BMW 2800 CS E9 Restomod mit M3-Motor
Herr von Trapp und sein geheimnisvolles Innenleben
Dieser BMW 2800 CS, Baureihe E9, wurde von einem Australier in liebevoller Kleinarbeit perfektioniert. Er erhielt nicht nur moderne Technik, sondern auch einen neuen Namen.
08.05.2021 Thomas Harloff29,3 Prozent aller deutschen Fahrerinnen und Fahrer haben ihrem Auto irgendwann einmal einen Spitz- oder Kosenamen verpasst. Das ist zumindest das Ergebnis der entsprechenden Umfrage eines großen Autohandels-Portals. Die wenig originellen Bezeichnungen lauten meist "Schatzi", "Schnucki" oder "Baby"; auch Verniedlichungen des jeweiligen Modells wie "Skodi" oder "Fordi" werden gerne genommen. Beliebt sind der Auswertung zufolge obendrein Kosenamen wie "Rosalinde" oder "Hildegard".
Ob jedoch auch nur ein einziges Auto hierzulande "Von Trapp" genannt wird, verrät die zugehörige Presseaussendung nicht. In Australien dagegen trägt ein Auto genau diesen Namen. Doch das ist längst nicht die einzige Besonderheit, mit der "Von Trapp", der einst als BMW 2800 CS, Baureihe E9, das Licht der Welt erblickte, aufwartet. Bei dem bayerischen Oldie, der beim flüchtigen Blick auf die Fotos auch als perfekt restauriertes Originalauto durchgehen würde, handelt es sich um einen sehr sensibel umgesetzten Restomod-Umbau. Und der bescherte ihm einen waschechten Sportwagen-Motor.
Erst die Rettung, dann der Glanz
Doch der Reihe nach. Denn bevor der weit gereiste BMW wieder in bestem Glanz erstrahlen konnte, musste John Ward ihn erst einmal retten. "Er stand auf dem Hof eines Bauunternehmers in New South Wales und sah traurig aus", sagt der Mann, der das Restaurations-Unternehmen Fuel Bespoke Design gründete und leitet. Von der fehlenden Motor-Getriebe-Einheit abgesehen war das Auto immerhin vollständig.
Was Ward bereits ahnte, bewahrheitete sich nach der Komplett-Demontage und der chemischen Entlackung im Tauchbad: Wie bei den meisten BMW, deren Fertigung in dieser Epoche zu Karmann ausgelagert wurde, nagte der Rost über Gebühr am Blechkleid des 2800 CS. "Fast jedes Karosserieteil musste repariert oder ersetzt werden", erzählt der Australier. Nicht nur in seinen Augen ist der E9 eines der schönsten Autos, die BMW je hervorgebracht hat. "Also wollte ich nicht an der Ästhetik rütteln, aber ihm ein neues Leben mit mehr als nur ein paar versteckten Geheimnissen schenken."
E46-Motor und E36-Getriebe
Das zentrale dieser Geheimnisse ist der Motor. John Ward entschied sich für den 3,2 Liter großen Reihensechser aus dem BMW M3 E46, Kennern unter dem Werks-Code "S54B32" bekannt. Die Leistung des Hochdrehzahl-Saugers, der in der deutschen Version 343 PS bereitstellte, gibt der Mann aus Down Under mit 334 PS an. Davon kamen bei einer ersten Prüfstand-Messung immerhin rund 270 PS an den Hinterrädern an. Das hätte Ward grundsätzlich gereicht. Doch der Versuchung, dem Triebwerk per Tuning wieder etwas mehr Power einzuhauchen, konnte er nicht widerstehen.
Die nächste Überraschung wartet beim Getriebe. Die Kraft des Herrn von Trapp verwaltet nämlich nicht die manuelle Sechsgang-Box aus dem E46, sondern das Fünfgang-Schaltgetriebe des Vorgängers E36. "Das ist viel schlanker und passte ohne Modifikationen in den E9-Getriebetunnel", erklärt Ward.
Neue Hilfsrahmen vorne und hinten
Weil er so viel M3-Technik wie möglich verwenden wollte, konstruierte der Tüftler zusammen mit Partnern neue Hilfsrahmen. Klar: Das zudem in vielen Bereichen verstärkte Chassis sollte verwindungssteif genug sein, um mit der Extra-Power umgehen zu können. Der vordere Hilfsrahmen stützt den Motor bestens ab, gibt die modifizierte Ölwanne frei und nimmt die Radaufhängung samt Querlenkern, Achsschenkeln und Gewindefahrwerk aus dem Hause Gound Control auf. Er bietet zudem die perfekte Geometrie für die M3-Servolenkung, und auch für die Bremsen des modernen Sportlers war nun genug Platz.
Den heckseitigen Unterbau spendiert dagegen ein BMW 535i der Baureihe E28. Dessen hinteren Hilfsrahmen inklusive Antriebswellen und Differenzial verheiratete John Ward mit dem Mittelträger des Originalautos. Eine besondere Herausforderung bestand darin, die wesentlich größeren und ebenfalls per Ground-Control-Gewindefahrwerk aufgerüsteten E28-Federbeine zu integrieren. Eine neue Kupplung, die auf 3.15 geänderte Achsübersetzung und der Umbau auf eine M5-Feststellbremse rundeten die Umbauarbeiten in diesem Bereich ab.
Das heißt natürlich nicht, dass das Projekt damit abgeschlossen war. Sein Improvisationstalent bewies John Ward beim Bremskraftverstärker, indem er den Hauptbremszylinder des E9 beibehielt und ihn um einen extra in Großbritannien besorgten Kumpanen ergänzte. Bei der Elektrik ging er in die Vollen: Anstelle des verwelkten originalen Kabelbaums installierte der Australier ein CAN-Bus-System, das sogar die Integration von Smartphones ermöglicht.
Der zweite Spitzname lautet "Money Trap"
Das Design des Herrn "von Trapp" hielt Ward sowohl innen und außen nah am Vorbild. Denn wir erinnern uns: Eines der schönsten Autos, die BMW je hervorgebracht hat und an dessen Ästhetik nicht gerüttelt werden sollte. Bei den Rädern entschied er sich beispielsweise für eigens angefertigte, dreiteilige 17-Zöller im Alpina-Design. Als Sitzbezüge erhielt italienisches Leder in "Rolls-Royce-Rot" den Zuschlag, "weil es perfekt zu den Holzverkleidungen aus französischem Walnussholz passt". Das sehen wir ganz ähnlich, Mr. Ward.