BMW 3.0 CSL

Der Understatement-CSL

Drei nüchterne Buchstaben versetzen Sportwagen-Fans seit den 70er-Jahren in Hochstimmung: CSL nennt BMW die Leichtbauversion seines Coupés, die als Grundlage für den erfolgreichen Renntourenwagen dient.

BWM 3.0 CSL Foto: Gudrun Muschalla 39 Bilder

Schon die erste Begegnung lässt keine Fragen offen: Die Doppelscheinwerfer wie der Anblick eines Raubtiers vor dem Angriff, die giftig-orange Lackierung wie von einem Rennwagen in Jägermeister-Farben („Tarnname“: Colorado), die fehlende, vordere Stoßstange wie bei einem Halbstarken-Racer aus den Siebzigern. Dazu passen auch das dünne Lederlenkrad mit drei durchlöcherten Speichen und die beiden schwarzen Schalensitze mit dünnem Stoffbezug.

Der Sitz saugt mich ein, ich ziehe ihn ein Stück nach vorne, mit seinem Einrasten drehe ich den Zündschlüssel. Ein Gasstoß und der Sechszylinder singt heiser, die Nadel des Drehzahlmessers zuckt. Vier, fünf kurze Gedenksekunden, die ich dem seidenweich im Leerlauf schnurrenden Sechszylinder vor mir widme, dann greife ich mit meiner rechten Hand den schlanken Holzknauf des Schaltstocks und schiebe den ersten Gang ein.

200 Kilogramm leichter

Ich lasse die Kupplung kommen und der BMW 3.0 CSL rollt geschmeidig an. Ohne Mühe beschleunigt der elastische Motor das 1.145 Kilogramm-Coupé. Dank einer Diät mit Leichtbauteilen wie Motorhaube, Kofferraumdeckel und Türen sowie Dünnglas hat der Zweitürer gegenüber seinem Schwestermodell CS 200 Kilogramm abgespeckt. Diese Magerkur gönnt ein großer Autohersteller seinem Spross nur dann, wenn er ihn in einen Wettbewerb schicken will.

BMW selbst hatte das allerdings gar nicht vor: Der BMW 3.0 CSL entstand 1971, weil die im Tourenwagensport engagierten Privatteams Alpina und Schnitzer die Firmenzentrale in München zu einem leichteren Coupé drängten. Der CS musste Gewicht verlieren, um weiter konkurrenzfähig zu sein: Es fehlte eine mit Leichtbauteilen bestückte Serienversion als Basis für einen leichten Renntourenwagen. Zum Vergleich: Der Capri RS der ärgsten Widersacher aus Köln wog allein in seiner Straßenversion 350 Kilogramm weniger als der BMW 3.0 CS.

Alpina machte den Anfang

Aber BMW hatte seine Motorsportabteilung aufgelöst und der neue Vorstandchef Eberhard von Kuenheim konzentrierte das Unternehmen auf die Ausweitung der Produktionskapazitäten, den Ausbau des Modellprogramms und das Erschließen neuer Märkte. Allerdings bekam die Alpina-Mannschaft um Burkhard Bovensiepen von Vertriebs-Vorstand Paul Hahnemann nach hartnäckigem Drängen die Freigabe, eine erleichterte Version des 3.0 CS zu entwickeln.

Ab Mai 1971 wurde der BMW 3.0 CSL verkauft: Nur die seitlichen Zierstreifen mit dem Schriftzug und die fehlenden vordere Stoßstange verraten die Leichtbauvariante des E9-Coupés. Allerdings blieb der Sechszylinder-Reihenmotor der gleiche wie im ursprünglichen Coupé: Zwei Register-Fallstromvergaser sorgten für die Gemischaufbereitung, das Einspritzaggregat folgte erst im Jahr darauf.

BMW 3.0 CSL war kein Verkaufserfolg

180 PS leistet der vorn eingebaute Motor, dessen Kraft dank dem auf 1.145 Kilogramm reduzierten Gewicht besser zur Geltung kommt. Das Coupé fährt komfortabel und vermittelt dank der großen Fensterflächen ein sehr angenehmes Raumgefühl. Allerdings kassierte BMW für den CSL einen saftigen Aufpreis: Exakt 4.110 Mark kostete die Leichtbauversion mehr als der CS in Normalversion. Ein Verkaufserfolg wurde der BMW 3.0 CSL nicht.

Aber die schlanke Zahl von 169 Autos macht aus dem puristischen Ur-CSL heute ein Sammlerstück, zumal die Optik ohne Spoiler und die Technik ohne die elektronisch gesteuerte Bosch-Benzineinspritzung nur etwas für Enthusiasten ist. Es dauerte bis zum August 1972, bis der BMW 3.0 CSL mit dem 200 PS starken Motor angeboten wurde. Der neue Sechszylinder verfügte dann über knapp mehr als Dreiliter-Hubraum, um die Rennversionen entsprechend dem Regelwerk auf die Hubraumgrenze von 3,5 Litern aufbohren zu können.

Streifenwagen ab 1973

Richtig Schwung nahm das Projekt CSL erst auf, als Jochen Neerpasch gemeinsam mit seinem Technikexperten Martin Braungart mitten in der Saison 1972 von Ford zu BMW wechselte und den Werksauftritt mit der neuen Motorsport GmbH in neue Dimensionen führte. Mit dem dreifarbigen Streifendekor sorgte er die heute genutzten Motorsportfarben, mit der Weiterentwicklung des BMW 3.0 CSL zum Symbol für die neue Ära.

1973 gewann Toine Hezemans im Werks-CSL die Tourenwagen-Europameisterschaft, nicht zuletzt dank der Evolutionsstufe mit dem Flügelpaket. Ab 1975 sorgten Privatteams wie Faltz, Alpina, Luigi Racing und Jolly Club für fünf weitere EM-Titel in Folge. Dazu kamen Einzelsiege wie vier Erfolge beim 24-Stunden-Rennen von Spa-Francorchamps, der Erfolg beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring von Niki Lauda und Hans-Peter Joisten im Alpina-CSL und die Erfolge mit dem BMW 3.0 CSL in den USA.

Auf der Ideallinie durch Sachsen

Diese Erfolgsgeschichte schwingt mit, als ich den BMW 3.0 CSL über die sächsischen Landstraßen steuere. Wahrscheinlich hatten die Erfolgsfahrer wie Stuck, Hezemans, Lauda oder Quester die gleiche Aussicht auf die flache Motorhaube und hörten ein ähnliches Trompeten aus sechs Zylindern wie ich, als sie in den 70er-Jahren auf der Ideallinie durch die legendären Streckenabschnitte der Rennstrecken, das Brünnchen am Nürburgring oder Eau Rouge in Spa zum Beispiel, ihre Erfolge erkämpften.

Auf kurvigen Strecken verlangt der Ur-CSL allerdings eine schaltfreudige Fahrweise mit dem Viergang-Getriebe: Nur jenseits der 3.500 Umdrehungen entwickelt der kurzhubig ausgelegte BMW-Motor ausreichend Kraft, um zügig voranzukommen. Das Fahrwerk des BMW 3.0 CSL neigt in engen Biegungen zum leichten, aber leicht kontrollierbaren Übersteuern.

Der BMW 3.0 CSL mag es flüssig

Die Bremsanlage mit Scheiben vorn und hinten ist ausreichend dimensioniert. Allerdings fährt sich der BMW 3.0 CSL am besten flüssig ohne allzu großen Bremseinsatz: Das passt zum ausgewogenen Charakter des Coupés, das bei Karmann in Rheine. Als die Zielflagge der Sachsen Classic nach zweieinhalb Tagen und rund 560 Kilometern Gesamtdistanz fällt, möchte ich den Schlüssel eigentlich nicht abgeben: Der Understatement-CSL ist ein feiner, ausgewogener Charakter und ein historisch bedeutendes Auto. Mit ihm startete die CSL-Legende.

Was will man mehr? Aber jetzt finden Sie mal einen, der in seiner ursprünglichen Form erhalten geblieben ist…