BMW 5er 35 Jahre im Isar-Schlamm

Wasserleiche zu kuriosem Preis versteigert

Der nach 35 Jahren im Schlamm aus der Isar gezogene BMW 520i ist versteigert. Der kuriose Endpreis wird dem Modell und der vielbesuchten Auktion mehr als gerecht.

BMW 5er E12 Wasserleiche Dingolfing Foto: Torsten Seibt 78 Bilder

Fast 30.000 mal wurde die Auktionsseite auf zoll-auktion.de während der vergangenen Wochen besucht. Jetzt ist die Versteigerung beendet. Der BMW 5er E12, der vermutlich 35 Jahre lang als automobile Wasserleiche auf dem Grund der Isar lag, bekommt einen neuen Besitzer. Der Endpreis für den rund 50 Jahre alten BMW 520i: 520 Euro.

Der Höchstbietende muss das Wrack nun abholen, denn der Versand ist genau wie eine Gewährleistung ausgeschlossen. Auch ein Rückgaberecht bei zu später Einsicht gibt es nicht.

Ob das Versteigerungsobjekt seine nächsten 35 Jahre nun als Restaurationsbasis oder als Museumsstück verbringt, ist noch unklar. Ebenso ist uns auch der neue Besitzer noch nicht bekannt. Irgendetwas passieren muss auf jeden Fall mit dem Fundstück. Schließlich besteht nun Abholpflicht für den nicht fahrtüchtigen 5er.

Vor Ort beim Wrack

Schon vor der Auktion schloss die Polizei die Halter-Ermittlungen am Objekt ab. Nachdem auch in unseren Redaktionskonferenzen lebhaft über eine mögliche Restaurierung der rätselhaften Wasserleiche diskutiert wurde, war klar, dass wir uns das Objekt einmal ganz aus der Nähe bei einem Vor-Ort-Termin ansehen müssen. Bis zur Abholung des Wracks durch den neuen Besitzer steht der Oldtimer auf einem Betriebsgelände des Wasserwirtschaftsamtes Landshut.

BMW 5er E12 Wasserleiche Dingolfing Foto: Torsten Seibt
Da leuchtet erst mal nichts mehr, aber die Gläser der charakteristischen Doppelscheinwerfer sind noch intakt.

Für 35 Jahre unter Wasser in Schlick und Schlamm sieht der alte 5er aus ein paar Meter Abstand noch recht passabel aus. Die Sommerhitze der vergangenen Tage hat den allgegenwärtigen "Baaz" durchgetrocknet, ein befürchteter Geruch nach Terror und Verderben ist glücklicherweise nicht zu bemerken. Je mehr ich mich dem Gerät allerdings nähere, desto lauter wird das "Ui-ui-ui..." in meinem Kopf und die Gewissheit, dass man für die Restaurierung dieses Schmuckstücks besser mehr als zwei-drei Tage einplanen sollte.

Spinnen fanden neue Heimat

Die Motorhaube lässt sich knarzend öffnen und gibt den Blick ins Maschinenabteil frei. Eine Spinne hat sich erfreut das Luftfiltergehäuse als neue Heimat ausgesucht, der rote Lüfterflügel leuchtet aus der hellbraunen Umgebung hervor. Die Kontrolle des Ölstands überlasse ich dem Ersteigerer mitsamt dem Rätsel, was die Motorhaubenverkleidung derartig perforiert hat.

BMW 5er E12 Wasserleiche Dingolfing Foto: Torsten Seibt
Keckes Rot im verschlammten Motorraum: Der Lüfterflügel ist noch gut.

Bis zur B-Säule ist der 5er entglast, dahinter wird es undurchsichtig. Der inzwischen festgebackene Schlamm macht die Scharniere nicht eben leichtgängiger, aber hinten rechts lässt sich die Tür öffnen, gibt auch einen übersichtlichen Blick auf das Cockpit frei. Manches wirkt, als müsste man es nur tüchtig mit Spüliwasser schrubben, zack, schön. Bei Polstern und Abdeckungen ist allerdings alle Hoffnung unnötig, das wird nichts mehr. Besonders auffällig: Überall am und im Auto finden sich zahllose Muscheln, denen das Habitat am Flussgrund offenbar sehr gelegen kam.

Ein Blick in den Kofferraum

Geradezu sensationell gestaltet sich allerdings der Blick in den Kofferraum. Nicht nur wegen des aussagekräftigen Aufklebers auf dem Kofferraumdeckel (siehe Fotogalerie), auch wegen des wirklich guten Zustands, der aussieht, als sei eine halbe Stunde mit Gartenschlauch und Wurzelbürste genug Restaurierung. Selbst Wagenheber, Radkreuz und antikes Leergut finden sich unversehrt im Ladeabteil. Da würde ich mit dem Herrichten anfangen, schnelle Erfolge sind eine gute Motivation. Noch sehr viel mehr Details vom Vor-Ort-Besuch haben wir in die Fotogalerie gepackt.

Wenn Behörden wie das Wasserwirtschaftsamt Landshut Fahrzeuge, Elektronik oder andere Dinge verkaufen wollen, muss das in aller Regel über den Zoll passieren. Der hat dafür das Portal Zoll-Auktion eingerichtet, auf dem permanent öffentliche Online-Versteigerungen für jedermann stattfinden. Die Versteigerung endete am Sonntag, 02.07.2023 um 9:03 Uhr morgens.

Wie die Geschichte der Wasserleiche begann

Das alte Wrack entdeckte ein Angler zufällig an der Isar im niederbayrischen Landkreis Dingolfing-Landau. Durch den Einsatz eines Tauchroboters konnte schnell festgestellt werden, worum es sich bei dem Objekt handelt: Einen Pkw, an dem sogar noch Kennzeichen befestigt waren.

BMW 5er E12 Wasserleiche Foto: Polizei Landau
Der braucht ein bisschen Cockpit-Spray: Innenraum des 520i nach der Bergung.

Nach ausführlicher Planung und Vorarbeit ging die Polizei Landau gemeinsam mit der Landauer Wasserwacht Ende Mai ans Werk. Nachdem Taucher das Bergegeschirr befestigt und das Wrack gesichert hatten, konnte es mit einem Mobilkran ans Tageslicht befördert werden. Dort staunte die Einsatzleitung nicht schlecht: Offensichtlich lag das Auto seit mindestens 35 Jahren am Grund der Isar, denn der TÜV war im Dezember 1988 abgelaufen.

Bemerkenswert guter Karosseriezustand

"Wir waren direkt fasziniert vom gut erhaltenen Unterboden", so ein Polizeisprecher auf unsere Anfrage. Offenbar steckte der 5er so tief im Schlick des Isargrundes, dass kaum Sauerstoff an das Wrack gelangte und der Rost deshalb weitgehend Sendepause hatte. Eine Erleichterung gab es außerdem nach einer ersten Grundreinigung des Oldtimers, bei der sich kein Hinweis auf Personen beziehungsweise deren Überreste im Fahrzeug fand.

Der blaue 5er, der unweit seines Geburtsortes wieder "auftauchte" – ab 1973 entstanden täglich 350 Einheiten der Baureihe E12 im Werk Dingolfing – gibt dennoch Rätsel auf: Obwohl die Kennzeichen und das Typenschild gesichert werden konnten, bleibt die Herkunft erst einmal verborgen. Bei den Zulassungsbehörden sind die Daten nach so langer Zeit aus Datenschutzgründen gelöscht worden. Eine inzwischen erfolgte Anfrage bei BMW nach der Fahrgestellnummer brachte ebenfalls keinen Hinweis auf den Besitzer. Der war jedenfalls offenbar ein Tiefstapler: Obwohl es sich bei dem Modell um einen 520i handelt, war als Typbezeichnung am Heck ein "518"-Schriftzug angebracht.

Noch immer hofft das Polizeipräsidium Niederbayern auf Hinweise: Wer war im Zeitraum von zirka 1986 bis 1989 mit einem hellblauen BMW 520i mit dem amtlichen Kennzeichen DGF-HT 24 unterwegs? Beziehungsweise, wem wurde dieser Pkw entwendet? Informationen nimmt die Polizei Landau unter der Telefonnummer 09951-98340 entgegen.