Chevrolet Corvette C4 Callaway Sledgehammer

410-km/h-Corvette von 1988 nicht verkauft

Diese Callaway-Corvette C4 sieht unscheinbar aus, stellte jedoch einen Geschwindigkeits-Rekord auf. Den Mindestpreis wollte jedoch offenbar niemand zahlen.

1988 Chevrolet Corvette C4 Callaway SledgeHammer Foto: Erc3 / Bring a Trailer 17 Bilder

Dieser in Silber-Metallic lackierten Corvette C4 wohnt etwas Undurchschaubares inne. Auf den ersten Blick sehen die Betrachter keine großen Unterschiede zum Standard-US-Sportwagen aus den Achtziger- und Neunzigerjahren. Okay, die zusätzlichen Luftein- und -auslässe geben dezente Hinweise auf etwaige Besonderheiten. Gleiches gilt für die fast schon verschämt klein präsentierten Callaway-Schriftzüge. Und dann ist da natürlich die aerodynamisch mit neuer Nase, Heckspoiler und -schürze optimierte Karosserie.

1988 Chevrolet Corvette C4 Callaway SledgeHammer Foto: Erc3 / Bring a Trailer
Die Extra-Lufteinlässe deuten auf den Sonderstatus dieser Corvette hin.

Aber ein Auto, das den Beinamen "Sledgehammer" (deutsch: Vorschlaghammer) trägt, muss doch ein vierrädriger Brutalo sein, oder etwa nicht? Doch, schon richtig! Wer hier die Motorhaube – C4-typisch nach vorne – klappt, öffnet so etwas wie die Büchse der Pandora. Der 5,7-Liter-V8 des Sledgehammers leistet nämlich erstaunliche 892 PS und malträtiert Getriebe und Hinterachse mit maximal 1.047 Newtonmetern. Was heute in Supercar-Kreisen fast schon zum guten Ton gehört, muss 1988, im Geburtsjahr dieses Corvette-Knallers, die absolute Sensation gewesen sein. Nochmal zur Verdeutlichung: Das ist 33 Jahre her!

Doppeldruck durch Twin-Turbo-Aufladung

Zwei weitere Zahlen zur Verdeutlichung: Eine Standard-Corvette mit L98-Motor lieferte seinerzeit lediglich 243 PS und höchstens 461 Newtonmeter. Callaway musste also einige Register ziehen, um aus dem Gummi- einen Vorschlaghammer zu machen. Innermotorisch handelte es sich dabei um Maßnahmen wie eine Cosworth-Kurbelwelle und Schmiedekolben. Hinzu kommen ein Trockensumpf-Ölsystem, eine MSD-Zündanlage und ein Zytek-Motor-Management. Und natürlich die beiden Turbonetics-Lader, deren Luft mit zwei Kühlern im optimalen Temperaturfenster gehalten wird.

1988 Chevrolet Corvette C4 Callaway SledgeHammer Foto: Erc3 / Bring a Trailer
Ein Twin-Turbo-System macht dem 5,7-Liter-V8 der Corvette C4 Beine.

Ursprünglich musste ein Doug-Nash-Getriebe mit der gewaltigen Kraft klarkommen. Erst 1989 zog die heute noch verbaute manuelle Sechsgang-Schaltung von ZF in den Antriebsstrang ein. Die hinteren Halbwellen sind massive, aus Aluminium geschmiedete Experimental-Komponenten von General Motors; auch die Kupplung zeigt sich verstärkt. Die Abgase entfliehen über ein zweiflutiges System in die Freiheit. Sie müssen dabei vier zentral angeordnete Endrohre passieren, die jeweils über eigene Schalldämpfer verfügen. Nicht zu vergessen die auf 3,54 zu 1 vergrößerte Hinterachs-Übersetzung.

254,76 mph bzw. 410 km/h Topspeed

Und wofür der ganze Aufwand? Na klar: Um Rekorde aufzustellen! Genau das geschah im Oktober 1989, als Fahrer John Lingenfelter die Sledgehammer-Corvette auf einer zwölf Kilometer langen Oval-Strecke in Columbus, US-Bundestaat Ohio, auf eine Geschwindigkeit von 254,76 mph trieb. Was im Meilen-Maßstab noch wenig beeindruckend anmutet, gewinnt nach der Umrechnung auf die metrische Entsprechung an Faszination. Das entspricht exakt 410 km/h. Noch einmal: Zu diesem Zeitpunkt war die Berliner Mauer noch nicht gefallen! Erst 2007 gelang es dem SSC Ultimate Aero TT, diesen Rekord für straßenzugelassene Landfahrzeuge zu brechen. Die Supersportwagen-Flunder war gerade einmal zwei km/h schneller.

1988 Chevrolet Corvette C4 Callaway SledgeHammer Foto: Erc3 / Bring a Trailer
Hinter den 17 Zoll großen Magnesium-Rädern arbeitet eine verstärkte Bremsanlage.

Callaway hatte für den Sledgehammer eine seiner regulären Twin-Turbo-Corvettes – Nummer 51 des Modelljahres 1988 – umgebaut und dabei dessen Komfort-Merkmale weitgehend beibehalten. Diese C4 verfügt über ein "FX3 Selective Ride Control"-Fahrwerk mit elektronisch einstellbaren Bilstein-Dämpfern, das aber erst nach der 410-km/h-Hatz einzog und ab dem Modelljahr 1989 als Serienausstattung für die Corvette erhältlich war. Die Bremsanlage mit vorne 330 und hinten 292 Millimeter großen Scheiben vernichtet die Geschwindigkeit wieder. Sie steckt hinter 8,5 x 17 Zoll großen Magnesium-Felgen, die heute mit 275/40er Goodyear Eagle ZR40-Reifen bestückt sind. Bei der damaligen Rekordfahrt kamen allerdings extra gebackene Goodyear-Gummis zum Einsatz.

Uneinheitliches Interieur

Auch innen zeigt der Sledgehammer einen gewissen "Dr. Jekyll & Mr. Hyde"-Charakter. Hier gibt es einerseits einen ledergepolsterten Vierpunkt-Überrollbügel, ein Feuerlöschsystem, eine Ladedruck-Anzeige und Fünfpunkt-Sicherheitsgurte. Doch die Insassen nehmen in den typischen, elektrisch verstellbaren Corvette-Sportsitzen mit Lederbezug Platz. Auch die Fensterheber funktionieren mit elektrischer Unterstützung, eine Klimaautomatik sorgt für Behaglichkeit und eine Delco-Bose-Kassetten-Stereoanlage liefert den passenden Soundtrack. Das Zweispeichen-Lenkrad und die Mäusekino-Instrumente verkörpern typischen Corvette-C4-Chic.

1988 Chevrolet Corvette C4 Callaway SledgeHammer Foto: Erc3 / Bring a Trailer
Innen geht es sowohl sportlich als auch komfortabel zu.

Eine Auktion, die über das US-Portal "Bring a Trailer" abgewickelt werden sollte, bot die einmalige Gelegenheit, das Callaway-Rekordauto zu erwerben. Davon gab es zwar mehrere; die Geschwister des Sledgehammers wurden jedoch auf GM-Prototypen-Plattformen aufgebaut, die nach dem jeweiligen Rekordversuch an den Konzern zurückgegeben werden mussten und dort zerlegt wurden. Diese Corvette ist also nicht nur ein Einzelstück, sondern eine Überlebende.

Mindestgebot nicht erreicht

Die noch dazu kaum Meilen (nur etwa 2.000, also ungefähr 3.200 Kilometer) auf dem trotz Digitaltacho mechanisch ausgeführten Zähler stehen hat und im exzellenten Gesamtzustand samt kompletter Dokumentation verkauft wird. Zudem hat Callaway Cars höchstselbst erst 2018 einen großen Service durchgeführt, bei dem viele Verschleißteile, Schläuche und Verbindungsstücke erneuert wurden. Trotzdem fand sich allem Anschein nach kein Käufer, der das Mindestgebot von 500.000 Dollar (knapp 410.000 Euro) zahlen wollte.