Auto-Legende VW Käfer (1938 bis 2003)

Heckschleuder fürs Volk

Laut, lahm, geliebt: Dem Charme des VW Käfer kann sich kaum jemand entziehen. Doch was ist das Tolle am Käfer und was macht ihn so besonders?

VW Käfer Schnittzeichnung Röntgenbild Foto: VW 41 Bilder

Fragen Sie mal einen Freund, Bekannten oder Verwandten nach dem VW Käfer: Es wird schwer sein, jemanden zu finden, der keine Geschichte zum Käfer zu erzählen hat. Die lange Bauzeit sorgte nicht nur für einen Produktionsrekord von rund 21,5 Millionen Exemplaren, sondern führte auch dazu, dass praktisch jeder Bundesbürger über 30 schon mal in einem Käfer gefahren sein dürfte. Die Polizei fuhr ihn, die Post und manchmal auch der Pfarrer. Zu fast jedem Haushalt in Westdeutschland dürfte irgendwann zwischen 1949 und heute ein Käfer gehört haben. Eingestellt hat den Produktionsrekord des Käfer 2002 dessen Nachfolger, der VW Golf – der Käfer lief übrigens noch bis 2003 als Neuwagen im mexikanischen Puebla vom Band. Das meistgebaute Auto ist übrigens keiner der Beiden: Ford hat seit 1948 über 34 Millionen Pickups der F-Serie gebaut. Heute ist der VW Käfer in Deutschland der Nummer-1-Oldtimer: 36.258 Exemplare waren am 1. Januar 2018 mit H-Kennzeichen zugelassen.

Was ist typisch für den Käfer?

VW Käfer Schnittzeichnung Röntgenbild Foto: VW
Der luftgekühlte Motor über der hinteren Pendelachse macht das Fahrverhalten tückisch.

Doch nur bei einem Auto rauscht das Gebläse, brabbelt der Motor so wie beim Käfer. Nur beim Käfer sitzt der Fahrer so dicht mit der Nase vor der Scheibe, muss das stehende Bremspedal mangels Servo kräftig treten und beim Lastwechsel in schnellen Kurven auch mal beten. Das Eigenlenkverhalten früher Pendelachs-Käfer war tückisch und bis zum Schluss lehrte das Fahrwerk Generationen das Gegenlenken. Heizen war nie die Stärke des luftgekühlten Boxermotors – und wenn es warm wird, riecht die Luft immer ein bisschen nach Abgas, Benzin oder Öl. Die Türen schließen nur mit Schwung – weil die Kabine so dicht ist. Weil der Käfer so gründlich erprobt (2,5 Millionen Testkilometer!), so lange gebaut und ständig optimiert wurde, stimmt kaum ein Teil eines späten Emdener Modells von 1978 mit einem 1949er-Typ-1 überein. Die Form blieb jedoch von 1938 bis 2003 praktisch gleich. Kompliziert zu bedienen war der Käfer nie – was den Umgang mit ihm enorm erleichtert und das Auto nur sympathischer macht. Solide und scheinbar für die Ewigkeit gebaut war der VW jedoch immer.

Welche Schwächen hat der Käfer?

VW Beetle GSR, VW 1303S Käfer, AMS1017 Foto: Martin Meiners
Eng? Nein, gemütlich. Im Käfer sitzen Fahrer und Beifahrer eng zusammen und nah an der Scheibe.

Dass er eng, laut und seitenwindempfindlich ist, steht in praktisch jedem Testbericht der auto motor und sport zwischen 1951 und 1978. Der Boxermotor gilt außerdem als durstig und wenig durchzugsstark; 10 Liter auf 100 Kilometern zu verbrauchen, stellt kein großes Problem dar. Weil der Motor ruhig läuft und bei schneller Fahrt auf der Autobahn hoch dreht, wird dem dritten Zylinder schnell heiß um den Kopf – ein Ölthermometer ist sinnvoll. Ob der Käfer so wirtschaftlich und zuverlässig ist, wie von VW gern behauptet, überprüfte auto motor und sport 1972 in einem Dauertest. Der endete nicht bei den damals üblichen 50.000 Kilometern. Erst ein gravierender Schaden sollte den Dauerläufer stoppen. Der kam bei Kilometer 104.000: Das überhitzte Auslassventil des vierten Zylinders war gebrochen: "Brennraum und Kolbenboden wurden völlig zerhämmert", schreibt der Autor 1974 im Abschlussbericht. Am Rest des Motors und des Autos war der Verschleiß jedoch gering – beides hätte ohne den Ventilschaden noch eine ganze Zeitlang Dienst getan.

Hat Ferdinand Porsche den Käfer erfunden?

Ferdinand Porsche hat den Käfer entwickelt, erprobt und zur Serienreife gebracht. Die Idee zu einem Auto mit luftgekühltem Boxermotor im Heck hatten vor ihm jedoch schon andere: Der von Hans Ledwinka konstruierte Tatra V570 sieht den ersten Käfer-Prototypen verblüffend ähnlich, war aber einige Jahre früher da. Dazu kommt: Ledwinka und Porsche kannten sich. VW musste darum in den Sechziger-Jahren 1,5 Millionen D-Mark an die Tatra-Erben überweisen. Ein Käfer-ähnliches Konzept hatte schon 1925 Béla Barényi entworfen, jedoch nicht schützen lassen. Dennoch wird Jahrzehnte später seine geistige Vaterschaft nach einem drei Jahre langen Rechtsstreit anerkannt. Auch der Prototyp des Motorjournalisten Josef Ganz wird immer wieder als erster Volkswagen bezeichnet.

Stimmt es, dass ein Promi seinen Käfer verschenkt hat?

VW Käfer Herbie Foto: VW
Als Herbie wurde der Käfer 1968 selbst zum Filmstar.

Der vermutlich bekannteste Käfer-Cabrio-Fahrer der Bundesrepublik heißt Jürgen Klinsmann. Der Stürmerstar und gelernte Bäcker war übrigens nicht der einzige Fußballspieler, der ein Käfer Cabrio fuhr: Die Spieler der WM-Mannschaft 1974 samt Trainern bekamen jeweils ein VW 1303 Cabrio aus der Sonderserie "World Cup ‘74" geschenkt. Es gab davon nur 25 Exemplare in Cliffgrün, die nicht frei verkauft wurden. Alle anderen Sondermodelle dieser kleinen Serie waren geschlossene Limousinen. Der Schauspieler Götz George fuhr bis 1986 einen VW 1303 S, den er 1974 von seiner Mutter übernommen hatte. Paul Newman soll ein Käfer Cabrio mit V8-Motor besessen haben. Moderator Günther Jauch hatte sich 1986 einen metallicgrauen Ovali von 1956 gekauft, den er 2013 an die Oldtimerspendenaktion weitergab – er hat ihn also gespendet, nicht verschenkt..

Was kostet ein Käfer?

Der bisher teuerste Käfer wurde 2018 in Schweden versteigert, als der Sammler Bengt Holmgren sein Museum aufgelöst und für ein 1948 Export-Modell umgerechnet 130.200 Euro erlöst hat. Auch wenn sich die Preise für einen VW 1300 seit 1999 verfünffacht haben: Mit 12.800 Euro sind selbst Exemplare in gutem Zustand noch bezahlbar. Ein 1303 LS Cabriolet notiert Classic-Analytics bei 26.000 Euro. Sozialneid ist also nicht angebracht, wenn ein Käfer ums Eck brabbelt.