Der beste Alfa Spider & GTV (918) für Sie

Kapriziöse Keile oder bezahlbare Renner?

Von wegen Retro: Als Alfa Romeo 1994 den neuen Spider und das Coupé GTV vorstellte, war abgesehen von den Namen alles anders als zuvor. Die keilförmigen Fronttriebler reifen allmählich zu Liebhaberautos. Wie teuer sind die kurzen Italiener bei Wartung und Reparaturen?

Alfa Romeo Spider, Frontansicht Foto: Archiv 16 Bilder

Harte Zeiten waren das für Alfisti. 1987 hatte sich das letzte GTV Coupé verabschiedet, 1993 war der Spider der vierten Generation ausgelaufen und mit ihm eine 27 Jahre währende Liebesbeziehung. Begonnen hatte sie in graziler Offenheit mit dem Duetto von 1966, dem die Alfa-Arbeiter wegen seines Hecks den Namen Osso di Sepia gegeben hatten – Rücken des Tintenfischs. Mit Dustin Hoffman absolvierte der charmante Zweisitzer ein Jahr drauf medienwirksam seine Reifeprüfung und machte Alfa in den USA bekannt. Und nun, 1993: Schluss damit. Es gab keinen offenen Alfa mehr zu kaufen.

Der Nachfolger wurde erst Ende 1994 vorgestellt, gemeinsam mit dem neuen Alfa Romeo GTV. Dass da formal was geschehen müsse, dass es nicht mehr weitergehen könne wie bisher, war allen Entscheidern bis zum Vorstand und auch den Kunden klar. Doch was Alfa-Romeo-Designer Walter de Silva und Enrico Fumia bei Partner Pininfarina sich hatten einfallen lassen, war dann doch sehr progressiv und anfangs verstörend. Extrem keilförmig waren der neue Spider und der neue GTV geraten, und eine wuchtige Sicke zog sich von den Kotflügeln durch die Türen bis zur wieder abfallenden Heckpartie. Der Spider mit seinem gut isolierten, später gegen 3.000 Mark Aufpreis auch elektrisch betätigten und durchaus langlebigen Verdeck trug eine Halskrause.

Alles neu also, auch unterm Blech, das vorn gar keines war: Motorhaube, Kotflügel und Front-End bestehen bei der Alfa-Romeo-Baureihe 916 aus Kunststoff, was zum einen Gewicht spart und zum anderen Schutz vor Korrosion bietet. Steinschläge sind nur ein kosmetisches Problem und führen bei mangelnder Aufmerksamkeit des Eigners nicht zu Rost. Alle gefährdeten Bleche sind zudem verzinkt, sodass allenfalls Kantenrost am Unterboden ein Problem werden kann, wenn er zu lange im Verborgenen wüten darf.

Alfa Romeo Spider und GTV mit Frontantrieb

Die kurze und flache Haube, die sich über die Scheinwerfer spannt und dadurch zum wichtigen Design-Element wird, war natürlich nur möglich, weil sich darunter auch einiges tat. Statt die Motoren längs einzubauen wie bisher, saßen die Vier- und Sechszylinder nun quer zwischen den Vorderrädern. Und weil man gerade so am Umräumen war, sparten sich die Techniker auch die Kardanwelle nach hinten ein. Puh, Quermotor, Vorderradantrieb – im Paket mit dem Design-Schwenk klang das für viele nach Revolution statt Evolution, doch die ersten Fahrberichte und Tests der neuen Alfa Romeo zur Markteinführung 1995 gaben Entwarnung.

Die Vierzylindermotoren, Neukonstruktionen mit zwei obenliegenden Nockenwellen und gleich zwei Zündkerzen und Zündspulen pro Zylinder (daher der Namenszusatz Twin Spark) zum Beispiel erfreuen wie die bisherigen DOHC-Vierzylinder mit Klang, gutem Durchzugsvermögen, Drehfreude und Laufkultur. Anfangs gibt es nur den Zweiliter-TS mit 150 PS, der im Alfa Romeo Spider immerhin für 210 km/h Spitze gut ist und eine Beschleunigung von 8,5 Sekunden auf 100 km/h ermöglicht (Werksangaben).

Später dann, 1998, gibt es für den Spider auch eine Einsteigerversion mit 1,8 Litern und 144 PS, während es beim Zweiliter dann zum Modelljahr 1999 bei verbesserter Abgasqualität gemäß Euro 3 gar 155 Cavalli werden. Zur Modellpflege 2003 erreichten die Vierzylinder mit dem 2.0 JTS, einem Direkteinspritzer, ihren Leistungszenit bei 166 PS. Weder von der Laufkultur noch von der Leistungsentfaltung her liefert dieser Motor mit der modernen Gemischaufbereitung Gründe, die klassischen Saugrohr-Einspritzer zu verschmähen. Das subjektive Gefühl, sehr ordentlich motorisiert zu sein, versprüht auch der konventionelle Zweiliter. Nur der 1.8 TS lässt es ein wenig an Nachdruck mangeln, wurde daher nicht sehr häufig geordert und ist folglich heute nur selten am Markt.

Alles noch ein wenig besser können natürlich die Arese-V6-Zweiventiler, die in Alfa Romeo Spider und GTV unterschiedliche Einsätze hatten: Der Spider startete 1995 mit 192 PS aus drei Litern Hubraum, während im GTV ein Zweiliter-Turbo mit 202 PS angeboten wurde. Er machte im Coupé 1998 einem Dreiliter-V6 24V mit 220 PS Platz, während dieser Motor den 3.0 12V im Spider erst zum Herbst 2000 ablöste. Als im Herbst 2003 das nach 1998 zweite große Facelift einen neu modellierten Bug mit einem größeren Scudetto samt verchromten Querstreben brachte, ein grünes statt zuvor rotes Nachtdesign der Instrumente und Schalter sowie eine Absenkung der 1998 angehobenen Sitze, zog dann die letzte Ausbaustufe des V6 in Alfa Romeo Spider und Coupé ein: der 3,2 Liter große Vierventiler mit Sechsganggetriebe aus dem 156 und 147 GTA, der hier aber von 250 auf 240 PS gedrosselt wurde.

Direkte Lenkung und traktionsstarkes Handling

Puh, ziemlich viel Motorengeschichte bis hierhin. Und zum Fahrwerk ist ja auch noch einiges zu sagen. Denn was die Tester schon in den 1990ern feststellten, merkt auch der Gebrauchtwagenkäufer heute am Steuer der 916er-Typen, die mittlerweile seit rund zehn Jahren nicht mehr gebaut werden. Sie fahren, ihrer sehr direkt übersetzten Lenkung willig folgend, so ambitioniert um die Ecken, dass nur driftversessene Könner dem Hinterradantrieb eine Träne nachweinen.

Verantwortlich für dieses durchaus traktionsstarke Handling sind eine sorgfältig ausgelegte McPherson-Vorderachse und eine Mehrlenkerachse, die an einem Hilfsrahmen im Heck ihren Platz hat. Diese raumgreifende Achse ist auch der Grund für das lächerlich geringe Stauvolumen der zwei schönen Italiener. Gerade einmal 110 Liter passen in den Kofferraum, der wegen des darin platzierten Notrades auch sehr verwinkelt ausfällt. Auf längeren Reisen muss einiges vom Gepäck also in den Innenraum.

Damit kommen die zwei Notsitze des Alfa Romeo GTV ihrer wahren Bestimmung nach, denn zum Transport von Mitfahrern sind sie angesichts des sparsamen Platzangebots kaum geeignet. Im Spider zeigte sich Alfa Romeo konsequenter, verzichtete auf die Sitzchen und schuf eine verschließbare Ablage. Heute werden Spider und Coupé der Baureihe 916 zu attraktiven Kursen angeboten. Die Spannbreite der aufgerufenen Preise ist allerdings enorm und trägt dem Umstand Rechnung, dass der Zustand bei Gebrauchtwagen in der Regel wichtiger ist als die Ziffern auf dem Wegstreckenzähler des Tachos.

Bei Besichtigung und Probefahrt sollte man durchaus mit Skepsis ans Werk gehen und sich nicht von glänzendem Lack täuschen lassen. Wird ein Vierzylinder mit AT-Motor angeboten, ist dies alles andere als ein Nachteil. Denn diese Motoren litten anfangs unter Problemen mit den Zahnriemen-Spannrollen und abreißenden Pleueln. Motorschäden waren die Folge.

Erklingt im Leerlauf leichtes Nageln wie bei einem Diesel, ist der Phasensteller der Einlassnockenwelle defekt und muss ersetzt werden. Hier lässt sich bei einem ansonsten ordentlichen Auto gut über einen Preisnachlass verhandeln, wie auch ein bald fälliger Zahnriemenwechsel in den Kaufpreis einfließen kann. Alfa Romeo nennt zwar Wechselintervalle von 120.000 Kilometern, mit maximal 80.000 km oder einem Alter des Riemens von fünf Jahren ist man aber auf der sicheren Seite und minimiert das Risiko teurer Motorschäden.

Leistungsmangel oder schlechte Gasannahme sind meistens auf einen defekten Luftmassenmesser zurückzuführen. Mit rund 500 Euro sind Sie dabei. Neue Zündkerzen benötigen die Vierzylinder nur alle 100.000 Kilometer. Doch der Wechsel geht ins Geld, weil die Kerzen mit Platinüberzug teurer sind als Standardkerzen und trotz vier Zylindern eben acht Kerzen benötigt werden.

Alfa Romeo Spider und GTV mit kurzlebiger Kupplung

Die V6-Motoren sind mindestens ebenso haltbar wie die Vierzylinder, stellen aber höhere Wartungsansprüche. Die Kupplung ist nicht selten schon nach 30.000 Kilometern verschlissen, und beim Dreiliter-Zweiventiler muss das Ventilspiel alle 40.000 km eingestellt und müssen dazu die Nockenwellen ausgebaut werden. Alle 80.000 km ist auch hier ein Zahnriemenwechsel fällig, was inklusive neuer hydraulischer Spanner und einer neuen Wasserpumpe (die wird im Alter öfters inkontinent) locker über 1.000 Euro kosten kann.

Wer zu einem der später angebotenen Vierventiler-V6 greift, kann Wartungskosten sparen, denn diese Motoren verfügen zum Beispiel über hydraulischen Ventilspielausgleich. Ist das Objekt der Begierde ein Zweiliter-Turbo und ist unterwegs ein lautes Pfeifen hörbar, muss dies nicht zwangsläufig auf einen Turbo-Defekt hindeuten. Das kann auch von einer Krümmerdichtung oder einer losen Verschraubung zwischen Lader und Krümmer stammen: Ein Check in der Werkstatt bringt Sicherheit.

Ansonsten muss niemand fürchten, mit einem gut gewarteten Alfa Romeo Spider oder GTV eine italienische Diva einzukaufen. Ölnebel an den Ventildeckel- oder Zylinderkopfdichtungen der V6 ist fast normal und unkritisch, wenn er sich in Grenzen hält, Fahrwerkspoltern und ein indifferentes Fahrverhalten lassen auf verschlissene Querlenker und/oder Buchsen schließen – die Reparatur ist ein mehrere Hundert Euro teurer Spaß, ebenso der Ersatz der Flexrohre im Bereich der Katalysatoren: Sie sind die Schwachstelle der ansonsten kaum rostenden Auspuffanlagen.

Zeigen die Reifen Sägezahnprofil, ist eine Neujustierung des an Vorder- und Hinterachse im Sturz einstellbaren Fahrwerks fällig. Wassereinbruch rührt oft von falsch eingestellten Seitenscheiben oder kollabierten Verdeckdichtungen. Das unterhaltsame Handling des technisch soliden Typs 916 kann also seinen Preis haben. Doch wenn die Kurven rufen und der Motor jubelt, ist der ruck, zuck vergessen. Einfach keil eben.