Auktion: Carroll Shelbys 1966er 427 Super Snake
Kompressor-Cobra bringt 5,5 Millionen Dollar
Barrett-Jackson versteigerte eine spezielle Cobra für viel Geld. Sie gehörte einst Carroll Shelby selbst und ist eines von nur zwei Exemplaren mit doppelter Kompressor-Aufladung.
29.03.2021 Thomas HarloffDie Serie von für mehrere Millionen Dollar versteigerten Shelby Cobras hat ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht. Barrett-Jackson erlöste bei seiner alljährlichen Scottsdale-Auktion mit einem bestens bekannten Exemplar satte 5,5 Millionen Dollar (fast 4,7 Millionen Euro). Die 1966er Cobra 427 Super Snake gehörte einst nicht nur Carroll Shelby selbst, sondern weist auch einige technische Besonderheiten auf.
Die Geschichte des Autos mit der Fahrgestellnummer CSX 3015 beginnt 1965 als 427er-Modell, also mit sieben Liter großem Big-Block-Saugmotor. Der Meister wollte aber wissen, was aus der Cobra-Basis motorseitig herauszuholen ist und aus der Giftschlange endgültig einen Ferrari-Killer machen (wie Motorsport-Kenner wissen, wiederholte sich diese Geschichte etwas später in Le Mans). Also ordnete er 1967 an, den Leichtbau-Roadster mit Aluminium-Karosserie obendrein per doppelter Kompressor-Aufladung aufzupumpen. Da traf es sich gut, dass Shelby zu dieser Zeit gut mit Joe Granatelli bekannt war, dem Chef des Kompressor-Herstellers Paxton.
Motorhaube mit extragroßer Hutze
Die Firma stellte ein Paar Supercharger zur Verfügung, das jedoch gar nicht einfach im Cobra-Bug unterzubringen war. Schließlich mussten sie nicht nur mit dem V8-Monster, sondern auch mit dem zugehörigen Riemenantrieb, zwei Holley-Vierfach-Vergasern, der Crossram-Ansaugbrücke, der Motorkühlung sowie allen anderen Nebenaggregaten, Halterungen, Kabeln und Schläuchen um den vorhandenen Platz rangeln. Also erhielt diese Super Snake eine Motorhaube mit üppig bemessener Hutze. Zudem fällt auf, dass ein Kühlergrill fehlt. Dieses Auto fährt also besser voraus, denn möglicher Steinschlag könnte einiges zerstören im Motorraum.
Dem Antriebs-Paket werden über 800 PS nachgesagt. Auch deshalb, weil der Motor über seine Krümmer direkt und ungefiltert (also ohne Schalldämpfer-Barriere) in mächtig dimensionierte Sidepipes ausatmet. Die Kraftübertragung auf die Hinterräder besorgt die C6-Dreigang-Automatik, die ihre Robustheit viele Jahrzehnte lang in Millionen Ford-Modellen unter Beweis gestellt hat.
Letzte existierende Doppel-Kompressor-Cobra
800 PS: Was heutzutage nach unerhört viel klingt, dürfte Mitte der Sechzigerjahre ein schier unvorstellbarer Leistungswert gewesen sein. Nicht umsonst sprach Shelby, in dessen Händen die Super Snake bei offiziellen Veranstaltungen über die 300-km/h-Marke getrieben wurde, von einem "besonderen Auto. So etwas wurde nie wieder gebaut." Nun ja, das stimmt nicht ganz. Nummer CSX 3015 ist eine von zwei Cobras mit V8-Doppel-Kompressor. Die andere (CSX 3303) wurde später bei einem Unfall, bei dem leider auch der Fahrer ums Leben kam, weitgehend zerstört.
Der blaue Roadster kam ursprünglich als einer von nur 23 waschechten Cobra-Rennwagen, die 1965 gebaut wurden, auf die Welt. Er wurde später aber als "Semi Competition Cobra" eingestuft und erhielt somit eine Straßenzulassung. Entsprechend ist er optisch ein Zwitterwesen, was vor allem an der großen Windschutzscheibe liegt. Die verlängerte Front, die breiten Kotflügel und die fehlenden Stoßstangen weisen ihn dagegen ebenso als reines Competition-Modell aus wie die verchromten Überrollbügel und weitere Ausstattungsdetails. Auch die vielen Zusatzinstrumente samt Ladedruckanzeige im Armaturenbrett waren Merkmale eines Shelby-Rennwagens.
Mehrfach für über fünf Millionen Dollar versteigert
Seit der Geburt hat CSX 3015 eine bewegte Geschichte hinter sich. Im September 1965 wurde das Auto (noch mit V8-Saugmotor) nach Europa verschifft, um für Ford auf Promotionstour zu gehen. Nach der Rückkehr Ende 1966 und dem Kompressor-Umbau diente es weiter diesem Zweck, etwa 1968 als Hauptdarsteller in einer legendären Geschichte in der Fachzeitschrift "Road & Track". Zwei Jahre später kaufte der Songwriter Jimmy Webb die Super Snake und behielt sie mehr als zwei Jahrzehnte, bis er Ärger mit dem Fiskus bekam. Das Finanzamt beschlagnahmte die Shelby Cobra und brachte sie erstmals zur Versteigerung.
Auktionen und Besitzerwechsel sollten fortan die Existenz dieses Exemplars bestimmen. Bei der Scottsdale-Auktion 2007 erlöste es schon einmal 5,5 Millionen Dollar. Auch 2015 war Barrett-Jackson für die Versteigerung verantwortlich. Diesmal wechselte die Cobra für 5,1 Millionen Dollar (gut 4,3 Millionen Euro) den Besitzer. Immerhin befindet sich das Auto technisch heute noch weitgehend im Originalzustand: Motorblock, Ölkühler, Pumpen, Krümmer, Sidepipe-Auspuff und Bremsen entsprechen dem Stand von 1965. Folgerichtig wurde CSX 3015 nie komplett restauriert, sondern sind Verschleißteile immer wieder punktuell erneuert worden.