V12-Ferrari 308 GTB Restaurierung
Goldsmiths Vermächtnis
Der Amerikaner David P. Goldsmith realisierte Anfang der 80er-Jahre seinen Traum von einem Ferrari 308 GTB mit V12. Wir berichten exklusiv von der Restaurierung und Optimierung dieses Einzelstücks.
Die Verwirklichung seiner Idee von einem Ferrari 308 mit Zwölfzylinder-V-Motor hat David P. Goldsmith in einem rund 150 Seiten dicken Handbuch akribisch und nachvollziehbar festgehalten. Sein 308 GTB V12, von ihm 365 GTB getauft, stieß im Test des Fachblatts "Road & Track" 1985 auf Begeisterung, aber nach Auftritten in anderen Magazinen war für ihn das Thema erledigt. In den 90ern tauchte der Wagen in Deutschland auf, landete schließlich in einer Ferrari-Sammlung und sollte für Rennen präpariert werden. Doch dann wäre nie dieses fantastische Auto entstanden.
Zunächst als Rennauto geplant
Ein neuer Besitzer, der anonym bleiben möchte, konnte Goldsmiths Traum bestens nachvollziehen: das tolle Handling und die guten Fahreigenschaften eines Ferrari 308, gepaart mit der Power eines V12. Das musste das Größte sein, weshalb sich Goldsmith damals mit einem Seitenblick auf den Lamborghini Miura ans Werk gemacht hatte.
Der heutige Eigentümer erwog zunächst ebenfalls einen möglichen Renneinsatz des Wagens, wovon noch der mit viel Aufwand exakt eingepasste Überrollkäfig zeugt. "Doch im Laufe der mehrjährigen Restaurierung besannen wir uns immer mehr auf die Erhaltung der Idee von Goldsmith", erzählt der mit dem besonderen Ferrari 308 GTB V12-Projekt beauftragte Norbert Lahme.
In dessen Werkstatt in Willich bei Düsseldorf begann die Zerlegung des arg in die Jahre gekommenen Sportwagens. Der quer mittschiffs untergebrachte Motor, den Goldsmith aus einem gebrauchten Daytona-Block und damals von ihm bei Ferrari erstandenen Zylinderköpfen eines Ferrari 365 GT 2+2 aufgebaut hatte, war nicht mehr bei bester Gesundheit.
Das von sechs Weber-Doppelvergasern gekrönte Triebwerk blieb bei der Revision in seiner Auslegung unberührt, doch in die Peripherie flossen eine Menge Ideen und Arbeit. "Wir haben jedes Teil in der Hand gehabt, es aufgearbeitet oder überlegt, was man daran besser machen könnte, auch wenn es von Ferrari war", erklärt Lahme.
Zündverteiler vom Lamborghini Countach
Offensichtlicher Handlungsbedarf bestand bei den von Goldsmith gebauten Auspuffkrümmern. Die waren aus nicht gerade hochwertigem Stahl und verliefen teilweise sehr dicht am Rahmen und am Tank des Ferrari 308 vorbei. Bei der Restaurierung wurden sie als Fächerkrümmer ausgelegt und in einem etwas großzügigeren Durchmesser in VA-Stahl angefertigt.
Schon zuvor war die ursprüngliche Zündanlage mit zwei stehenden Verteilern auf einen einzelnen Verteiler und eine Hochleistungszündanlage abgeändert worden. Nun kam eine kontaktlose Zündanlage von Crane zum Einsatz. Unklar war zunächst die Wahl des Verteilers. Letztlich passte nur jener vom ersten Lamborghini Countach, weil er die richtige Drehrichtung besitzt. Glücklicherweise fand sich in der Schweiz ein nagelneues Exemplar.
Norbert Lahme tüftelte während der langjährigen Restaurierung immer an speziellen Lösungen für die verschiedensten Probleme. So war es in Goldsmiths Ferrari 308 GTB V12 aus Platzmangel nicht möglich, auf die Schnelle den einzelnen Keilriemen zu wechseln, der die Klimaanlage und die Lichtmaschine antreiben musste. Lahme ersann zunächst eine andere Halterung für den Klimakompressor, änderte das Wasserpumpengehäuse ab und sah für jedes Aggregat einen eigenen Keilriemen vor.
Tank wandert nach vorn
Nun stand allerdings einer der beiden Tanks im Weg, den Goldsmith schon verkleinert hatte. Um den Aktionsradius des Ferrari 308 nicht noch weiter einzugrenzen, wanderte der Benzinvorrat unter die vordere Haube. Der Wegfall der hinteren Tanks brachte zusätzlichen Platz und ermöglichte zudem zwei Serviceklappen in der Schottwand zwischen Passagier- und Motorraum.
Zwecks optimaler Kühlung des Motors wurde vorne ein Alu-Kühler mit Spal-Lüftern montiert, die Ölkühlung aber nach hinten versetzt. "Das klingt im ersten Moment widersinnig", sagt Lahme, doch es gibt gute Gründe dafür. Bei den anfangs angedachten Renneinsätzen wäre damit der Ölkühler bei Remplern aus der Schusslinie gewesen, und außerdem entfallen die langen, heiß werdenden Ölleitungen, die den Innenraum des Ferrari 308 unnötig aufheizen.
Schwachpunkt Getriebe ausgemerzt
Um eine sichere Kühlung des Öls zu gewährleisten, gibt es nun einen links im Motorraum montierten Kühler, der zusammen mit der NACA-Öffnung im Seitenteil, wie beim Ferrari 208 Turbo, und temperaturgesteuertem Lüfter ein geschlossenes System bildet.
Ohne Änderung konnte das serienmäßige Getriebe übernommen werden, das lediglich in den Genuss einer Revision kam. Dafür wurde allerdings das Zwischengetriebe, dessen Übersetzung Goldsmith geändert hatte, nach Vorbild des Ferrari 328 verstärkt und damit ein 308-Schwachpunkt ausgemerzt.
Wie gut das von Goldsmith modifizierte Fahrwerk wirklich war, ließ sich wegen des fortgeschrittenen Verschleißes nicht mehr nachzuvollziehen. In Abstimmung mit dem Besitzer wählte Lahme ein Wilbers-Gewindefahrwerk, überholte die Achsen komplett, verbesserte die revidierte Bremsanlage mit Stahlflexleitungen und Rennbremsbelägen und setzte als i-Tüpfelchen zum Schluss noch eine elektrische Servo-Pumpe ein, "weil der Unterdruckservo bei langsamer Fahrt in Verbindung mit den montierten Vergasern ungenügend war". Und statt auf den abenteuerlich aus drei Rädern zusammengeschweißten Goldsmith-Felgen, die ständig Luft verloren, steht der 308 nun auf 16-Zoll-Werksfelgen.
Optimierungen in allen Bereichen
Unerwähnt blieben bisher die vielen Verfeinerungen der Karosserie. Die Front erhielt mit einem Ferrari 308 QV-Grill, einer Haube nach 288 GTO-Muster und einer zierlichen, extra angefertigten Stoßstange aus GFK ein gefälligeres Aussehen. Der wuchtige und beschädigte Goldsmith-Spoiler wich der weniger auffälligen originalen Schürze des 308 mit kleinem Stahlspoiler.Die Goldsmith-Motorhaube mit der sichtraubenden Hutze entfiel ebenfalls, stattdessen gelang es, den Motor noch einen Tick tiefer zu setzen, sodass eine Serienhaube montiert werden konnte.
Auch in dem in einem hellbraunen Leder gehaltenen Innenraum des Ferrari 308 verbergen sich viele Optimierungen und Arbeitsstunden. So wurden, optisch kaum zu bemerken, die Lenkradnabe verlängert, um die Sitzposition zu verbessern, alle Instrumente auf die Euro-Version umgebaut und der Drehzahlmesser an die Zündanlage angepasst, moderne Fensterheber montiert, die Schalterbelegung der Mittelkonsole unter Verwendung zeitgenössischer Ferrari-Kippschalter geändert und die Elektrik mit doppelt so vielen Relais und Sicherungen verbessert, weshalb Lahme allein drei Wochen an einem neuen Kabelbaum arbeitete.
"Bei diesem Projekt konnte man einmal zeigen, was möglich ist", lautet sein Resümee, und dem Besitzer ging es darum, dass durch die hochwertige Arbeit der Wagen letztlich nicht als Bastellösung dastand, "sondern die Umsetzung der Goldsmith-Idee mit heutigen Mitteln widerspiegelt". Sollte er je alle ausgeführten Arbeiten an dem Ferrari 308 GTB V12 in einem Buch zusammenfassen, hätte das wahrscheinlich weit mehr als 150 Seiten.
Detailliertes Handbuch für den Umbau
David Paul Goldsmith hat Anfang der 80er-Jahre mithilfe des Mechanikers Gordon Anderson die Verwandlung des 77er Ferrari 308 GTB (Chassis 22105) in einen 365 GTB vollzogen und diese dokumentiert. In einem über 150 Seiten starken Handbuch beschreibt Goldsmith in neun Kapiteln bis ins kleinste Detail alle nötigen Arbeiten, um den 308 mit einem Zwölfzylinder-V-Motor aufzurüsten.
Darin enthalten sind viele Anleitungen, wie etwa für das Umschweißen der Ölwanne, und exakt bemaßte Skizzen, um zum Beispiel die Auspuffanlage, aber auch die speziellen Felgen oder den Frontspoiler für den einzigartigen Ferrari 308 GTB V12 anfertigen zu können. Unter DPB (steht für David, Paul und Sohn Brett) Enterprises bot er das Buch für 100 Dollar zum Kauf an.
Restaurierungsdetails Ferrari 308 GTB V12
- Kaufort/Jahr: Rheinland, 2005
- Kaufzustand: fahrbereit, aber Technik schlecht, Interieur und Karosse verschlissen, Zustand 4
- Vorgeschichte: 308 GTB von 1977, der in den 80er-Jahren von David P. Goldsmith mit einem Zwölfzylinder versehen und in vielen Details umgebaut wurde. Der Wagen kam später nach Deutschland, gehörte eine Zeit lang einem Arzt in Münster und wechselte dann in eine Ferrari-Sammlung im Rheinland, bevor er in die Hände des jetzigen Besitzers gelangte
- Restaurierungsumfang: Komplett zerlegt, Rost beseitigt, Rückrüstung auf Serien-Motorhaube, Heckschürze in Stahlblech gefertigt, Front modifiziert, NACA-Öffnungen im Seitenteil angebracht, Überrollkäfig eingebaut, Motor und Getriebe überholt, Zwischengetriebe verstärkt, Ölkühler ins Heck versetzt, Alu-Benzintank vorne montiert, Auspuff und Krümmer in Edelstahl angefertigt, Bremse revidiert, Wilbers-Fahrwerk eingebaut, komplette Elektrik und Kabelbaum abgeändert u. v. a.
- Restaurierungsdauer: 2005 bis 2013
- Fachkundige Unterstützung:
Norbert Lahme, Siemensring 31, 47877 Willich, Tel. +49 (0)172 2676087, (Restaurierung)
Classic Concepts, www.classic-concepts.com (Blech, Käfig, Tank)
Auto Hartwig GmbH, www.auto-hartwig.de (Lackierung)
Hagen Kruse, 37318 Uder, (Sattler)
Motorenbau Restle, 41462 Neuss (Motor, mittlerweile in Ruhestand)
Hermann Oberlack, www.rennsportgetriebe-oberlack.de (Getriebe)
Viktor Günther GmbH, www.vgs-motorsport.com (Vergaser, Prüfstandsläufe)
C & C Parts, www.ccparts.nl (Bremsen)
Wilbers Products, www.wilbers.de (Fahrwerk)
isoproQ, www.isoproq.de (Dämmmaterial)