BMW M3 E30 von 1988
Ist dieser Ur-M3 wirklich 250.000 Dollar wert?
Auf der US-Plattform "Bring a Trailer" wechselte gerade ein BMW M3 E30 für einen exorbitant hohen Preis den Besitzer. Doch wie kommt die Summe zustande?
23.07.2020 Thomas HarloffFür einen guten BMW M3 der ersten Generation (E30) kann man durchaus zwischen 50.000 und 70.000 Euro zahlen heutzutage. Für einen sehr guten auch etwa 80.000 Euro. Und die begehrten Sonderserien – zum Beispiel Cecotto oder Sport Evolution – werden locker über 100.000 Euro gehandelt. Die 250.000 Dollar (aktuell gut 216.000 Euro), die nun auf der US-Oldtimer-Verkaufsplattform "Bring a Trailer" für einen Ur-M3 gezahlt wurden, sprengen dennoch den Rahmen. Wie heftig, veranschaulicht diese Grafik:
Sie zeigt: Bisher übersprang nur ein – zum Jahresbeginn 2018 verkaufter – BMW M3 die Hürde zur Dollar-Sechsstelligkeit. Und nun, ganz plötzlich und mitten in der Corona-Krise, verzweieinhalbfacht das hier vorgestellte Exemplar den bisherigen Rekord mal eben. Klar, das Auto befindet sich in einem perfekten Zustand und hat gerade einmal 8.000 Meilen (knapp 12.900 Kilometer) auf dem Tacho stehen. Aber es ist dann eben doch nur ein "ganz normaler" M3 E30 und eben keines der Sondermodelle vom Status des Heiligen M3-Grals.
Außen, innen, unten – überall top
Letztlich muss es wohl so gewesen sein, dass der Käufer dieses laut Anbieter unfallfreie Exemplar unbedingt haben wollte. Kann man ja auch verstehen, schließlich sieht die in Zinnoberrot lackierte Karosserie aus wie bei der Erstauslieferung im Jahr 1988. Auch der Innenraum mit Leder in hellem Beige macht einen hervorragenden Eindruck. Und der Unterboden trägt teilweise dicke Konservierungsschichten. Kein Wunder, dass in keiner Ecke Rost zu entdecken ist.
Zudem ist die Historie des Autos genau belegt. Nachdem der in Kalifornien lebende Erstbesitzer Mitte der Neunzigerjahre starb, wurde der M3 innerhalb der Familie weitergegeben. Die Erben wussten wohl, welch ein Schatz ihnen da überlassen wurde: Sie bewahrten diesen in einer Garage auf und fuhren ihn nur selten aus. 2010 wurde der BMW an den letzten Besitzer verkauft, der ihn nach Missouri überführte und weiter penibel pflegte. Im April 2020 erhielt er einen letzten großen Service.
Mit den Spoilerlippen des Sport Evolution
Zu etwas Besonderem – zumindest in Ansätzen – macht den M3 auch seine Ausstattung. Er erhielt ab Werk die Extra-Spoilerlippen des Sport Evolution an Front und Heck und verfügt außerdem über elektrische Fensterheber, Tempomat, Kassettenradio und Klimaanlage. Der E30 ist zudem achtfach bereift: Aktuell steht er auf den klassischen 15-Zoll-Kreuzspeichenrädern samt Dunlop Direzza-Bereifung. Ein zweiter Satz mit passenden Goodyear Eagle-Pneus liegt aber bei.
Es steht jedoch zu befürchten, dass jemand, der 250.000 Dollar für einen BMW M3 E30 auf den Tisch legt, das Auto eher in seine Sammlung stellt als über die Rennstrecke jagt. Dem 195 PS und maximal 230 Newtonmeter starken 2,3-Liter-Vierzylinder droht also eine eher von Langeweile geprägte Zukunft. Dabei ist der Antrieb mit Getrag-Fünfgang-Schaltgetriebe und Sperrdifferenzial an der Hinterachse doch prädestiniert, massenweise Fahrspaß zu generieren. Aber manch einer begreift klassische Sportwagen eben eher als Wertanlage denn als Fahrzeug. Selbst wenn sie nur 1,2 Tonnen wiegen, in 7,8 Sekunden von Null auf Tempo 100 sprinten und wenn nötig 237 km/h fahren.