Autobianchi Bianchina Restaurierung

Viel Arbeit für ein winziges Cabrio

Rino Barbagli aus Arezzo in Italien wollte das Auto seines Vaters in alter Pracht wiederauferstehen lassen. Mit tatkräftiger Unterstützung seines Freundes Ferdi Rüttgers wurde aus dem Autobianchi Bianchina Cabrio wieder ein Schmuckstück.

Autobianchi Bianchina Cabrio, Frontansicht Foto: Fact 14 Bilder

Ein derart aufwendig restauriertes Autobianchi Bianchina Cabrio dürfte es im Grunde genommen gar nicht geben – zumindest unter wirtschaftlichen Aspekten. Aber wenn Emotionen im Spiel sind und ein Freund seine Hilfe anbietet, der ein begnadeter Karosseriebauer ist, hat selbst das rostigste Auto eine Chance auf eine Wiederauferstehung.

Schwierigster Teil ist die Karosserie

Ganz so schlimm sah aber das Autobianchi Bianchina Cabrio auf den ersten Blick gar nicht aus, das in Arezzo in der Toskana schon eine Weile ungenutzt in der Garage stand. Rino Barbaglis Vater hatte den kleinen Wagen 1983 gekauft und bis zu seinem Tod gefahren. Rino plante, das Auto zu restaurieren. „Das Gute war, dass nichts daran fehlte und es nach dem Laden der Batterie ansprang.“

Doch das erleichterte sein Vorhaben nur geringfügig. Er hatte zwar in den 60er-Jahren eine Lehre als Kfz-Mechaniker absolviert und war auf NSU im Motorsport aktiv gewesen, doch besaß er nicht das nötige Know-how zum Instandsetzen einer Karosserie. Und das stellte nun mal den schwierigsten Teil der Restaurierung seines Autobianchi Bianchina Cabrio dar.

Ein Freund verspricht Hilfe

Die Lösung für dieses Problem an seinem Autobianchi Bianchina Cabrio hieß Ferdinand Rüttgers: ein Pensionär, wie Rino selbst, und ein guter Freund. Ferdi, wie Rino ihn nennt, arbeitete einst als Karosseriebauer bei einer Firma in Landau. Dort lernten sich die beiden kennen, weil Rino gelegentlich seinen ehemaligen Lehrmeister Gustav Hoecker besuchte, der in einer Werkstatt in unmittelbarer Nachbarschaft an De Tomaso und Lamborghini schraubte.

Ferdi versprach: „Das Auto wird so gut, als würde ich es für mich selbst machen.“ Also wurde das putzige Cabrio in Italien auf einen Hänger geladen und nach Deutschland geholt. In einer zur Werkstatt umfunktionierten Halle in Edesheim in der Pfalz begannen dann die beiden Freunde, das Autobianchi Bianchina Cabrio zu demontieren.

Unbekannte Historie

Über die Geschichte des Autobianchi Bianchina Cabrios lagen keine Informationen vor, doch eines ließ sich rasch erkennen: Die aufgebrachte dunkelblaue Farbe war auf keinen Fall die Originallackierung ab Werk. Diverse größere Spachtelstellen zeugten von Versuchen früherer Besitzer, Rostlöcher mit möglichst wenig Arbeitsaufwand zu kaschieren. Doch ein solches Vorgehen widersprach Ferdis Arbeitsauffassung total. „Er ist sehr genau, und wenn etwas nicht exakt passt, baut er es lieber noch dreimal auseinander, bis es stimmt“, charakterisiert ihn Rino.

Überraschend viele Rostlöcher

Aber zunächst wurde die komplett entbeinte Karosse des Autobianchi Bianchina Cabrios zum Sandstrahlen gebracht. Was danach alles an Rostlöchern zum Vorschein kam, hätte so manchen Karosseriespengler in die Flucht geschlagen. Trotzdem entmutigte das die beiden nicht, sie waren fest entschlossen, das Projekt durchzuziehen.

Glücklicherweise ließen sich die meisten Blechteile beschaffen, die Rino wie fast alle anderen benötigten Dinge in Italien orderte. Speziell Technikteile sind wegen der Verwandtschaft des Autobianchi Bianchina zum Fiat 500 sehr leicht zu finden. „Ich ließ die Sachen immer zu meinem Neffen in Italien schicken, der sie dann bei seinen Besuchen in Deutschland mitbrachte“, erläutert Rino.

In vielen Stunden schweißte Ferdi die Bleche in sein Autobianchi Bianchina Cabrio ein, dabei versteifte er mit vorübergehend eingesetzten Stahlprofilen die Karosserie, damit sie sich nicht verzog. „Als kleines Dankeschön für seine Arbeit habe ich ihn unter anderem ab und zu zum Essen eingeladen“, erzählt Rino. Und weil er ein talentierter Hobbykoch ist, kam Ferdi in den Genuss feinster italienischer Küche.

Anruf beim Spezialisten enthüllt eine Überraschung

Da das Autobianchi Bianchina Cabrio nach seiner Fertigstellung in Italien als steuerfreier Oldtimer laufen sollte, würde er den Segen des ASI (Automotoclub Storico Italiano) benötigen, „und die achten streng auf Originalität“, weiß Rino. Weil er, wie bereits erwähnt, nichts über die Historie seines Autos wusste, nahm er Kontakt mit dem Präsidenten des italienischen Autobianchi-Clubs auf.

Dort erfuhr er anhand der Fahrgestellnummer unter anderem, dass es sich bei seinem Autobianchi Bianchina Cabrio um ein echtes und nicht aus der Enthauptung einer Berlina hervorgegangenes Cabrio handelte. Ferner kam heraus, dass noch der ursprüngliche Motor eingebaut war und die Originalfarbe Hellblau gewesen ist. „Auch bei anderen Fragen bezüglich der Originalität habe ich dort immer wieder angerufen“, sagt Rino.

Zweizylindermotor bekommt Totalrevision

Nach Abschluss der Blecharbeiten kamen die anderen Komponenten des Autobianchi Bianchina Cabrio an die Reihe. Die Sitze wurden von ihren Bezügen befreit und die Gestelle sandgestrahlt und lackiert. Dann folgten neue Federn, eine neue Polsterung und neue Bezüge im Originalfarbton. Auch die Innenverkleidungen mussten frisch bezogen werden. Viel Arbeit floss ferner in die Restaurierung der Elektrik und in die Aufarbeitung zahlloser Kleinteile am Fahrzeug, im Innenraum und im Motorraum. Die vielen Zierteile und die Stoßstangen ließ Rino neu verchromen.

Bei der Revision der Technik wie auch bei der späteren Montage konnte er wieder selbst mitarbeiten. Der Zweizylindermotor wurde zerlegt, befand sich aber noch in gutem Zustand. Er bekam eine neue Steuerkette, und es wurden jene Teile wie Zündkerzen oder Luftfilter erneuert, die auch im Rahmen einer großen Inspektion an der Reihe wären. Das Fahrwerk und die Bremsanlage des Autobianchi Bianchina Cabrios kamen in den Genuss einer Totalrevision mit etlichen neuen Teilen.

Probleme mit Ersatzteilen

Im Zusammenhang mit Ersatzteilen gab es die einzigen nennenswerten Schwierigkeiten. So funktionierten die beschafften Fensterheber nicht, für die dann Ersatz auf der Oldtimer-Messe in Padua beschafft wurde. „Und das in Italien bestellte neue Verdeck passte nicht richtig“, erinnert sich Rino. Bei der Lösung dieses Problems half ein Sattler, der bereits bei der Innenausstattung des Autobianchi Bianchina Cabrios behilflich gewesen war.

Nach anderthalb Jahren und jeder Menge Arbeit stand schließlich ein perfektes und originalgetreu restauriertes Autobianchi Bianchina Cabrio auf den schmalen Rädern. Die gewollten Abweichungen wie die sportlichen Mille-Miglia-Felgen und das Lenkrad sind jederzeit und einfach rückrüstbar. Der Vorführung des Wagens bei der ASI in Italien sieht Rino gelassen entgegen: „So einen schönen Bianchina bekommen die selten zu Gesicht.“