Autofriedhof Båstnäs
Schrott und die Welt
Im schwedischen Nirgendwo an der Grenze zu Norwegen warten rund 1000 Autos auf den Verfall, manche seit mehr als 50 Jahren. Ard op de Weegh hat sich in Båstnäs umgesehen.
In der Nähe des kleinen schwedischen Ortes Töcksfors liegt nach einer 20 Kilometer langen, ungepflasterten Straße der winzige Ort Båstnäs. Er besteht lediglich aus ein paar typischen Holzhäusern, die in eine wunderbare Natur aus Wäldern und Seen verstreut wurden; kurz dahinter befindet sich die Grenze zu Norwegen.
Gesetzeslücke macht den Weg für den Autofriedhof frei
Der Ort wird geteilt durch einen Weg, den man dort "Sugar Road" nennt, weil diese Straße in der Vergangenheit oft genutzt wurde, um - unter anderem - Zucker zu schmuggeln. Die ganze Gegend ist rau und einsam und eignet sich daher prächtig für einen nicht legalen Grenzverkehr.
1955 gründeten die Gebrüder Ivansson hier eine Werkstatt, in der sie alle Arten von Autos reparierten, vor allem schwedische, deutsche und englische Marken. Im benachbarten Norwegen dagegen fuhren damals noch fast keine Privatwagen, und auch der Import von Autos war verboten. Die Gebrüder hatten aber eine Lücke im Gesetz entdeckt: Es gab kein Verbot für den Import von Einzelteilen, und auch war es nicht verboten, nach der Grenze in Norwegen wieder ein Auto zusammenzubasteln.
Also demontierten die Ivanssons die Fahrzeuge in Schweden, setzten sie in Norwegen wieder zusammen und verdienten sich ein gutes Zubrot. Dazu verkauften sie viele Autos an Leute, die diese restaurieren wollten. Es war ein gutes Geschäft, und so kam es, dass nach einiger Zeit um das Haus und um die Werkstatt herum viele Autos standen, die entweder noch verkauft wurden oder als Ersatzteilspender für andere Fahrzeuge dienten.
Letzte Ruhestätte für Ford Badewanne, Saab 99 & Co.
In jenen Jahren gab es einen großen Bedarf an billigen Transportmitteln, und die Gebrüder konnten genau das anbieten. Darüber hinaus wurden aus der Umgebung Autos, die nicht mehr fahrfähig waren, nach Båstnäs gebracht. Das war kein Problem, denn der Ort liegt "in the middle of nowhere" und es schadete niemandem. Die Ivanssons hatten eine Genehmigung für 500 Autos, und die haben sie heute noch.
Die Anzahl der Fahrzeuge wuchs in den Jahren bis 1986, als die Brüder den Betrieb beendeten, auf mehr als 1.000. Die meisten Autos stehen auch heute noch da. Wir haben versucht sie zu zählen, aber wir haben es nicht geschafft. Es stehen so viele dort und derart durcheinander, dass das eine unmögliche Aufgabe ist.
Die Natur lässt ihre Kreativität spielen
Der besondere Reiz dieses Ruheplatzes liegt darin, dass die Natur eine bestimmende Rolle spielt: Immer wieder ändern entweder Rost, natürliches Wachstum oder Wetter und Sturm das, was man sieht. Büsche und Bäume wachsen in und durch die Autos - manches Gefährt erinnert an einen großen Pflanzentrog.
Was man sieht, ist echt, pur und ohne Prätention. Das Bild wurde nicht durch Menschen gemacht, sondern allein durch die Natur. Man hört nur das Säuseln der Büsche und Bäume, das Singen der Vögel und hin und wieder das Knarzen einer Motorhaube, die sich unter dem Einfluss der Sonne ausdehnt. Die Atmosphäre hier bleibt nicht ohne Einfluss, Båstnäs ist wirklich eine letzte Ruhestäte für Autos.
Widerstand gegen den Autofriedhof wächst
Allerdings nicht unumstritten: Tomas Ivansson, der Sohn von einem der Eigentümer, erzählte uns, dass es wachsenden Widerstand zu diesem Platz gibt. Behörden und Umweltaktivisten versuchen, auch diesen Platz geräumt zu bekommen – eigentlich komisch, denn dieselbe Behörde inseriert in einem ihrer Prospekte mit der Schönheit dieses Friedhofs. Für die Umweltaktivisten wäre es vielleicht ratsam, einmal nachzufragen, wie sehr der Boden etwa im schweizerischen Kaufdorf nach der Räumung des Autofriedhofs 2009 verschmutzt war.
Wir sind der Meinung, dass der "Billkirkengarden ved Ryn, Töcksfors Båstnäs" nicht geräumt werden darf. Der Platz ist ein Beispiel dafür, wie sich Europa nach dem Zweiten Weltkrieg schüchtern automobil machte.
Vor allem aber ist Båstnäs ein Ort, an dem sich Natur und Technik auf eine geradezu rührende Weise umarmen - eine Gelegenheit, um nachzudenken über die Dinge und ihre Vergänglichkeit. Diese einmalige Ruhestätte sollte unbedingt bewahrt bleiben – um seiner Schönheit willen, seiner Ausstrahlung und als Beweis für die erneuernde Kraft der Natur.