BMW-Glas 3000 V8 Fastback Coupé Prototype von 1967
209.300 Euro für geheimes Einzelstück
Auf den ersten Blick sieht diese Frua-Studie aus wie ein Mix aus Audi Coupé und Monteverdi High Speed, auf den zweiten Blick fällt die BMW-Niere an der Front auf. Tatsächlich handelt es sich um eine Frua-Studie auf Glas-Basis. Jetzt wurde das Einzelstück verkauft.
07.02.2020 Dirk JohaeIm Rahmen der Rétromobile in Paris bietet das britische Auktionshaus Bonhams ein Einzelstück an: Den BMW-Glas 3000 V8 Fastback Coupé Prototype baute Frua 1967 nur ein Mal und zeigte das Auto auf diversen Messen – ohne vorher mit BMW über das Projekt zu sprechen. Mit einem Ergebnis von 209.300 Euro (inklusive Aufgeld) wurde der Schätzpreis nicht ganz erreicht: Die Studie eines Fließheck-Coupés sollte zwischen 250.000 und 350.000 Euro kosten. Die Rarität ist ein Zeitzeuge für einschneidende Entwicklungen der Automobilindustrie in den 1960er-Jahren.
Audi-Ähnlichkeit, aggressiver Blick
Aus der Ferne könnte man den eisblauen Zweitürer für ein Audi 100S Coupé halten. Oder ist das etwa ein Monteverdi High Speed 375 S? Doch aus der Nähe sticht die kleine, grazile BMW-Niere ins Auge, vor allem aber der "böse Blick" der beiden Doppelscheinwerfer. Diese markante Optik wird durch eine tiefgezogene, obere Kante der Frontpartie erzeugt. Unter der langen Motorhaube steckt ein drei Liter großer Achtzylinder von Glas. Die Technik des Fließheckcoupés stammt vom Glas 3000 V8, der wegen der markanten Karosserie in Anlehnung an den Maserati Quattroporte I inoffiziell als "Glaserati" bezeichnet wurde.
Die Karosserien der beiden Kleinserien-Coupés von Monteverdi und Glas schuf der italienische Karosseriegestalter Pietro Frua (1913 bis 1983). Der deutsche Autohersteller aus Dingolfing war seit 1963 einer seiner wichtigsten Kunden. Als BMW die bayrische Firma übernahm, war das ein schwerer Schlag für Frua und sein Turiner Unternehmen. Doch der Designer gab die Hoffnung auf eine Fortsetzung der Zusammenarbeit nicht auf. Bei der Frankfurter IAA im September 1967 sorgte der Italiener für eine große Überraschung.
Ein bisschen Glaserati, viel Monteverdi
Auf seinem Stand präsentierte Frua ein neues Fließheckcoupé auf Basis des BMW-Glas V8, allerdings ohne mit BMW vorher darüber zu reden: "Frua hatte diesen Wagen in aller Heimlichkeit gebaut – vielleicht will er damit beweisen, dass er auch Autos von schlichter Schönheit bauen kann", schrieb auto motor und sport Ende September 1967 in Ausgabe 20. Die Form der Coupé-Studie zeigte starke Ähnlichkeiten mit dem Monteverdi High Speed 375 S, der ebenfalls auf der IAA 1967 präsentiert wurde. Diese Ähnlichkeit ist kein Zufall: Der Frua-Experte Stefan Dierkes hütet die erste 1:1-Zeichnung des BMW-Glas in seinem Archiv. Darauf hatte der Designer handschriftlich vermerkt: "derivato da dis. 793" – Ableitung von Zeichnung 793, sein Entwurf für das Monteverdi-Coupé.
Zur Premiere in Frankfurt merkte auto motor und sport an: "Ob Frua mit seiner Hoffnung auf eine kleine Serie bei BMW Gegenliebe findet, ist zweifelhaft." Trotz einer anschließenden Tournee über die Pariser Automesse im Oktober 1967, den Automobilsalon in Genf 1968 und die Automesse in Barcelona 1969, blieb die Glaserati-Evolution von Frua ein Einzelstück. BMW schrieb seine eigene Coupé-Geschichte ab Dezember 1968 mit dem eleganten CS (E9) fort. Chefdesigner Wilhelm Hofmeister vertraute auf die Sympathie für die klassische Stufenheckform. Als Triebwerke dienten die berühmten Sechszylinder-Reihenmotoren der Baureihe M30 mit Leistungen zwischen 150 und 206 PS.
Zuletzt nicht verkauft
Frua verkaufte seine Studie mit der Chassisnummer V-1471 nach der letzten Ausstellung in Barcelona, wo das Coupé in roter Lackierung präsentiert wurde, an einen spanischen Sammler, der das Auto über zwanzig Jahre lang in seiner Sammlung hütete. Danach ging es durch mehrere Hände. Im Jahr 2000, so berichtet Frua-Kenner Dierkes, habe sich sogar BMW Classic für das Einzelstück interessiert, doch wegen des schlechten Zustands vom Kauf Abstand genommen.
Im Mai 2015 tauchte der BMW-Glas 3000 V8 Fastback Frua nach einer Restaurierung der Technik in der Auktion von RM in der Villa Erba auf. Bei einem Schätzwert von 380.000 bis 480.000 Euro erhielt das Einzelstück keinen Zuschlag. Offenbar fand es aber danach einen neuen Besitzer. Knapp fünf Jahre später steht das Auto erneut zum Verkauf. Am 6. Februar stand er im Angebots-Fuhrpark von Bonhams im Pariser Grand Palais, diesmal mit einem Estimate von 250.000 bis 350.000 Euro. Der Höchstbieter bezahlte inklusive Aufgeld 209.300 Euro.