Aston Martin DB4 GT Continuation

So entsteht die Sportwagen-Ikone

Eine Sportwagen-Ikone von 1959 als Neuwagen ab Werk – wo gibt’s denn so was? Bei Aston Martin in England, wo sonst? Wir haben uns den Bau des DB4 GT mal angesehen.

Produktion Aston Martin DB4 GT, Reportage, ams0219 Foto: Aston Martin 12 Bilder

In der britischen Provinz scheint die Zeit stillzustehen, allen politischen Umbrüchen zum Trotz. Auf dem Schild am Ortseingang ist das im idyllischen Tal des Flusses Great Ouse gelegene Städtchen Newport Pagnell noch immer „Home to Aston Martin Lagonda“, obwohl der Firmensitz bereits 2004 an den Standort des modernen Werks in Gaydon verlegt wurde. Aus den alten Hallen an der Tickford Street rollen bis heute in homöopathischen Stückzahlen Klassiker der Marke im Neuzustand auf die Straße, weil das Stammwerk seit dem Produktionsende des V12 Vanquish 2007 als Service- und Restaurierungsbetrieb dient.

Rund 13.000 Sportwagen wie der legendäre DB5 von James Bond sind hier in 50 Jahren gebaut worden, und mit seinem überlegenen Sieg gleich beim ersten Rennen in Silverstone 1959 beflügelte auch der DB4 GT den Ruhm der Marke. Dank 13 Zentimetern weniger Länge und Radstand, 84 kg Gewichtsdiät sowie einem stärkeren Sechszylinder mit Doppelzündung, drei Weber-Vergasern und 302 PS konnte die Rennversion des Seriencoupés noch viele weitere Triumphe feiern, bis 1962 der Ferrari GTO die Bühne des Motorsports betrat. So wurden in vier Jahren nur 75 Exemplare gebaut, obwohl ursprünglich 100 geplant waren.

Produktion Aston Martin DB4 GT, Reportage, ams0219 Foto: Aston Martin
Im Inneren des DB4 GT Continuation setzt Aston Martin immer noch auf hochwertiges Connolly Leder.

Heute gehört der DB4 GT zu den gesuchtesten und mit Preisen ab drei Millionen Pfund zu den teuersten Oldtimern, was Aston Martin auf eine Idee brachte, die Jaguar schon vor Jahren mit dem E-Type Lightweight umsetzte: Warum nicht eine zweite Serie auflegen und die damals nicht gebauten Autos nachliefern? Schließlich sind die originalen Pläne und Werkzeuge ebenso vorhanden wie das Know-how, sogar viele Zulieferer von einst sind noch im Geschäft. So kommen die Speichenräder wie früher von Borrani und das Leder von Connolly, wo seit Kurzem wieder Tierhäute gegerbt werden.

Handarbeit und Hightech

Obwohl selbst das Chassis, die Superleggera-Struktur und die Alubleche nach klassischem Vorbild außer Haus entstanden, war das Projekt für Werksleiter Paul Spires eine große Herausforderung. „Vor 10 oder 15 Jahren wäre so etwas nicht möglich gewesen, weil die Technologie noch nicht da war“, sagt er. Denn die digitale Vermessung von mehreren Autos brachte zahlreiche Abweichungen ans Licht, die es zu harmonisieren galt. Zugleich sollten konstruktive Mängel wie ein Linksdrall im Fahrwerk oder die thermischen Probleme des sechsten Zylinders ausgemerzt werden, was weitere Änderungen erforderlich machte.

Ohnehin ist die als „Continuation“ („Fortsetzung“) bezeichnete Neuauflage nicht als sklavische Kopie, sondern eher als Evolution des Originals zu verstehen. Dabei orientiert sie sich an der nur achtmal gebauten Lightweight-Version, die außer auf Stoßstangen, Radio und Handschuhfachdeckel auch auf eine Straßenzulassung verzichtet. Umso mehr sollen die 25 Neubesitzer die Freuden des „goldenen Motorsportzeitalters“ genießen, als Autorennen eine Kunst und keine Wissenschaft waren.

Produktion Aston Martin DB4 GT, Reportage, ams0219 Foto: Aston Martin
Authentisches Cockpit mit Schalensitzen.

Deshalb wurde extra für sie ein zweijähriges Sportprogramm mit Rundumservice und Fahrtrainings durch Werkspiloten aufgelegt, damit sie sich mit ihren Autos auf acht internationalen Rennstrecken messen können. Weil es dabei wenig zimperlich oder materialschonend zugeht, sind zum Schutz der Fahrer moderne Schalensitze, ein stabiler Überrollkäfig und ein ummantelter Benzintank eingebaut. Des Weiteren kommen bessere Bremsbeläge und Stahlverbindungen statt der früheren Gummielemente in der Radaufhängung zum Einsatz, um dem Wagen ein präziseres Handling zu geben.

Upgrade für den Motor

Da der bildschöne Reihenmotor mit zwei obenliegenden Nockenwellen ohnehin neu gefertigt werden musste, wurde zugleich der Hubraum von 3,7 auf 4,2 Liter vergrößert und die Leistung auf 345 PS erhöht. Viel Aufwand für eine Kleinserie, aber durch die Digitalisierung der Konstruktion ist es künftig deutlich leichter, Ersatz herzustellen und das Triebwerk auch als Upgrade für Restaurierungsobjekte anzubieten. Doch obwohl auch in Newport Pagnell nun moderne Technik und Arbeitsbedingungen Einzug gehalten haben, herrschen in den heiligen Hallen noch die britische Gelassenheit und Handwerkskunst.

Produktion Aston Martin DB4 GT, Reportage, ams0219 Foto: Aston Martin
Ein bildschöner Reihenmotor mit zwei obenliegenden Nockenwellen. Bei der Neuauflage wurde der Hubraum von 3,7 auf 4,2 Liter vergößert.

Während die Spezialisten im Bodyshop die Alubleche an das tragende Gerippe anpassen und verschweißen, werden zwei Räume weiter bereits fertige Rohkarosserien in der Wunschfarbe lackiert. Danach erfolgt die Montage von Achsen, Antrieb und sonstigen Komponenten bis zu den Ledersitzen, deren Bezüge im Trimshop zugeschnitten, genäht und aufgezogen werden. Eifrige Geschäftigkeit kommt hier höchstens auf, wenn der Werksleiter mal reinschaut.

30 Leute und circa 4.500 Stunden (ohne die der Zulieferer) braucht es deshalb, bis ein DB4 GT Continuation fertig ist. Dafür stellt Aston Martin seinen Kunden je nach Ausstattung mindestens 1,5 Millionen Pfund in Rechnung, was potenzielle Interessenten keineswegs abschreckt: Die komplette Serie war im Handumdrehen ausverkauft, das letzte Exemplar wurde vor Weihnachten ausgeliefert.

Oldtimer ab Werk

Im Stammwerk von Aston Martin in Newport Pagnell kann man jetzt auch toprestaurierte Klassiker der Marke kaufen.

Produktion Aston Martin DB4 GT, Reportage, ams0219 Foto: Aston Martin
Die historischen Backsteinhallen von Aston Martin - wo früher die klassischen Aston Martin entstanden sind, werden bis heute Restaurierungen und Modifikationen dieser Modelle durchgeführt.

In den historischen Backsteinhallen, in denen von 1953 bis 2007 die klassischen Aston Martin entstanden, werden bis heute Restaurierungen und Modifikationen dieser Modelle durchgeführt. Neben Neuwagen kann man hier inzwischen sogar Old- und Youngtimer der Marke im Spitzenzustand mit einem Jahr Garantie kaufen. Das Fahrzeugangebot wechselt ständig und umfasst alle Baureihen, die ursprünglich in diesem Werk gebaut wurden. Drei Preisbeispiele: DB2/4 Drophead Coupé von 1954 für 475.000 Pfund, DB6 Mk 2 Volante von 1970 für 950.000 Pfund, Vanquish von 2003 für 89.950 Pfund. Weitere Informationen und Angebote unter www.astonmartinworks.com/heritage-sales