BMW 320i Cabrio und Saab 900 S Cabrio

Viersitzige Cabrio-Verführer ab rund 5.000 €

Familientaugliche Cabrios: Die Viersitzer von BMW und Saab sind geräumig und komfortabel. Ihre Zuverlässigkeit macht sie zu idealen Begleitern für den sommerlichen Alltag. Aber in ihrem Wesen unterscheiden sich BMW 320i Cabrio und Saab 900 S Cabrio sehr.

BMW 320i Cabrio, Saab 900 S Cabrio, Frontansicht Foto: Arturo Rivas 29 Bilder

Fast 2,3 Millionen Dreier-BMW vom Typ E30 haben prägende Spuren in unserem Gedächtnis hinterlassen. Ein Auto, das selbst über 20 Jahre nach Produktionsende noch im Straßenbild auftaucht, wird zum alten Freund. Die Wahrscheinlichkeit, selbst mal einen besessen zu haben, ist ziemlich groß. Ich hatte vier davon, einer war sogar ein Cabrio. Auch der offene, viel teurere und seltenere Dreier ist nichts Außergewöhnliches, weil er eben in erster Linie mal ein Dreier ist. Man zeichnet nicht nur die kantige Lego-Linie seiner Karosserie im Schlaf nach, viele von uns könnten ohne große Mühe die komplette Betriebsanleitung verfassen.

Ganz anders der Saab 900. Kein alter Kumpel, der eine Episode unseres Lebens ausmachte. Ein intellektueller Exot, zwar nicht aus Übersee, aber aus Skandinavien, aus Trollhättan, Schweden, und als Cabrio aus Uusikaupunki, Finnland. 0,7 Prozent Marktanteil über Jahrzehnte haben bei Saab-Automobilen trotz hoher Überlebensquote und missionarisch eifernder Besitzer jede prägende Wirkung vereitelt.

Schrullige Eigenheiten des Saab 900

Deshalb ist der Saab 900 jedes Mal für mich eine Entdeckung, da kenne ich noch nicht die Farbcodes auswendig und habe nach einiger Zeit auch wieder vergessen, wie die Haube aufgeht – nach vorne, wie bei BMW, aber da ist noch so ein kleiner Fanghaken, den man lösen muss. Okay, ich weiß, dass man nach Ende der Fahrt den Zündschlüssel nicht aus der Mittelkonsole ziehen kann, bevor der Rückwärtsgang eingelegt ist. Ich weiß, dass man 50 Meter vor der Ampel stehen muss, um durch die schmale, flugzeugkanzelhaft gebogene Panoramascheibe den Farbwechsel mitzukriegen. Saab ist anders, auf eine sture, besserwisserische, aber liebenswerte Weise anders.

Das fängt bei der Technik an. Auch beim Saab 900 Cabrio sitzt der Motor, ein Riesentrumm von Doppelnockenwellen-Vierzylinder, falsch rum drin. Die Stirnseite mit den Nockenwellenrädern zeigt zur Frontscheibe. Außerdem ist der aufgeladene Vierventilmotor auch noch stark geneigt, damit die Haube zugeht und der Bug halbwegs in der Windströmung liegt. Vorne beim Kühler sitzt die Kupplung. Von ihr geht, wie beim Motorrad, eine Dreifach-Primärkette aus, die den Kraftfluss zum Getriebe in der unteren Etage weiterleitet.

Traktionsfreudige Vorderachse beim Saab 900

Der Frontantrieb gehört bei Saab ebenso zum konstruktiven Glaubensbekenntnis wie der Hang zur aerodynamischen Form. Diese Etagen-Bauweise des Saab 900, die wir sonst noch vom VW K 70 kennen, sorgt für eine traktionsfreudige Vorderachslast und vermeidet die Kopflastigkeit bei vor der Vorderachse montierten Längsmotoren, wie wir sie von Audi kennen. Das Fahrverhalten profitiert, es wird neutraler, nicht so kurvenunwillig untersteuernd, wie es alte Fronttriebler sonst so an sich haben. Saab-Konstrukteure denken eben weiter, sie akzeptieren auch nicht die für den Vorderradantrieb prädestinierte, genial einfache McPherson-Aufhängung.

Sie wollen es lieber stabiler, nachhaltiger, legen die Schraubenfedern hoch und lassen die Antriebswellen zwischen zwei soliden Dreieckslenkern laufen. Hinten reicht den Tüftlern aus Trollhättan beim Ssab 900 eine leichte geschleppte, aber dank Längslenker, Panhardstab und Schubstreben sorgfältig geführte Starrachse. Sie trampelt nicht.

BMW E30 in bester Tradition der „Neuen Klasse“

Dem Dreier-BMW-Cabriolet sind solche Experimente und technischen Spitzfindigkeiten fremd. Sein konstruktives Layout folgt immer noch dem der „Neuen Klasse“ von 1961, als BMW sich neu erfand. Sportlich, fahraktiv, lieber Drehzahl als Drehmoment, lieber Straßenlage als Fahrkomfort. Will heißen: Motor vorn, Antrieb hinten, vorne McPherson-Achse, hinten Schräglenker, ein ebenso effizientes wie zeitloses Konzept. Nur der kleine Zweiliter-Reihensechszylinder ist mit seiner zahnriemengetriebenen Nockenwelle ein neueres Gewächs. Seine Laufkultur ist sprichwörtlich, er klingt selbst bei hohen Drehzahlen seidig sanft.

Turbo statt Sechszylinder bei Saab

Das Entwicklungsbudget bei Saab war schon immer knapp bemessen. Die Form des Mittelklassemodells 99 wurde zum 900 gestreckt, der Radstand blieb, deshalb die großen Überhänge auch beim Saab 900 Cabrio. Der Motor des 99, einst eine bei Triumph in Coventry eingekaufte, moderne OHC-Konstruktion, wich zum Modelljahr 1977 einem deutlich haltbareren und ausbaufähigeren Saab-Triebwerk.

Die Hubraumgrenze liegt nun bei 2,3 Litern, und die fehlenden zwei Zylinder im Vergleich zu viel billigeren Konkurrenzobjekten gleichen leistungsmäßig Vierventiltechnik und Aufladung aus. Die steckt der großkolbige Vierzylinder mit direkter Ventilsteuerung über Tassenstößel locker weg, Laufleistungen um die 300.000 km sind beim Ssab 900 keine Seltenheit.

Saab 900 so ausladend wie eine Segelyacht

Unser Zweiliter-Cabriolet wird vom Softturbo auf 141 PS beflügelt, eine vor allem im Saab-Fanland Italien sehr gefragte Motorvariante, deshalb auch die weißen Blinker unseres Fotomodells. Gegen dessen mondäne Pracht wirkt der asketisch-strenge Dreier-BMW geradezu zierlich. Das Saab 900 Cabrio kommt so ausladend daher wie eine Segeljacht, das liegt vor allem am ausschweifenden Sedan-Heck samt aufgeschlagenem Verdeckkragen.

Innen schwelgt d as Saab 900 Cabrio mit einer üppigen Ledergarnitur in feinster Nappa-Qualität, die Instrumententafel schmückt sich very old English mit Wurzelnussfurnier. Das Saab-Cabrio versteht die seltene Kunst, Luxus und Understatement glaubwürdig zu kombinieren. Das sorgt für stilsicheres Auftreten selbst in den feinsten Kreisen. So ein viersitziger offener Saab ist niemals peinlich. Noch nicht einmal im Quietschgelb des Monte-Carlo-Sondermodells.

3er-Cabrio hat sein mieses Image abgelegt

Auch das BMW 320i Cabrio ist längst salonfähig, hat das tiefergelegte, bassbetäubende Kenwood-Image der mittleren Schicksalsjahre längst abgelegt. Bei ihm gilt: Form follows function. Selbst die Lederpolster sind vorne als fordernde Sportsitze ausgebildet. Ein Auto für viel Fahrfreude, das auch Neulingen keine Bedienungsrätsel aufgibt, wie es der Saab tut.

Der unaufgeregte Zweiliter-Sechszylinder des BMW 320i Cabrios passt zur sachlichen Karosserielinie. Der gedopte Saab-Vierzylinder röhrt weit spektakulärer, und er beißt dank ladeluftgekühltem Turbo im mittleren Drehzahlbereich viel kräftiger zu. Aber bei forciertem Autobahntempo ist der leise BMW der viel angenehmere Reisewagen.

Qualität aus Finnland

Das BMW 320i Cabrio liegt auch in schnell gefahrenen Kurven deutlich besser als der Saab, neutraler, direkter. Trotz des für einen Fronttriebler megakleinen Wendekreises von nur 10,8 Metern zeigt der offene Schwede nicht das spielerische Handling des zierlichen BMW. Dafür wirkt der Saab auf schlechten Straßen solider und verwindungssteifer. Sein elektrohydraulisches, gefüttertes Verdeck, das mit Entwicklungshilfe der American Sunroof Corporation entstand, punktet obendrein noch mit einer kratzfesten Glasheckscheibe.

BMW 320i Cabrio und Saab 900 S Cabrio sind abgesehen von ihrer viersitzigen Familientauglichkeit so verschieden, wie es zwei Autos nur sein können. Das erfrischend Andersartige macht den Reiz des 900 Cabriolet aus. Es lässt einen staunen, und manchmal wundert man sich, oder man zollt den besessenen Frontantriebsjüngern aus Trollhättan Respekt für ihre reife Leistung. Die hohe Perfektion des BMW, der rational des bessere Auto ist, wirkt dagegen wie selbstverständlich.

So viel kosten BMW 3er Cabrio (E30) und Saab 900 Cabrio

Die beiden Cabrios haben das Tal der Tränen schon länger hinter sich gelassen. Beim Saab 900 Cabrio war es besonders kurz und flach, beim E30-Cabrio schon etwas länger und ausgeprägter.Die aktuellen Notierungen liegen für das Saab 900 Cabrio (900 Turbo 16, Zustand 2) bei rund 11.400 Euro – vor 12 Monaten lagen die Preise laut Classic-Analytics noch rund 1.000 Euro höher, doch daraus lässt sich kein Trend ablesen. Im Zustand 4 sind etwa 5.000 Euro fällig, doch umfangreiche Karosseriearbeiten bei schlecht gepflegten Exemplaren sollten unbedingt umgangen werden.

Beim BMW E30-Cabrio lässt sich in den letzten Jahren dagegen eine klare Entwicklung konstatieren: Die preis ziehen an. Für das Parademodell BMW 325i Cabrio notiert Classic-Analytics rund 9.400 Euro für ein Zustand 2-Exemplar. Mäßige Autos kann man oft schon für etwa 2.500 Euro ergattern.