Audi Quattro-Restaurierung
Urquattro - weiße Pracht auf allen Vieren
Der Audi Urquattro-Wunsch von Susanna Eberle war groß, und prompt half ihr der Zufall. Die Schweizerin ergatterte günstig einen dieser Allradsportwagen und verwandelte ihn mit viel Aufwand in ein attraktives Schmuckstück.
22.12.2010 Bernd WoytalTja, Jungs, da staunt ihr. Diesen Audi Urquattrohat eine Frau restauriert, wenn auch mit etwas Hilfe. "Ich habe früher nie mit Puppen gespielt", erzählt Susanna Eberle. Als Kind bevorzugte die Schweizerin kleine Autos als Spielzeug, und mit ihrem Vater bastelte sie an vielen Wochenenden im Hobbykeller Flugzeugmodelle oder Raddampfer.
Durch Zufall zum Audi Urquattro
"Automobile haben mich schon immer interessiert", sagt sie - ihre erste Begeisterung galt einem Pontiac Trans Am, an dem sie immer auf dem Weg zur Schule vorbeikam. Später schwärmte sie jedoch für den Audi Urquattro: "Als ich dann meinen Führerschein hatte, habe ich geschaut, was die kosten." Dabei blieb es dann, denn die Audi Urquattro zählten damals nicht gerade zu den Sonderangeboten. Viele Jahre später konnte sich Susanna dann zumindest ein Audi Coupé Quattro leisten.
Eines Tages sah eine Passantin diesen Wagen und fragte Susannas zufällig danebenstehenden Freund Tom, ob das auch ein Urquattro sei? "Nein, leider nicht, aber wir hätten gern einen", antwortete dieser. Daraufhin erwähnte die Frau einen Audi Urquattro, der schon ewig bei ihr vor dem Haus stünde und den Platz blockiere. Schon am nächsten Tag eilten Susanna und Tom zur angegebenen Adresse im Nachbarort in der Nähe von Rapperswil. Tatsächlich, dort parkte bei einer Hecke ein weißer Audi Urquattro.
Besitzer war ein Architekt, der den Audi Urquattro aus erster Hand erworben hatte und dann viele Kilometer damit abspulte, bis er beim Rückwärtsfahren gegen einen Stein rasselte. Das linksseitig zerknitterte Heckblech und eine Stauchung des Seitenteils bis hin zum hinteren Radhaus veranlassten ihn, sich ein anderes Auto zu kaufen. Den Audi Urquattro stellte er einfach zur Seite, was nun drei Jahre zurücklag.
Es gelang den beiden, den Audi Urquattro für sehr kleines Geld zu ergattern - plötzlich besaß Susanna einen echten Uruattro: "Das hätte ich mir nie träumen lassen." Okay, es war nicht gerade ein Zustand-1-Auto, das sie erworben hatte. Im Bereich des Heckschadens gab es einige Roststellen, und im Kofferraum schwappte das Regenwasser. Die Laufleistung lag bei über 200.000 Kilometern, doch immerhin, der Motor lief noch. Da könnte man doch den Audi Urquattro auf Achse überführen.
Internet hilft bei der Restaurierung
Gesagt, getan. Susannas erste Fahrt in einem Audi Urquattro geriet zum unvergesslichen Erlebnis, auch wenn Kupplung und Bremsen unter der langen Standzeit gelitten hatten. Susanna plante, ihren Traumwagen so weit wie möglich eigenhändig zu restaurieren, wollte aber auf der anderen Seite möglichst bald mit ihm fahren. Dass sie dann später ihre Ungeduld nicht zügeln konnte und mit dem Audi ohne Motorhaube und Kotflügel mal ums Dorf fuhr, kann man sicher verstehen.
Zunächst begann sie an der Front des Audi Urquattro mit den Demontagearbeiten. Das war kein Problem, denn die gelernte Steinbildhauerin besaß bereits eine gewisse Erfahrung im Schrauben. Als sie einst ihr erstes Auto, einen Toyota Corolla, aus der Werkstatt abholte und auf der Rechnung sah, wie teuer manche Arbeiten waren, dachte sie sich: "Das kann ich auch." Mit einer gesunden Mischung aus Naivität und Optimismus wagte sie sich bald an die eine oder andere anstehende Reparatur. Und wenn sie nicht mehr weiter wusste, holte sie sich bei den Jungs in ihrer Straße Rat, die ebenfalls an Autos herumbastelten.
Bei Fragen rund um den Audi Urquattro nutzte sie eine andere Informationsquelle: das Internet. In entsprechenden Foren bekam sie zahlreiche hilfreiche Tipps, und mit der Zeit lernte sie durch ihr Engagement in der Urquattro IG Schweiz und bei Besuchen von Clubtreffen viele Audi Urquattro-Fans kennen, die ihr bei Problemen zur Seite standen. Die Demontage der Vorderkotflügel schaffte sie allein. Dabei stieß sie auf diverse kleine Durchrostungen, ebenso im Bereich der Halterung für den Wischwasserbehälter. Es folgten noch weitere dieser unangenehmen Entdeckungen, darunter auch eine gespachtelte Beule in der Tür. Bei den nötigen Schweißarbeiten und der Reparatur des Heckschadens an ihrem Audi Urquattro half ein befreundeter Spengler.
Nachdem das neue Heckblech eingeschweißt und der Schaden im Seitenteil repariert war, demontierte Susanna die restlichen Teile der Karosserie: Innenausstattung einschließlich Dachhimmel, die Scheiben, die Türen, alles kam raus. Dann wurde entrostetet. Beim Schleifen und Lackieren der Audi Urquattro-Karosserie konnte sie auf die tatkräftige Unterstützung von Tom bauen, der gelernter Autolackierer ist. Das Blech sollte auf jeden Fall beulenfrei sein. Daher wurde nach dem Füllern alles mit der Spraydose schwarz angehaucht, um beim anschließenden Schleifen kleinsten Unebenheiten auf die Spur zu kommen.
Pleiten, Pech und Pannen bei der Restaurierung
Am Abend vor der anstehenden Lackierung entdeckten die beiden dann vom Spengler mit Dichtmasse behandelte Stellen, die dieser versiegelt hatte ohne die Schicht darunter trocknen zu lassen. "Wir haben dann bis nachts um drei Uhr fluchend das Zeugs wieder runtergemacht, alles neu verkittet und den Audi Urquattro bis morgens zum Trocknen in die Lackierkabine gestellt", erinnert sich Susanna an eine der wenigen Katastrophen. Die Arbeiten an der Audi Urquattro-Technik beschränkte sie zunächst auf das Nötigste. Dazu gehörten ein Check des Motors mit Wartungsdienst und das Erneuern der Verschleißteile, das Auswechseln diverser Schläuche und Leitungen, Einbau neuer Motor-Hydrolager, Überholung der Bremsanlage mit Neuteilen, sofern erforderlich, und vieles mehr. Aber sie konnte es ja kaum abwarten, mit ihrem Audi Urquattro zu fahren, weshalb sie nach der Lackierung in Alpinweiß und der Montage aller Teile den Wagen erst einmal zulassen wollte.
Dazu benötigte sie allerdings zwei Anläufe, weil beim ersten Termin ein ausgesprochen mürrischer und schlecht gelaunter Prüfer sie wegen Kleinigkeiten mit ihrem Audi Urquattro wieder nach Hause schickte. Beim zweiten Mal klappte es dann. Die Freude am Fahren hielt allerdings nie lange an, denn nun meldete sich die nicht mehr ganz taufrische Technik zu Wort. "Kaum war das eine gemacht, kam das nächste dran", stöhnt Susanna. Nicht immer verlief das ohne Probleme. Zwei Mal musste sie beispielsweise den Wasserkühler ein- und ausbauen, weil der überholte Kühler undicht war. Dann entschied sie sich doch für ein teures Neuteil. Als die Audi Urquattro-Kupplung samt Geber- und Nehmerzylinder fällig war, wurde plötzlich ein Riss in der Spritzwand entdeckt. Um ihn zu schweißen, musste sie ein Großteil der Elektrik demontieren. Und dann war da dieser Wasserverlust am Zylinderkopf nach einem Flug über deutsche Autobahnen. Die Vermutung, dass daran nur die Zylinderkopfdichtung schuld sei, bestätigte sich nicht. Die Demontage des Kopfes förderte Erschütterndes zu tage: feine Risse zwischen den Ventilsitzen des Audi Urquattro-Motors.
Motor macht immer wieder Ärger
Eine Anfrage bei Audi sorgte für den zweiten Tiefschlag - nicht lieferbar. Zum Glück kannte Susanna mittlerweile unzählige Quattro-Fans und Spezialisten. Einer davon besaß noch einen Ersatzmotor, und dessen Zylinderkopf war intakt. Den Einbau überließ sie einem Mechaniker. Auch der vor einiger Zeit geschweißte Auspuffkrümmer zeigte erneut Risse, und so wurde gleich ein neuer besorgt und eingebaut. Etwa 7.000 Kilometer und viele weitere Neuteile später tropfte schon wieder Wasser an der Kopfdichtung nach draußen. Diesmal brachte Susanna ihren Uri, wie sie den Audi Urquattro nennt, zum Spezialisten Marcus Nothelle nach Vogtsburg-Achkarren bei Breisach, dessen Onkel schon vor langer Zeit Autos von Audi getunt hatte.
Nothelle diagnostizierte gleich mehrere ineinandergreifende Ursachen am Audi Urquattro-Motor für den Wasseraustritt an genau dieser Stelle: eine kleine Blase im Guss, nicht korrekt angezogene Zylinderkopfschrauben und einen nicht fein genug geplanten Kopf. Außerdem entdeckte er einen undichten Benzindruckspeicher und zwei Leckagen an den Hydraulikleitungen. Die Vermessung des Audi Urquattro-Kopfs sowie des Blocks ergab keinen Grund zur Beunruhigung. Seit einiger Zeit läuft Susannas Uri mit einem erträglichen Verbrauch an Neuteilen pro Kilometer, denn sehr vieles ist erneuert worden. Und manchmal trifft sie sogar einen dieser Herrn, die damals sehr skeptisch im Internet ihre Ankündigung von der Restaurierung eines Audi Urquattro gelesen haben. Beim Anblick des Autos können die Jungs dann nur noch staunen.
Experten-Tipps zum Audi Urquattro
Die Fangemeinde des Audi Urquattro ist in den vergangenen Jahren gewachsen, was die Preise nach oben trieb. Gut gepflegte Audi Urquattro mit geringer Laufleistung im Originalzustand sind schwer zu finden oder teuer. 10-V-Modelle im Zustand 2 kosten über 20.000 Euro, Topautos kratzen sogar an der 30.000er Marke. Die Ersatzteilversorgung für den Audi Urquattro ist leider nur mäßig, oft sind die Teile sehr teuer. Manches passt allerdings auch vom normalen Coupé.
Die typischen Schwachstellen des Audi Urquattro
Der Audi Urquattro entstand in Handarbeit. Im Verlauf der Produktion wuchs die Zahl der verzinkten Bleche. Je nach Modell uund Pflegezustand entsteht Rost an den Kotflügeln, in den Radhäusern, im Motorraum, den A-Säulen oder den Schwellern sowie Türen.
Zu den Technikproblemen des Audi Urquattro zählen gerissene Zylinderköpfe oder Auspuffkrümmer. Die Turbolader der frühen Modelle sind wegen der schlechten Kühlung nicht so langlebig. Verschlissen sind oft das Fahrwerk und die Motor-Hydrolager, speziell das rechte.