BMW 3er E21 (1975-1983)
Erster 3er-BMW ist selten und teuer
Rost und forsche Fahrer sind die größten Probleme des BMW E21. Der erste 3er ist inzwischen teuer und selten, ein Kauf lohnt dennoch.
21.03.2020 Peter MichaelyEs ist ein Sound, der süchtig macht wie ein Saxofon-Solo von Max Greger, kultiviert und trotzdem kraftvoll, nie aufdringlich, aber immer gänsehautverdächtig: Ohne zu rucken, beschleunigt der 323i schon aus niedrigen Drehzahlen im vierten Gang hoch und animiert seinen Fahrer, noch eine Schippe draufzulegen. Der kuppelt, gibt freiwillig Zwischengas, rückt den präzise geführten Schalthebel vom Vierten in den Dritten, drückt das rechte Pedal wieder durch und spürt, wie der famose Reihensechser M60 (später als M20 bezeichnet) sich oberhalb von 3.000/min erst so richtig ins Zeug legt.
Man vermisst allenfalls das als Extra lieferbare Fünfgang-Sportgetriebe. Ab Herbst 1979 gab es auf Wunsch auch eine Version mit dem Fünften als Schongang, die ab 1982 bei den Sechszylindern Serie war – die Ölkrisen der 70er-Jahre lassen grüßen.
Im 323i steckt Musik
Durch die Kurven im Kaiserstuhl wetzt der straff abgestimmte Viergang-323i, Erstzulassung Mai 1980, wie einst Fußball-Ikone Gerd Müller um verdutzte Abwehrspieler. Der Grenzbereich liegt hoch und ist keineswegs tückisch, der Step auf den eng beieinanderstehenden Pedalen die reine Freude. Dieser BMW mit seinen knapp 100.000 Kilometern auf dem Tacho wirkt so frisch, als wäre er erst gestern an seinen ersten und bis zum Fototermin einzigen Besitzer ausgeliefert worden. Für das wulstige Leder-Sportlenkrad und die Recaro-Sportsitze mit der ausziehbaren Oberschenkelstütze investierte jener knapp 900 Mark, verzichtete im Gegenzug aber auf eine Servolenkung. Doch die hohen Lenkkräfte verstärken nur das Gefühl, in einem kompakten Sportwagen zu sitzen.
Als BMW 1975 die stilistisch an die Fünfer-Baureihe E12 (1972 bis 1981) angelehnte, von Paul Bracq entworfene erste 3er-Reihe präsentiert, sind zunächst nur die Vierzylinder-Versionen 316, 318, 320 und 320i mit kettengetriebener obenliegender Nockenwelle lieferbar. Sie leisten zwischen 90 und 125 PS. 1980 legt BMW mit 316 (1,8 Liter, 90 PS) und 318i (105 PS) zwei weitere Vierzylinder nach, 1981 folgt der 315 mit 75 PS, alle mit gleicher Motorbasis.
Fahrwerkstechnisch lässt der E21 die Konkurrenz ganz schön alt aussehen: Eine moderne MacPherson-Vorderachse in Verbindung mit einer Schräglenker-Hinterachse ist in dieser Klasse, in der viele direkte Konkurrenten noch mit einer hinteren Starrachse trampeln, ein Novum. Ausgewogenheit ist Trumpf, weswegen der E21 gefühlt nicht ganz so aggressiv einlenkt wie sein Vorgänger 02. Selbst grobe Unebenheiten hält das Fahrwerk jedoch weitgehend von den Insassen fern, ein Beleg für den akribischen Feinschliff der Ingenieure.
M60/M20-Sechszylinder ab 1977
Mit Spannung erwarten Presse und Publikum vor allem die beiden brandneuen Sechszylinder-Versionen mit zahnriemengetriebener Nockenwelle. Sie lösen im September 1977 und Februar 1978 den 320 und 320i ab. Es sind zwei ungleiche Geschwister, denn beim 320/6 rauscht das Gemisch durch einen Solex-Doppelvergaser in die Brennräume, während beim 323i eine Bosch K-Jetronic diese Aufgabe übernimmt. Heute verwirrend, damals kein Problem: Der Reihensechser hieß zunächst M60, später M20. BMW nannte die seit 1992 verkauften Vierventil-V8 intern ebenfalls M60.
Mit einem Bohrung-Hub-Verhältnis von 80 x 76,8 Millimetern ist der 323i zudem langhubiger ausgelegt (320/6: 80 x 66 Millimeter). Trotz 21 PS weniger hängt der 320/6 einen Tick besser am Gas und wirkt laufruhiger – neben dem um über 2.000 Mark niedrigeren Preis sicher ein Grund, weswegen sich fast doppelt so viele Käufer für das Vergasermodell entscheiden.
E21-Geheimtipp Vierzylinder
Den vierzylindrigen 320 in unserem Vergleich lassen solche Zahlenspiele kalt. Nur zwei Jahre gab es diese Variante, und unser Exemplar vom Mai 1977 atmet noch den Pioniergeist der E21-Entwickler. Das beginnt bereits beim Triebwerk M10, das der legendäre BMW-Konstrukteur Alex von Falkenhausen schon Anfang der 60er-Jahre konzipierte und das später auch die Basis für den erfolgreichen BMW-Turbomotor in der Formel 1 bildete.
Fotoauto mit 25.000 km in 43 Jahren
Gerade einmal 25.000 Kilometer sind in den vergangenen 43 Jahren auf dem Zählwerk zusammengekommen. Auch dieser BMW stammt aus erster Hand, ausgeliefert an einen deutschen Kunden, der das Auto in Portugal nutzte. Bei der Ausstattung knauserte er: Außer der ZF-Dreigangautomatik sind auf der Original-Lieferanzeige lediglich ein verschließbarer Handschuhkasten und eine Tankfüllung für den Export verzeichnet. Den bequemen Einstieg vorn, die zwar straff gepolsterten, aber gemütlichen Sitze mit dem erstaunlich guten Seitenhalt, das hervorragende Raumgefühl und die famose Übersichtlichkeit durch die großen Fenster gab’s serienmäßig. Wer groß ist und auf die Rückbank muss, sollte allerdings gelenkig sein und nicht unter Platzangst leiden.
Doch der Logenplatz ist auch hier vorn, hinter dem tief geschüsselten Lenkrad, den sehr gut ablesbaren Instrumenten und den auf Deutsch beschrifteten Schaltern, die so satt einrasten wie der Verschluss eines Tresors. Unter 2.500/min grummelt der kurzhubige Vierzylinder, als hätte er zwei Töpfe mehr, um beim Hochdrehen gierig am Gas zu hängen und in ein Fauchen zu verfallen, das ein Kribbeln in der Magengegend verursacht. Die ZF-Dreigangautomatik beschneidet zwar den Fahrspaß im gebirgigen Kaiserstuhl, aber nicht die Elastizität.
Das Fahrwerk ist spürbar weicher getrimmt als beim 323i, das Gleiten bei gut 90 km/h auf der Landstraße seine Domäne. Die ebenfalls servolose Lenkung fühlt sich leichtgängiger an als beim stärkeren 323i und zeigt hier wie dort kaum Spiel um die Mittellage. Der Federungskomfort wirkt besser als bei vielen Neuwagen.
BMW baut mehr als 1 Million E21
Kein Wunder, dass die Baureihe E21 für BMW zum bis dato beispiellosen Erfolg wurde. Mit 1.364.039 Exemplaren war der E21 der erste BMW, der mehr als eine Million Mal vom Band lief – und das trotz nur einer Karosserie-Variante, der zweitürigen Limousine. Außerdem legte die Stuttgarter Firma Baur von 1977 bis 1983 4.595 Hardtop-Cabrios auf Kiel. Lange galt der E21 als Geheimtipp, doch gute Exemplare werden zunehmend rar, was sich auch in der Preisentwicklung niederschlägt: Gute Exemplare des ersten 3er sind in den letzten Jahren deutlich teurer geworden.
Karosserie-Check
Der BMW E21 teilt das Schicksal vieler 70er-Jahre-Autos: Er rostet aufgrund mangelnder Vorsorge und schwankender Fertigungsqualität. Unterboden, Schweller und Radläufe sind anfällig, auch der Windschutzscheibenrahmen. Ab Herbst 1979 gebaute Modelle neigen zu Rissbildung am Armaturenträger. Ersatz ist leider Mangelware.
Technik-Check
Schon zu Produktionszeiten konnte es bei frühen Sechszylinder-Modellen (bis Herbst 1979) zu Rissbildung im Zylinderkopf kommen. Der 323i verfügt über einen Zahnriemen für den Nockenwellenantrieb, der alle vier Jahre oder 40.000 Kilometer gewechselt werden sollte (Vierzylinder: bis Nov. 1978 Duplexkette, dann einfache Kette, Tausch alle 200.000 Kilometer). Bei den Schaltgetrieben kann die Synchronisierung des zweiten Ganges schwächeln. Häufig hilft frisches Getriebeöl. Automatikgetriebe und Fahrwerke gelten als robust, von Alters- und Verschleißerscheinungen (z. B. Traggelenke, Querlenker) abgesehen. Vor allem 320i und 323i wurden häufig Opfer forscher Fahrer, während der 320/6 oft in gepflegtem Zustand überlebt hat und daher begehrt ist.
Preise
Bei Einführung 1975 (320/4)/1978 (323i): 15.880/20.350 Mark Classic-Analytics-Preis 2020 (Zustand 2/4, 320/4): 10.500/2.500 Euro Classic-Analytics-Preis 2020 (Zustand 2/4, 323i): 21.000/5.700 Euro.
- Bei Einführung 1975 (316) :
- 15.880
Ersatzteile
Problematisch ist die Versorgung mit Innenraum-, speziell Kunststoffteilen, oder originalen Sicherheitsgurten. Vergangenes Jahr hat BMW Classic diverse Bezugsstoffe neu aufgelegt, sodass sich die Lage hier leicht entspannt hat. Darüber hinaus versorgen Spezialisten wie Walloth & Nesch die E21-Fan-Gemeinde mit einer Vielzahl von Blech- und Technik-Ersatzteilen. Je nach Anbieter schwankt die Qualität.