvette eine längere Tradition als der ab 1964 gebaute Porsche 911. Außerdem hat sie die Fantasie seiner Konstrukteure und Designer beflügelt.
1956 entsteht ein Rekordwagen für Daytona Beach. Daraus entsteht der Rennwagen-Typ Corvette SS (Super Sport) und 1959 der Stingray-Rennwagen, mit dem Dick Thompson 1960 den Klassensieg in der Meisterschaft des Sport Car Club of America (SCCA) gewinnt. Im Jahr darauf wird die Designstudie XP-700 "Shark" präsentiert, später auch als Mako Shark bezeichnet. Diese Arbeit von Chefdesigner Bill Mitchell trägt bereits die Grundzüge der Corvette Stingray (C2 ab 1963). Die moderne Heckpartie wird bereits für das Facelift der ersten Baureihe ab 1961 übernommen. Neben der jetzt spitz zulaufenden Form mit zwei Rundleuchten je Seite wird Front jetzt von zwei Doppelscheinwerfern und einem herkömmlichen Kühlergrill bestimmt. Dieses Modell wird auch durch den Einsatz in der US-Fernsehserie "Route 66" (CBS) bekannt.
Was kann die C2-Baureihe (1963 bis 1967) besser als der Vorgänger?
Mit der Corvette Sting Ray gelingt der Baureihe ab 1963 der Durchbruch. Die kantige Linie und die noch größeren Motoren verschaffen dem Sportwagen den Status eines echten Sportwagens. Der "Small Block"-V8 leistet mit 5,4 Litern Hubraum (327 cubic inch) in der Basisversion 250 PS mit einem Carter-Vergaser, der "Big Block" mit sieben Liter Hubraum (427 c.i.) ab 1966 bis zu 435 PS. Der leistungsstärksten Option L88 mit einem Holley-Vierfachvergaser und auf 12,5:1 erhöhte Verdichtung werden sogar 560 PS nachgesagt.
Das Fahrwerk muss diesen Leistungen angepasst werden. Zwar wird die Small Block-Version zunächst noch mit Trommelbremsen angeboten. Doch die Hinterachse weit jetzt statt der Starrachse Einzelradaufhängungen mit Längs- und Querlenkern auf. Dabei dienen die Antriebswellen als obere Querlenker. Für die Federung hinten vertrauen die Entwickler jedoch weiter auf eine Querblattfeder. Erst 1965 weichen die Trommelbremsen den innenbelüfteten Scheibenbremsen vorn und hinten. Diese Grundparameter bleiben für die nächsten Modellreihen erhalten.
Mit der C2-Baureihe wird neben dem offenen Cabriolet erstmals auch ein geschlossene Coupé-Version angeboten. Das erste Baujahr weist mit der Splitwindow-Version, also einer durch einen senkrechten Steg geteilten Heckscheibe, eine Besonderheit auf. Doch ab dem Modelljahr verschwindet dieser modische Gag. Einige Corvette-Besitzer entfernen den Steg sogar. Heute zählt eines der ursprünglich 10.594 gebauten Exemplare zu den gesuchten Raritäten der Corvette-Historie. Über den gesamten Verkaufszeittraum von 1963 bis 1967 waren die offenen Corvette-Versionen mit insgesamt 72.418 Cabriolets die wesentlich beliebtere Variante (Coupé: 45.546).
Was war die Corvette Grand Sport (1963)?
Mit dieser Bezeichnung entwickeln GM-Ingenieure mit Zora Arkus-Duntov als Motivator eine Rennversion der C2-Corvette, die nach erfolgreicher Homologation 1963 als GT vor allem gegen die AC Cobra eingesetzt werden soll. Da das bereits homologierte Corvette-Modell zu stark modifiziert werden muss, ist ein Homologation Special erforderlich, also ein speziell für den Renneinsatz und in der erforderlichen Stückzahl von mindestens 100 Exemplaren aufgebautes Auto. Die Grand Sport ist wesentlich mit einem Leergewicht von unter 900 Kilogramm leichter als das Basismodell und wird GM-intern als Leichtbauversion der Corvette bezeichnet. Damit umgehen die Entwickler die Genehmigung des GM Engineering Policy Committee. Dieses strenge Gremium hätte bei einer Neuentwicklung ihren Segen geben müssen.
Neben zahlreichen Leichtbaumaßnahmen erhält diese Renn-Corvette eine Scheibenbremsanlage. Der Leichtmetall-V8 verfügt über 6,2 Liter Hubraum und leistet mit speziellen Duntov-Zylinderköpfen rund 550 PS. Doch es werden nur fünf Grand Sport gebaut. Der GM-Chef Ralph Donner stellt sich gegen ein Motorsportengagement von Chevrolet. So wird die Grand Sport trotz einer Starterlaubnis für das 24-Stunden-Rennen von Le Mans 1963 zurückgezogen. Sie werden nur bei einigen US-Rennen eingesetzt. So gewinnt Dick Thompson beispielsweise im August ein Rennen in Watkins Glen. Dann fällt die Entscheidung zum Einsatz bei der Bahamas Speed Week gegen die AC Cobra.
Insgesamt drei Grand Sport werden im GM Tech Center weiterentwickelt. Der jetzt rund 650 PS starke V8 wird von einer Benzineinspritzung auf vier Weber-Vergaser umgerüstet und mit einem Fächerkrümmer ausgestattet. Außerdem werden sie auf wesentlich breitere Reifen gestellt, die Kotflügelverbreiterungen erfordern. In dieser Form unterscheiden sie sich in wesentlichen Punkten von der ursprünglich von der Motorsporthoheit FIA technisch abgenommenen GT-Version. Die von John Mecom Jr. eingesetzten Autos gewinnen auf den Bahamas im Dezember sowohl den Governors Cup als auch die Nassau Trophy. Danach wird das Projekt endgültig gestoppt.
Die drei Coupés werden an die Teamchefs John Mecom jr. und Jim Hall verkauft, die beiden zu Targaversionen umgebauten Grand Sport 1966 an Roger Penske.
Was zeichnet die C3-Baureihe (1968 bis 1983) aus?
Auch bei der dritten Corvette-Generation gibt eine Konzeptstudie den Vorgeschmack auf die nächste Corvette-Generation. Im April 1965 sorgt der Mako Shark II (intern XP-830) in New York und im Oktober nochmal in Paris für Aufsehen. Die Form wirkt muskulöser und brachialer als die der Vorgänger. Hinter der spitzen Frontpartie zeichnen sich die Bögen der Kotflügel deutlich ab. Auf der Höhe der verjüngt sich die Seitenlinie und steigt mit einem ausgeprägten Hüftschwung wieder an. Beim Coupé erinnert der zum Heck geschwungene Verlauf der B-Säule mit weit eingebetteter stehender Rückscheibe der ersten C3-Version an das Pininfarina-Design beim Ferrari 250 GTO’64.
Auch wenn der Zweitürer wegen seiner Erscheinung viel größer wirkt: In der Länge ist er gegenüber dem Vorgänger nur um 19 Zentimeter gewachsen. Dafür misst er in der Höhe fünf Zentimeter weniger.
Durch die neue, expressiv geschwungene Seitenlinie erhält diese Baureihe auch ihren Beinamen "Coke-Bottle-Shape". Dieses Design stammt von David Holls. Erstmals sind die meisten Corvette-Exemplare einer Generation geschlossene Versionen. Das Cabriolet kann nach der Verschärfung der US-Sicherheitsbestimmungen nur bis 1975 gebaut werden. Bis dahin entstehen 70.856 offene Vetten. Für Frischluftfans bleibt ab dann nur noch das T-Top-Coupé, bei dem zwei Dachhälften entfernt werden können. Bis zum Baujahr 1972 kann zusätzlich die Heckscheibe herausgenommen werden.
Die C3-Generation bietet auch den größten Big-Block-V8 der Corvette-Historie: 7,4 Liter Hubraum ist dieses Triebwerk groß. Es wird von 1970 bis 1974 angeboten. Stärkster V8 ist der ZL1, der bereits aus der C2 bekannte L88 mit Leichtmetallblock und geänderten Motorteilen. Dieser Motor leistet 550 SAE-PS und wird nur handverlesenen Kunden anvertraut.
Zum 25-jährigen Corvette-Jubiläum präsentiert Chevrolet ein umfangreiches Facelift. Die deutlichste Veränderung erfährt die Heckpartie mit Fließheck und Glaskuppel. Auch der Innenraum wird überarbeitet und bietet neben einem geänderten Armaturenbrett mit neuen Instrumenten mehr Platz für Fahrer und Beifahrer. Um das Jubiläum zu würdigen, bietet Chevrolet eine Silver Anniversary Corvette mit Zweifarblackierung an. Mit 185 PS starken 5,4-Liter-Smallblock kostet sie in Deutschland 37.286 Mark. 1981 wird das Material der Querblattfeder an der Hinterachse geändert: Sie besteht jetzt aus GFK und wiegt nur noch vier Kilogramm. Außerdem hält sie fünf Mal länger als das Stahlpendant.
Die modernisierte C3 ab 1978 beschert dem Sportwagen auch seinen erfolgreichsten Produktionsjahr. 1979 werden insgesamt 53.807 Exemplare gebaut. Bis zum Fertigungsende im Oktober 1982 rollen insgesamt 542.861 Corvettes in den Werken St. Louis und ab 1981 auch in Bowling Green vom Band. Für die neue, ab 1983 gebaute C4-Generation wandert die Produktion vollständig in das Werk im US-Bundesstaat Kentucky.
Was kann die C4-Generation (1983 bis 1996)?
Die US-Autogazette "Road &Track” ist die Bibel der amerikanischen Autofans und beseelt regelmäßig die Corvette-Gemeinde: "Die Corvette ist ein Live-Konzert. Dagegen wirkt ein High Tech-944 Turbo wie eine hochwertige CD-Scheibe". Mit diesem Zitat schließt Wolfang König seinen Testbericht der C4-Corvette von 1986. Trotz aller Modernisierung gilt der einzige wahre amerikanische Sportwagen immer noch als Spross der alten Schule. Doch mit jeder Generation wagt er sich ein Stück weiter aus dem Windschatten von Ferrari, Porsche und Jaguar. So sehen es die Europäer, die die Corvette lange nicht für voll nehmen.
Doch die erste Sitzprobe stellt puritanische Corvette-Jünger auf eine harte Probe: Statt schöner analoger Anzeigen fallen dort teuflisch flackernde Digitalziffern ins Blickfeld. Also erstmal raus aus dem Cockpit, um einen Blick in den Motorraum auf den V8 zu werfen. Dabei fällt sofort auf, dass sich die Haube über den gesamten Vorderwagen erstreckt und zum Öffnen nach vorne schwenken lässt. Das Fahrwerk ist komplett neuentwickelt. Vorn sind die Räder an je zwei Dreieckslenkern aufgehängt, hinten arbeitet eine Fünflenker-Hinterachse. Alle Lenker bestehen aus Leichtmetall, die Querblattfedern vorn und hinten aus Kunststoff. Neu ist auch die teilwiese Verwendung von Leichtmetall beim Kastenrahmen, um auch hier überflüssige Pfunde einzusparen.
Neben dem Leichtbau haben die Entwicklungsingenieure auf eine bessere Aerodynamik gesetzt. Auffälligste Maßnahme: die mit 64 Grad starke Neigung der Windschutzscheibe. Zum Modelljahr 1991 wird die Karosserie für ein Facelift überarbeitet und wirkt jetzt noch sachlicher. Ein Jahr zuvor feiert das neue Topmodell ZR-1 Premiere. Äußerlich fallen die 17-Zoll-Räder wie auch das um 11 Zentimeter breitere Heck auf. Unter der Haube steckt ein komplett neuentwickelter V8-Leichtmetallmotor mit zwei obenliegenden Nockenwellen. Die Eckwerte 385 PS und ab dem Modelljahr 1993 sogar 411 PS und einem Drehmoment von 522 Nm. Den Sprint von 0 auf 100 km/h erledigt der ZR-1 in 4,4 Sekunden. Wem das noch nicht reicht, wird im Angebot von Tuner Reeves Callaway fündig.
Doch für die Anhänger der Viel-Motor-und-zwei-Sitze-Fraktion bitte auch schon die bravere Corvette C4-Varianten reichlich Corvette-Faszination. Als passende Motorisierung wird der ab 1991 angebotene LT1-Smallblock empfohlen. Dieser 5,7-Liter-V8 leistet 300 PS. Das ab 1989 ohne Aufpreis erhältliche Sechsganggetriebe von ZF gilt als gute Wahl. Von der C4-Gneration gibt es endlich auch wieder ein Cabriolet.
Die Corvette als Klassiker: Wie sind die Preise, wie ist die Lage bei der Ersatzteilversorgung?
Gerade für Exemplare der älteren Baureihen sind die Preise weiter relativ hoch. Doch schon mit der C4 lässt sich die Faszination Corvette genießen. Sie bieten mit Preisen um 20.000 Euro für eine offene Version viel Auto fürs Geld. Doch Vette-Puristen sprechen eher die Vorgänger-Baureihen an. Die Versorgung mit Technikteilen gilt als sehr gut, allerdings kann es je nach Modell bei Karosserieteilen oder der Innenausstattung wie bei vielen anderen Klassikern auch Versorgungslücken geben.