Autobianchi A112 (1979-1986) Restaurierung
Oranger Renner aus erster Damenhand
Uli Spicker aus Friedberg in Bayern kaufte sich 2008 einen Autobianchi A112 Junior von 1981. Der war zwar fahrbereit und hatte TÜV, aber am Blech hatte der Zahn der Zeit deutliche Bissspuren hinterlassen. Uli nahm den Kampf gegen den Rost in Angriff – acht Monate später stand der orangefarbene Zwerg wieder in perfektem Zustand auf den Rädern.
09.01.2021 Bernd WoytalAn diesem Auto bin ich früher oft vorbeigefahren, und seine Farbe hat mich begeistert", erinnert sich Uli Spicker aus Friedberg in Bayern. Damals stand der in einem auffälligen Orange lackierte Autobianchi A112 an einer parallel zum Lech verlaufenden Straße in Augsburg. Doch irgendwann war er verschwunden und existierte nur noch in Ulis Erinnerung.
Der gebürtige Bayer interessierte sich schon immer "für alles, was Räder hat". Während andere Kinder Wolkenkratzer oder Bungalows aus Lego bauten, schuf er mit den Bauelementen des dänischen Spielwarenherstellers lieber fantasiereiche fahrbare Konstruktionen. Später wechselte sein Interesse zu Fahrrädern, dann zu Mofas und zu Mopeds. Und an allem schraubte er herum.
"Klar, dass dann für mich nur eine Lehre als Kfz-Mechaniker infrage kam", verrät der 53-Jährige und ergänzt: "Mich fasziniert schon immer die Aufgabe, ein defektes Fahrzeug wieder fahrbar zu machen." Und dazu bekam er bald jede Menge Gelegenheiten.
Als Auszubildender in einer Werkstatt, die anfangs bevorzugt Renault, später Mazda, aber auch Autos anderer Marken betreute, wurde er sehr schnell in den normalen Arbeitsablauf eingebunden. "Es gab dort auch eine Spenglerei, wo ich so manches von den dortigen Kollegen abschauen konnte", berichtet Uli. "Und am Wochenende konnten wir da an unseren Privatautos schrauben oder das reparieren, was wir die Woche über ramponiert hatten", ergänzt er lachend.
Sein erstes Auto war übrigens ein Audi 80 mit 75 PS, "ein ehemaliges Polizeiauto, was die grüne Farbe erkennen ließ, die unter dem mit der Zeit abblätternden Lack zum Vorschein kam". Außerdem lieferte ein zunächst nicht nachvollziehbares Kabelgewirr unter dem Armaturenbrett den Hinweis, dass im ersten Leben dieses Wagens etliche zusätzliche elektrische Verbraucher eingebaut waren.
Die Begeisterung für den Autobianchi A112 wurde durch seinen jüngeren Bruder geweckt. "Dem fiel eines Tages ein Zeitungsinserat auf, in dem ein eindrucksvoll verbreiterter, aber sehr rostiger A112 mit schönen Alufelgen angeboten wurde." Die italienische Technik war den beiden damals vertraut, denn als Winterauto diente ein Fiat 127. Und so wurde dieser A112 gekauft und hergerichtet, hatte aber in der Hand des Bruders kein allzu langes Leben. Nach einem Unfall musste der Kleinwagen verschrottet werden.
Das war um 1988, und etwa zwei Jahre später kaufte Uli seinen eigenen A112, den er für sportliche Einsätze herrichtete. Mittlerweile war er zum Fan dieses Zwergs geworden, weshalb ihm der anfangs erwähnte orangefarbene A112 in Augsburg aufgefallen war, der dann von der Bildfläche verschwand.
Unverhofftes Wiedersehen
Doch wie das Leben so spielt: Eines Tages, genauer gesagt Anfang 2008, erzählte ihm ein Bekannter, dass ein A112 in Orange zu verkaufen sei. Der Bekannte heißt übrigens Wolfgang Hank und leitet heute in Adelsried bei Augsburg eine DeLorean-Werkstatt.
"Bei dem Wagen handelte es sich tatsächlich um genau jenen, den ich damals immer bestaunt hatte", freut sich Uli noch heute. Wie sich herausstellte, hatte die damalige Besitzerin wohl irgendwann eine Garage für ihren A112 gefunden, weshalb der dann nicht mehr auf der Straße hatte stehen müssen.
Nach ihrem Tod war der Autobianchi in den Besitz einer Erbengemeinschaft gekommen, die nun das Auto zu Geld machen wollte. Allerdings mit überzogenen Preisvorstellungen. Uli verzichtete, doch einige Zeit später wurde ihm der Wagen zu einem deutlich geringeren Preis erneut angeboten, und diesmal willigte er ein.
Schließlich hatte dieser A112 durchaus seine Reize, allein schon wegen der extrem geringen Laufleistung von nur 31 758 Kilometern. Speziell vom Innenraum war Uli begeistert. "Hier war alles top erhalten, das Armaturenbrett und die Verkleidungen wiesen keinerlei Beschädigungen auf, niemand hatte hier Löcher gebohrt, um irgendetwas anzuschrauben oder zu befestigen." Auch seine Frau war von dem Auto sehr angetan und freute sich schon auf künftige Ausfahrten. Da übernahm sie doch gerne die Brotzeitversorgung während der zahlreichen Stunden, die Uli in den nächsten Monaten in der Garage verbringen würde.
Doch zunächst wurde der noch fahrbereite A112 mit einem Kurzzeitkennzeichen eine Weile gefahren, um zu sehen, wie gut die Technik funktionierte. Der Test fiel zufriedenstellend aus, Motor und Getriebe schienen bei bester Gesundheit zu sein, und so konnte die Instandsetzung der Karosse beginnen.
Die sah für einen Laien auf den ersten Blick nicht schlecht aus, "doch da dies nicht mein erster A112 war, wusste ich, was auf mich zukommt", sagt Uli. Zunächst demontierte er alle Anbauteile der Karosserie, entfernte die Fenster, Hauben und Türen, die Innenausstattung sowie Motor und Getriebe.
Nach und nach wurden die befürchteten Rostschäden immer sichtbarer. Besonders übel sah es im Bereich der Einstiege aus. Aber Uli wollte keine halben Sachen machen. Reparaturen mit reichlich Spachtelmasse, wie es bereits einige an diesem Auto gegeben hatte, kamen für ihn nicht infrage.
Nur für einige Partien gab es damals Reparaturbleche, viele Bleche musste er von Hand anfertigen. Besonders gestresst hat ihn die Herstellung eines komplizierten dreidimensionalen Blechs im Bereich des Frontscheibenpfostens und des Windlaufs mit Kanten und Rundungen. "Aber aufgeben ist nie eine Option", verrät er sein Motto. So zog er mit viel Ehrgeiz das Projekt durch und freute sich, dass ab und zu sein kleiner Sohn vorbeischaute, um erste Schraubererfahrungen zu sammeln.
Beruflich hatte Uli Kontakt zu einem Autolackierer in Augsburg. Dieser war sehr hilfsbereit, und so konnte der Hobbyschrauber unter kompetenter Anleitung auch die Lackiervorbereitungen selbst durchführen, was natürlich auch Geld sparte. Lackiert wurde der A112 selbstverständlich in Originalfarbe, die sich Arancio Racing nennt.
Glückliche Teilesuche
Dann begann die Montage. Die Innenausstattung musste lediglich gereinigt werden und war dann sofort wieder einbaubereit. Durch einen glücklichen Zufall war Uli noch auf ein Zeitungsinserat gestoßen, in dem ein Autobianchi-Ersatzteillager angeboten wurde. So kam er in den Besitz neuer Kunststoffteile für die Karosse, nachdem jene an seinem Auto alle verkratzt waren, außerdem ergatterte er einen Satz neue Stahlfelgen.
Das Fahrwerk war nahezu verschleißfrei, hier musste kaum etwas getan werden. Lediglich die Bremsanlage hat Uli komplett überholt. Auch am Motor und am Getriebe gab es zunächst wenig zu tun, doch musste er später die Benzinpumpe und die Zylinderkopfdichtung erneuern. Im Rahmen dieser Arbeit baute er gleich noch eine neue Kupplung ein.
Seit einigen Jahren bereichert nun der aufwendig restaurierte Wagen seinen Fuhrpark. Und wenn er sich mal an einem orangefarbenen A112 erfreuen will, muss er nicht mehr durch Augsburg fahren, sondern nur in seine Garage gehen.