BMW 3.0 CSi (E9) Neuaufbau in 6 Jahren

Traumwagen mit Turbinen-Triebwerk

Tolles Design und Jahrhundertmotor: Der BMW 3.0 CSi ist ein Klassiker für Kenner. Dirk Löhmer baute seinen in 6 Jahren neu auf. Er holte sich alte Hasen an Bord, die schon früher an den schnellen Coupés schraubten.

BMW 3.0 CSi (E9), Frontansicht Foto: Fact 15 Bilder

Mag sein, dass auf Kaffeekränzchen eher unerhebliche Informationen ausgetauscht werden, aber nicht immer. Denn genau bei einer solchen Gelegenheit erhielt Dirk Löhmers Schwiegermutter einen interessanten Hinweis. Eine ältere Dame erzählte von einem in einer Tiefgarage abgestellten alten Auto, das ihrem verstorbenen Lebensgefährten gehört hatte.

Als Dirk Löhmer davon erfuhr, spitzte er neugierig die Ohren. Der Liebhaber von Old- und Youngtimern, der auch schon mit einem Bericht über die Restaurierung seines VW Scirocco Serie 1 im Youngtimer-Heft von Motor Klassik vertreten war, wollte der Sache unbedingt auf den Grund gehen. Doch das erwies sich als schwierig.

Erstbesitzer des 1972er BMW 3.0 CSi war ein Pilot

Denn die ältere Dame aus Hannover hatte offenbar noch gar nicht daran gedacht, sich von dem BMW 3.0 CSi zu trennen. „Mit dem Auto waren für sie sehr viele wichtige Erinnerungen verknüpft“, erklärt Löhmer, aber das erfuhr er erst später. Zunächst dauerte es eine Weile, bis er überhaupt einmal den Kontakt zu der Dame fand, die sich anfangs eher abweisend zeigte. Doch Löhmer gab nicht auf, und seine Mühe sollte sich lohnen.

Der Lebensgefährte der Dame war einst Flugkapitän bei der Lufthansa gewesen. Während er über den Wolken einen Jumbo Jet genannte Boeing 747 pilotierte, hatte er sich für seine erdgebundenen Touren 1972 einen neuen BMW 3.0 CSi gekauft, den er bis zu seinem Tod behielt. Allerdings konnte er die letzten Jahre sein Auto aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr bewegen, weshalb das Coupé meist in der Tiefgarage weilte – aber stets angemeldet.

So stand Löhmer nun vor einem BMW 3.0 CSi der Baureihe E9 aus erster Hand mit 138.000 Kilometern auf der Uhr. Der Motor startete willig, und Löhmer fuhr den Wagen ans Tageslicht. Der reizvoll patinierte, unverbastelte Innenraum faszinierte ihn sofort. „Zuvor hatte ich mich mit BMW nie so intensiv beschäftigt, aber in diesem Augenblick gefiel mir die Form richtig gut“, erinnert er sich. Doch trotz aller Begeisterung meldete sich der Realist in ihm, und der sah etliche Roststellen an der Karosserie.

Anhand von Fotos und Dokumenten seiner Oldtimer, darunter eine frühe Corvette und eine Mercedes Pagode, hatte er der Dame klargemacht, dass er kein Händler war und keine kommerziellen Interessen verfolgte. Damit nun auch der Kauf und die Preisgestaltung für alle Beteiligten transparent wurden, fuhr er den BMW 3.0 CSi zur Werksniederlassung in Hannover, wo er einen BMW-Classic-Experten zurate zog.

Die Suche nach BMW E9 Experten

Endlich, sechs Monate nach dem eingangs erwähnten Kaffeekränzchen, wurde Löhmer zum zweiten Besitzer des BMW 3.0 CSi. Sofort startete er mit der Planung der Restaurierung. Damit diese möglichst perfekt ausfällt, vertiefte sich Löhmer mit großem Engagement in die BMW-Szene, um sich ein Kompetenz-Netzwerk aufzubauen: „Für mich war es wichtig, dass die alten Hasen, die sich mit solchen Autos und dem Handwerk auskennen, dabei sind.“

Einer von ihnen heißt Kurt Bekemeier, ein Technikspezialist, den Löhmer schon durch die Restaurierung seiner anderen Autos kannte. Die Firma Bekemeier hatte gerade in Hille bei Minden eine große Werkstatthalle gebaut. Dort sollten alle weiteren Arbeiten stattfinden, nachdem Löhmer das BMW 3.0 CSi Coupé in seiner Garage bis auf den Antrieb und die Achsen demontiert hatte. Allerdings wollte er auch selbst mitarbeiten, soweit es seine Fähigkeiten erlaubten

Der 3.0 CSi kämpfte schon sehr früh mit Rost

Zunächst wollte er die Karosserie des BMW 3.0 CSi chemisch entlacken lassen. Nach längerer Suche fand er einen geeigneten Betrieb in Bad Salzuflen, wohin er die mittlerweile vollständig entbeinte Karosse brachte. Was letztlich zum Vorschein kam, wirkte ein wenig überraschend, denn der BMW war stets von einer Vertragswerkstatt betreut worden. Offenbar hatte das BMW-Kleid schon sehr früh mit Rost zu kämpfen gehabt. Mehrfach übereinander geschweißte Bleche und viel Spachtelmasse belegten, dass hier keine fachkundigen Karosseriebauer am Werk gewesen waren. Oder man hatte sich damals entschieden, den Wagen möglichst kostengünstig am Leben zu halten.

Auf jeden Fall standen an dem BMW 3.0 CSi umfangreiche Blecharbeiten an. Löhmer konnte dafür einen sehr erfahrenen Karosseriebauer im Ruhestand gewinnen, der allerdings krankheitsbedingt immer nur wenige Stunden am Stück arbeiten konnte, weshalb sich allein die Blecharbeiten über neun Monate hinzogen.

Natürlich sollte alles so originalgetreu wie möglich werden, weshalb sich Löhmer besonders freute, als er auf ein passendes Referenzobjekt stieß, ein nur 12.000 Kilometer gelaufenes Originalauto, einst gefahren von Wilhelm Karmann. Dieser BMW 3.0 CSi gehört zum Bestand des Karmann-Museums, wo übrigens Löhmers restaurierter Scirocco zu bewundern ist. An Karmanns E9 dokumentierte Löhmer alle originalen Spaltmaße, die Lage der Schweißpunkte, wo genau der Steinschlagschutz aufgetragen ist und vieles mehr.

So originalgetreu wie möglich

Natürlich sollten auch möglichst Originalteile verwendet werden. So stöberte er den Spezialisten Christian Wille bei Hamburg auf, von dem er Teile wie Kotflügel, Motorhaube, Radhäuser, Reserveradmulde, Türhäute, Schweller etc. ordern konnte. Die Schweller seines BMW 3.0 CSi hat er übrigens unter fachkundiger Anleitung selbst eingeschweißt, ansonsten teilte ihn der Karosseriebauer stets zu Hilfsarbeiten ein. Endlich war das Thema Blech erledigt, doch an manchen Stellen hatte sich schon wieder Flugrost gebildet. Also kam die Karosse wieder ins Entlackungsbad, und dann wurde sie umgehend nach Geeste ins Emsland geschafft, wo sie in den Genuss einer kathodischen Tauchlackierung kam.

Kurt Bekemeier kümmerte sich derweil um den Sechszylindermotor des BMW 3.0 CSi. Der war noch in relativ gutem Zustand, allerdings wurden der Zylinderkopf komplett überholt, die D-Jetronic gecheckt und defekte Teile wie etwa der Zusatzluftschieber erneuert. Das Getriebe war ebenfalls noch okay, aber die Kupplung musste erneuert werden.

Hoher Arbeitsaufwand für Restaurierung des Fahrwerks

Viel Arbeit floss in die Überholung des BMW 3.0 CSi-Fahrwerks. Metallene Achsteile wurden entrostet und pulverbeschichtet, alle Verschleißteile der Radaufhängung sowie etliche Teile der Bremsanlage erneuert. Selbst die homokinetischen Gelenke der Antriebswellen hat Löhmer zerlegt, gereinigt, geprüft und wieder montiert. Das komplett erhaltene Interieur wurde vorwiegend aufgearbeitet, um die Patina zu erhalten. Ein Sattler erneuerte lediglich die Bezüge der Vordersitze und den Dachhimmel. Die Abdeckungen im Kofferraum ersetzte Löhmer selbst.

Rund zwei Jahre dauerte es, bis der BMW 3.0 CSi wieder wie ladenneu auf die Straße rollte. Eine der ersten Fahrten führte zu jener Dame, von der Löhmer das Auto gekauft hat. Er chauffierte sie dann gemeinsam mit einem Freund des Erstbesitzers durch Hannover, und es war unschwer zu sehen, wie Erinnerungen an frühere Zeiten wieder wach wurden. Beim nächsten Kaffeekränzchen haben sie bestimmt davon erzählt.