Porsche 356 A Carrera
Der Königswellen-Carrera
Der Porsche 356 mit dem legendären Fuhrmann-Königswellenmotor ist beileibe kein Käfer-Derivat mehr. Das wird beim Kaufpreis ebenso schmerzlich spürbar wie bei den Restaurierungskosten. Allein eine komplette Motorüberholung dieser Fünfziger-Jahre-Ikone verschlingt 50.000 Euro.
09.04.2010Karosserie-Check
Die Karosserie des Porsche 356 mit ihren zahllosen versteifenden Hohlräumen ist eine regelrechte Rostfalle. Bis auf einen Unterbodenschutz auf Bitumen-Wachs-Basis existierte keinerlei Rostschutz. Aus dem sonnigen Kalifornien importierte 356 haben oft die beste Karosseriesubstanz, andererseits sind -Innenraum und Technik oft in marodem Zustand.
Weil die Karosseriearbeiten am 356 so aufwendig und so teuer sind, existieren immer noch notdürftig -reparierte Blender, die unter der Verkaufslackierung rasch Blasen werfen. Vor allem der Vorderwagen mit seinen verschweißten Kotflügeln, der Brille genannten Frontpartie und den Befestigungsschienen für die Stoßstangenhalterungen birgt zahllose Rostnester.
Viele Bleche sind hier doppelwandig ausgeführt. Im Bereich der A-Säule treffen die Endbleche der vorderen Radkästen und die Stehbleche der Fahrgastzelle genau im Spritzbereich der Vorderräder zusammen und bilden dort einen fatalen Rostherd. Ein wunder Punkt sind auch die Schweller mit den durchlaufenden Heizrohren. Die braune Pest nistet zudem gern in den B-Säulen und vernichtet das Schlossblech. Ungleichmäßige Spaltmaße und hängende Türen sind ein Alarmzeichen. Selbst die Bodengruppe mit ihren versteifenden Traversen ist vor Rost nicht sicher. Das Gleiche gilt für die hinteren Radhäuser.
Technik-Check
Der Königswellen-Boxermotor ist vor allem als 1500er ein kapriziöses Wesen, das artgerecht behandelt werden muss. Unabdingbar ist ein behutsames Warmfahren des 8 bis 10 Liter umfassenden Ölreservoirs für die Trockensumpfschmierung. Zeigt das Ölthermometer 90 Grad, sollte man die Drehzahl möglichst nicht unter 3.000/min abfallen lassen. Untertouriges Fahren quittiert der reinrassige Rennmotor mit verölten Kerzen und – schlimmer noch – mit Lagerschäden.
Die vier Rollenlager der gebauten Hirth-Kurbelwelle gelten als empfindlich. Häufig plagt sich der potente Boxer wie seine gemeinen Artgenossen mit Ölundichtigkeiten. Eine korrekte Einstellung der Doppelzündanlage und der beiden Fallstrom-Doppelvergaser ist ebenso diffizil wie lebensnotwendig. Gemischabmagerung kann zu Kolbenklemmern führen.
Preise
Die rare Königsklasse des Porsche 356 zeichnet sich durch exorbitant hohe Preise aus. Besonders gesucht ist die GT-Leichtbauversion des Carrera mit Plexiglasscheiben, Sitzschalen und ohne Heizung. GT-Versionen mit nachweisbarer Rennhistorie liegen im Topzustand über 150.000 Euro. Die beim Porsche 356 ohnehin hohen Restaurierungskosten wegen komplexer Karosseriestruktur und gesalzener Ersatzteilpreise werden durch den aufwendigen Königswellenmotor noch getoppt.
Experten wie Wolfgang Reile von Classic Power oder Karl Hloch taxieren eine komplette Motorüberholung des legendären Fuhrmann-Motors in der Nähe von 50.000 Euro. Trotz des hohen Preisniveaus haben die 356 Carrera auch in Zukunft eine gute Prognose.
- Bei Einführung 1955 (Carrera 1500 GS) :
- 18.500 Mark
- Bei Produktionsende 1961 (Carrera 1600 GS) :
- 21.500 Mark
Ersatzteile
Porsche-typisch ist die Ersatzteilsituation hervorragend, zumindest in puncto Gleichteile mit den populären 356-Versionen. Nahezu alles ist im Porsche Classics Center in Stuttgart erhältlich, jedoch auf hohem Preisniveau. Ein Vergleich mit spezialisierten Händlern empfiehlt sich.
Eine Ausnahme bilden die Carerra-Modelle. Zwar sind für eine Motorüberholung alle Teile verfügbar, jedoch zu Apothekerpreisen. Insgesamt betrachtet, sind die Carrera-Modelle die große Ausnahmeerscheinung im 356-Segment.
Schwachpunkte
- Kotflügel und Brille
- Stehbleche und lampentöpfe
- A-Säule und Spritzwand
- Wagenbogen und Traversen
- B-Säule und Schweller
- Scheibenrahmen
- Kurbelwellenlager
- Getriebesynchronisierung
- Vergasereinstellung
- Ölverlust/hoher Ölverbrauch
- Auspuff und Wärmetauscher
Wertungen
Fazit
Der Porsche 356 mit dem legendären Fuhrmann-Königswellenmotor ist beileibe kein Käfer-Derivat mehr. Das wird beim Kaufpreis ebenso schmerzlich spürbar wie bei den Restaurierungskosten. Allein eine komplette Motorüberholung dieser Fünfziger-Jahre-Ikone verschlingt 50.000 Euro.