Austin Healey (1952 bis 1968) im Check
4- und 6-Zylinder-Roadster unter der Lupe
Die robust ausgelegte und im leichten Austin-Healey kaum beanspruchte Großserientechnik macht wenig Probleme. Die Karosserie bietet dagegen trotz Kastenrahmen viel Material für exzessiven Rostfraß. Unsere Kaufberatung bezieht sich auf 4- und 6-Zylinder-Modelle.
15.11.2015 Patrick LangKarosserie-Check
Der Kastenrahmen des Austin-Healey ist mit der Innenstruktur der Karosserie wie A-Säulen, Bodenblechen, Seitenschwellern, Radhäusern und Spritzwänden fest verschweißt. Dadurch entstehen viele Rostnester, die auch den Rahmen angreifen können. Verschärft wird die Situation durch einige Karosserieteile aus Aluminium, die zu Kontaktkorrosion mit benachbarten Stahlblechen neigen.
Rost- und damit auch pfuschgefährdet durch (amerikanische) Schnell-Restaurierungen sind beim Austin-Healey vor allem folgende Bereiche: Kontaktstelle Frontschürze und Kotflügel, Radläufe, A-Säule, Schweller, B-Säule, Innenkotflügel hinten, Kofferraumboden, die Bereiche unter den Verstärkungsblechen der Hauben und in den Knotenblechen des Unterbodens.
Technik-Check
Die gesamte Antriebstechnik aller Austin-Healey-Modelle stammt aus den Austin- und Morris-Regalen. Beide Motoren sind eigentlich für den Betrieb in (voll beladen) bis zu doppelt so schweren Personenwagen konzipiert und entsprechend haltbar dimensioniert. Besonders der BMC-Sechszylinder aus der C-Serie gilt als nahezu unzerstörbar.
Hohe (Dauer-)Drehzahlen mögen allerdings beide Langhuber nicht und quittieren dies gerne mit Überhitzung, die beim Vierzylinder zu reißenden Zylinderköpfen führen kann. Beim Sechszylinder neigen die Kipphebelwellen der Ventilsteuerungen zum Einlaufen.
Schließlich zeigen alle Austin-Healey-Motoren, weil eine Simmerringabdichtung der Kurbelwellen fehlt, einen tolerierbaren Ölverlust. Getriebe und Differenzial gelten ebenfalls als unauffällig. Overdrive-Probleme liegen oft an dessen elektrischer Steuerung.
Das Fahrwerk des Austin-Healey weist jedoch einige Schwachstellen auf: Die vorne und hinten eingebauten Hebelstoßdämpfer können durch Ölverlust und ausgeschlagene Buchsen Probleme machen. Schlaffe Blattfedern reduzieren die ohnehin knappe Bodenfreiheit auf ein unzumutbares Maß.
Preise
Für einen Austin-Healey 100 BN2 sind laut Classic-Analytics im Zustand 2 rund 64.000 Euro fällig. Fahrbereite Healey 100 im Zustand 4 sind ab 28.000 Euro zu haben. Der Austin-Healey 3000 Mk III BJ8 bewegt sich auf einem ähnlichen Preisniveau. Für einen Mk III in gutem Zustand werden im Schnitt 65.000 Euro abverlangt. Mäßige Mk III-Austin-Healey gibt es bereits für 26.000 Euro.
- Bei Einführung 1955 (Austin-Healey) :
- 12.500 Mark
Ersatzteile
Das bei allen Austin-Healey eher schlicht gehaltene Interieur lässt sich bei Bedarf von einem Sattler problemlos aufarbeiten. Für fehlende Teile gibt es Ersatz. Ausgenommen sind die Instrumente und das Verdeckgestänge der 2+2-Sitzer, das nur noch gebraucht erhältlich ist.
Neue Verdeckbezüge des Austin-Healey sind dagegen beim Spezialisten für relativ kleine Summen erhältlich. Die Ersatzteilsituation ist absolut entspannt. Alle Blechteile bis zu neuen Chassis sind vorrätig. Hier empfiehlt es sich, ein Chassis mit Rohaufbau zu bestellen, das die gesamte Innenkarosserie mit einschließt.
So ist eine Grundsanierung von noch unberührten, inzwischen selten gewordenen Big Healey auch in der heimischen Garage möglich. Darüber hinaus gibt es viel praktisches Zubehör. Auch Technik- und Verschleißteile sind problemlos lieferbar: als Nachbau-Neuteile, Lager-Neuteile (New Old Stock), Gebraucht- und Tauschteile. Das Preisniveau für Austin-Healey-Ersatzteile ist vergleichsweise niedrig.
Schwachpunkte
- Alu-Frontmaske
- verkalkter Kühler (US-Importe)
- Risse im Zylinderkopf (Vierzyl.)
- Kipphebelwelle (Sechszyl.)
- Verteilerwelle (Sechszyl.)
- Kurbelwellenabdichtung
- Hebelstoßdämpfer-Aufnahme
- Kotflügel
- A- und B-Säule
- Innenkotflügel
- Kofferraumboden
- Innenschweller
Wertungen
Fazit
Eigentlich ist ein Austin Healey der ideale Klassiker: Er ist offen und ehrlich, robust und besitzt eine klassische Roadster-Linie, zudem gibt es keine Ersatzteilprobleme. Allerdings sollte man sich schon etwas mit dem Wagen und seiner Technik beschäftigt haben, bevor man zur ersten Besichtigung schreitet. Und jedem Interessenten sollte klar sein, dass ein Auto im Alter von rund 50 bis über 60 Jahren immer etwas Zuwendung benötigt. Posiv ausgedrückt: Ein Austin-Healey bleibt ein Projekt fürs Leben.