1968 Dodge Charger „Hellacious” von Speedkore
Karbon-Extremist mit Mittelmotor
Dom Torettos neuer Dienstwagen in "Fast & Furious 9" sieht nicht nur böse aus. Er birgt auch eine technische Überraschung in seinem Herzen.
28.06.2021 Thomas HarloffDas Thema "Restomod" lässt sich aus zwei Seiten angehen. Entweder besonders behutsam, mit maximalem Respekt vor dem Originalauto. Oder so wie von Speedkore: Der US-Tuner verpasst seinen Umbauten meist nicht nur extrem leistungsstarke Motoren, sondern auch komplett aus Karbon gefertigte Karosserien. Mit "behutsam" hat das meist rein gar nichts zu tun. Trotzdem sagt Firmenchef Jim Kacmarcik über das hier vorgestellte Auto: "Dieser Charger ist eines unserer bisher extremsten Projekte."
Das ist einerseits nicht weiter verwunderlich, schließlich erhielt Speedkore den Auftrag, zusammen mit Filmauto-Designer Sean Smith einen möglichst heftigen Dodge Charger für "Fast & Furious 9" zu entwickeln. Da die Filmreihe in Sachen Action inzwischen auf einem Monster-Niveau angekommen ist, reicht ein einfaches getuntes Muscle Car, wie noch im ersten Teil, längst nicht mehr, um für Aufsehen zu sorgen. Etwas Besonderes musste her, weshalb Speedkore den 1968er Dodge Charger auf ein Mittelmotor-Layout umbaute.
Neun Autos für die Dreharbeiten
Es ist nicht die erste Kooperation zwischen den Filmmachern und dem Tuner: 2015 baute Speedkore für den siebten Teil den 1970er Dodge Charger "Tantrum". Die Truppe aus Grafton im US-Bundesstaat Wisconsin dürfte mit dem jüngsten Auftrag gut ausgelastet gewesen sein. Dennis McCarthy, bei der Produktion des Films für die Stunt-Fahrzeug-Koordination zuständig, orderte für die Dreharbeiten gleich neun Chassis und Karosserien für verschiedene Zwecke, die im Film von Hauptfigur Dom Toretto (Vin Diesel) gefahren werden.
Der hier vorgestellte Dodge Charger "Hellacious" ist die straßentaugliche Ableitung der Filmautos, die über dasselbe Design sowie dieselben Technologien und Funktionalitäten verfügt. Natürlich auch über den ungewöhnlich angeordneten Motor, der sich – sauber durch eine Wand von diesen abgetrennt – zwischen den Insassen und der Hinterachse breitmacht. Dabei handelt es sich um das Hellcat-Triebwerk aus dem Hause Dodge, also einen 6,2-Liter-Kompressor-V8. Ungewöhnlich für Speedkore: Bisher bleibt der Motor unangetastet, weshalb beim Charger "Hellacious" 717 PS und maximal 881 Newtonmeter im Datenblatt stehen.
Weitreichende Umbauarbeiten
Das heißt natürlich nicht, dass der Umbau von Front- auf Mittelmotor im Handumdrehen erledigt ist. Speedkore muss erst einen Extra-Rahmen in den Charger integrieren, der den Motor aufnehmen kann. Der Wasserkühler sitzt vorne im Auto, während jene für die Ladeluft hinten untergebracht sind. Zudem zieht ein neues, aus einem Lamborghini Gallardo entliehenes Graziano-Getriebe ein, das die Power auf die Hinterräder überträgt. Die Komponenten für die speziell entworfene Auspuffanlage mit weit oben angeordneten Krümmern und Schalldämpfern, aber fast senkrecht nach unten austretenden Endrohren stammen vom Abgas-Experten Magnaflow.
Auch das Chassis des Mittelmotor-Chargers zeigt sich komplett neu entworfen. Den vorderen Rahmen fertigt Speedkore eigens an, auch die Doppelquerlenker-Radaufhängungen vorne und hinten haben mit dem Fahrwerk des Originals nichts mehr zu tun. Ebenfalls neu: Die komplette Lenkung, die mit Rennstrecken-Setup versehenen Stoßdämpfer und die Brembo-Bremsanlage, die vorne mit Sechs- und hinten mit doppelten Vierkolben-Sätteln arbeitet und für gepflegte Drifts mit einer hydraulischen Handbremse ausgerüstet ist. Die 18-Zoll-Felgen mit markantem Zentralverschluss werden von HRE Wheels zugeliefert und sind mit Reifen der Dimensionen 275/35 R18 (vorne) und 345/35 R18 (hinten) ummantelt.
Natürlich mit Vollkarbon-Karosserie
Die Spezialität des Hauses Speedkore kommt natürlich auch beim Dodge Charger "Hellacious" zum Tragen: Die gecleante Karosserie besteht komplett aus Karbon. Für einen besonders bösen Auftritt hat Sean Smith dem Mittelmotor-Muscle-Car breite Kotflügel mit speziellen Radausschnitten geschneidert; so wirkt das Auto besonders breit und tief. Die mattschwarze Lackierung von BASF Glasurit und der Grill mit Vertikal-Lamellen samt glänzendem Rand und für den Charger typischen verdeckten Scheinwerfern verstärken diesen Effekt.
Die Stoßstangen aus gebürstetem Stahl, die bündig eingelassenen Seitenscheiben und die neue Heckschürze mit vier runden Leuchten passen sich hervorragend in den passiv-aggressiven Look des Chargers ein. Der bronzefarbene Streifen mit R/T-Schriftzug auf den hinteren Seitenteilen greift die Farbgebung der Felgen auf. Und selbstverständlich wird der Mittelmotor auch von außen inszeniert – über eine gläserne Heckklappe nämlich.
Die NOS-Flasche ist nur Attrappe
Innen kommt der Dodge Charger "Hellacious" sehr reduziert daher. Die niedrigen Sportsitze tragen Simpson-Sicherheitsgurte, die neben dem Überrollkäfig für Sicherheit sorgen. Im eigens angefertigten Aluminium-Armaturenbrett befinden sich stilvolle Analoguhren von Classic Instruments. Der kurze Schalthebel flitzt durch eine offene Kulisse, während der lange Hebel Impulse auf die Handbremse gibt. Obwohl sie nur Attrappe ist, darf die zwischen den Sitzen untergebrachte NOS-Flasche bei einem "Fast & Furious"-Auto natürlich nicht fehlen.