BMW Z3 M Roadster und Mercedes-Benz SLK 32 AMG
Zwei Sechszylinder-Roadster aus den 90er-Jahren im Vergleich
Schmale Straßen und kompakte Roadster mit sechs Zylindern – die ideale Kombination für einen grandiosen Spätsommertag. BMW Z3 M Roadster und Mercedes-Benz SLK 32 AMG im Fahrbericht.
30.08.2020 Kai KlauderKurz hinter der Kuppe hat er verloren, der gemächlich dahinpröttelnde 40-Tonner. Ein kleiner Schwenk zur Seite, der Blick offenbart freie Bahn. Wenige Millimeter Druck auf das Gaspedal, die Wandlerautomatik schaltet drei Stufen runter – und ein Schub setzt ein, als ob Apollo 7 gerade ihr Triebwerk gezündet hätte. Die saftig grünen Wiesen fliegen rechts und links vorüber, der Lkw verschwindet blitzschnell im Rückspiegel, der Magen findet nach wenigen Sekunden seine ursprüngliche Position, und das Adrenalin verteilt sich genüsslich in der Blutbahn.
Einer von 4.333 Mercedes SLK 32 AMG
Ach ja, ich bin in einem SLK 32 AMG unterwegs. Und zwar einem besonderen, denn der Zweithandwagen von Konrad Frank befindet sich im perfekten Neuzustand. Als Jahreswagen mit 15.000 Kilometern auf der Uhr gekauft, wurde er von Frank in den letzten 16 Jahren nur durchschnittlich etwas über 1.250 Kilometer pro Jahr gefahren. Nach diesem Spektakel eben eigentlich unverständlich, doch der pensionierte Kfz-Meister kann noch auf weitere PS-starke Fahrzeuge zurückgreifen. Dass es 2003 einer der nur 4.333-mal gebauten SLK 32 AMG würde, war lange nicht ausgemacht, denn die Entscheidung fiel zwischen einem SLK 230 mit schon recht munteren 193 PS (der stärksten Motorisierung bis 2000) und eben dem SLK-Topmodell mit 354 PS, das 2001 auf den Markt kam.
"Der Unterschied betrug damals 10.000 Euro, aber ich habe gedacht, den gönn’ ich mir", erinnert sich Frank, der übrigens keineswegs an eine Marke gebunden ist. Er fährt neben dem Mercedes auch BMW und Opel. "Doch als ich den SLK bei seiner Vorstellung auf der IAA sah, wusste ich: Das wird mein Auto."
SLK mit Sechszylinder-Kompressor
Und auch nach 16 Jahren noch begeistert ihn die Kraft des mittels Kompressor aufgeblasenen V6. Bisher durfte seinen SLK niemand sonst bewegen, ich bin der Erste und taste mich vorsichtig heran, dann nach Aufforderung auch mit Schmackes und Kick-down-Einlagen (es gab nur Automatik), die prompt mit einem unbändigen Nach-vorne-Schnalzen quittiert werden. Egal in welchem Drehzahlbereich sich der Motor gerade aufhält, die Reaktion ist immer dieselbe: wie mit der Zwille nach vorn katapultiert. Was dabei überrascht und gefällt, ist das passend abgestimmte Fahrwerk. Es bügelt trotz des kurzen Radstands von 2,4 Metern selbst tief liegende Kanaldeckel weg, ohne dass die steife Karosserie knarzen oder ein Federbein durchschlagen würde.
Komfortabel lässt es sich mit der Fünfgang-Wandlerautomatik dahingleiten, denn nach wenigen Kilometern weiß man, dass der Sport-Modus auf den schmalen oberbayerischen Straßen gar nicht nötig ist. Die präzise Lenkung folgt jedem kleinen Richtungsbefehl, die gute Übersichtlichkeit lässt schon nach kurzer Zeit ein vertrautes Gefühl aufkommen.
M3-Motor im BMW Z3
Für dieses Gefühl benötigt man im BMW M Roadster etwas länger, doch durch die Fahrt von BMW Classic in München bis Tuntenhausen, wo der SLK beheimatet ist, habe ich mich an den Top-Z3 gewöhnt. Offiziell hat der mit dem M3-Motor gepimpte M Roadster das Z3-Kürzel abgelegt, inoffiziell ist er mit dem Baureihennamen E36/7 der dritten 3er-Reihe zugeordnet. Von dieser hat er auch die Top-Motorisierung des M3 übernommen: den 321 PS starken Reihensechszylinder mit Einzeldrosselklappen – ein motorisches Kleinod.
S50-Reihensechser dreht bis 7.600/min
Reden wir nicht lange über den grandiosen S50-Reihensechser, sondern fühlen ihm auf den Zahn. Schon im Stand entlässt die Vierrohr-Auspuffanlage ein zorniges Röhren, das sich im Laufe der Drehzahlleiter zu einem immer lauteren Trompeten steigert. "Zornig", das trifft den Charakter des M3-Motors – er will gedreht werden, braucht den fordernden Fahrer, der die Drehzahlmessernadel auch gerne über 7.000/min schnellen lässt.
Dabei verblüfft, wie lässig der S50 bis in den Begrenzer bei 7.600/min rennt, ohne es dem Fahrer krummzunehmen. Ganz im Gegenteil, der M Roadster verlangt danach: Das Fahrwerk kompromisslos hart abgestimmt, die Sitze knapp über dem Asphalt. Man muss selbst in Oberbayern nach Kurven suchen, in denen der M an seine Grenzen gerät. Mit ihm gelingt sportliches Fahren perfekt: Nicht wie schnell man in die Kurve hineinfährt, ist entscheidend, sondern wie schnell man herausfährt.
Der 22 Jahre alte BMW vermag dabei noch heute Bestmarken zu setzen. Die Lenkung ist noch präziser als beim SLK, vom knackigen Fünfgang-Schaltgetriebe braucht man beim Landstraßenjagen nur die Gänge zwei und drei – es fühlt sich an wie Kartfahren. Von Komfort will der BMW hingegen nichts wissen, er verlangt seinem Fahrer viel ab – und klopft ihn mit der Zeit weich. Ja, M Roadster fahren ist anstrengend, bringt jedoch pure Lebensfreude.
Wer nach dem Kurvenräubern entspannen möchte, steigt in den AMG um, der sein dumpfes V6-Grollen je nach Pedalstellung von dezent bis kehlig intoniert. Was in ihm steckt, erfährt der M-Fahrer erst, wenn der AMG an ihm vorbeizieht. Beeindruckend sind beide.