Toyota Supra 3.0i Turbo und Pontiac Trans Am GTA

Krieg der Welten - High-Tech versus Hubraum

Steak oder Sushi - High-Tech oder die Kraft des Hubraums? Ende der 80er Jahre wagte Toyota das Unglaubliche und forderte mit der Supra Turbo das V8-Ponycar Pontiac Trans Am GTA heraus. Aufgeladener Dreiliter-V6 gegen 5,7-Liter-V8-Gewalt - wer ist am Ende vorne?

Foto: Rossen Gargolov 21 Bilder

Toyota Supra 3.0i Turbo und Pontiac Trans Am GTA treten gegeneinander an - das hätte in den Sechziger-Jahren niemand für möglich gehalten, doch die Japaner setzten ihren Siegeszug in den USA unaufhaltsam fort. Toyotas Werbebotschaft "Nichts ist unmöglich" verliert sofort ihren reißerischen Charakter, wenn man die Firmengeschichte der Japaner betrachtet: Nichts war unmöglich.

Schlacht der Giganten - simpler Zweiventiler gegen High-Tech-Triebwerk

Im März 1968 präsentierte Toyota den Corolla für den US-Markt - ein gerade mal 3,84 Meter langer Subcompact mit 60 PS aus 1,2 Liter Hubraum, der dem VW Käfer Konkurrenz machen sollte. Ein Jahr später stellte Pontiac das supersportliche Trans Am-Coupé mit 6,6 Liter Hubraum und gut 300 PS vor. Niemand hätte es damals für möglich gehalten, dass nur 20 Jahre danach die japanische Kleinwagenmarke am Thron der V8-Legende sägen könnte.

Jetzt und heute, mittendrin in der Schlacht der Giganten: Pontiac Trans Am GTA von 1987 gegen Toyota Supra Turbo 3.0i von 1990. Der Platzhirsch verteidigt wieder sein Revier gegen den japanischen Herausforderer. Hubraum gegen High- Tech. Simpler V8-Zweiventiler gegen sechs Zylinder in Reihe, zwei obenliegende Nockenwellen, 24 Ventile und Turbolader mit Ladeluftkühlung. Fette 5,7 Liter Hubraum mit 225 PS gegen schlanke drei Liter mit  235 PS. Beide mit elektronisch gesteuerter Benzineinspritzung und ziemlich genau 1,6 Tonnen schwer. Wer macht das Rennen? Steak oder Sushi?

Doch schauen wir zuerst, wie es zu dieser überraschenden Konfrontation kommen konnte. Der Firebird debütierte 1967 zusammen mit dem technisch eng verwandten Chevrolet Camaro als Antwort auf den überaus erfolgreichen, bereits 1964 vorgestellten Ford Mustang. Das hier präsentierte Modell zählt zur dritten, von 1982 bis 1993 gebauten Generation der intern F-Body genannten Baureihe. Um gegen die kompakten V8-Mustang konkurrieren zu können, kam 1987 das Topmodell Trans Am GTA mit der 5,7-Liter- Maschine aus der Corvette. Der große Small Block ersetzte den Fünf-Liter-Motor und beflügelte auch das ebenfalls 1987 vorgestellte Camaro-Topmodel IROC Z28.

Die 1979 nur in den USA und Japan eingeführte Supra - für Kenner und Fans ist das Coupé weiblich - war zunächst eine etwas längere Topversion des Celica Liftback- Coupés mit Reihensechszylinder. Der von einem Katalysator eingebremste 2,6- Liter-Motor leistete magere 110 PS. Von 1982 bis 1986 kam - nun auch in Europa - die nächste, kantig gezeichnete Generation der Celica Supra zum Einsatz. Wieder lieferte das Heckklappen-Coupé Celica Liftback die Basis. Der 2,8-Liter-Einspritzer leistete jetzt 145 PS (siehe Youngtimer 1/07). Erst mit dem von 1986 bis 1992 gebauten Nachfolger erhielt die Supra den Status einer eigenen Baureihe.

Der Supra-Sechszylinder verfügte jetzt über drei Liter Hubraum und 24 Ventile. Er lieferte als Sauger 200 und mit Turbo 235 PS an die Hinterachse. Seine Bezeichnung lautete 7M-GTE. Für Camaro-, Firebird- und Mustangfahrer mutierten die sechs Zeichen zu einem Albtraum, aus dem sie oft am helllichten Tage mit feuchten Händen und durchgeschwitzten T-Shirts erwachten, wenn sie an einer Ampel oder in den Rockies den Reisbomber nicht abhängen konnten.

Toyota nimmt den Trans Am als optisches Vorbild

Dass sich der japanische Herausforderer nicht nur mit der Motorleistung, sondern auch im Karosseriedesign an der US-Ikone Trans Am orientierte, zeigen auf den ersten Blick die Klappscheinwerfer, die breite B-Säule und das fast nur aus Glas bestehende Schrägheck mit abschließendem Spoiler. Gut, diese Elemente finden sich ganz im Stil der Zeit auch bei anderen Sportwagen wie zum Beispiel Porsche 924/944 und 928. Doch die beim Supra unterhalb der Klappscheinwerfer platzierten schwarzen Blenden, in denen wie beim Trans Am die Blinker und sogar der Markenname integriert sind, zeigen eine erstaunlich enge optische Verwandtschaft. Ebenso das mittig angebrachte, rotglänzende Modellemblem aus wertig wirkender Emaille.

Der Fahrvergleich beginnt im Trans Am GTA. Nach dem Öffnen der ultralangen Tür fällt der Blick auf ein modern und propper anmutendes Interieur mit digitalem und damit noch leblosen Instrumenten. Seit 1985 erschweren angeschraubte  zusätzliche Seitenschweller aus Kunststoff den Einstieg in die Trans Am-Modelle. Die nur der Luxusversion GTA vorbehaltenen, klapprig montierten Sportsitze erweisen sich als bequem und überraschen mit ihrer Variabilität: Die Seitenwülste der Lehnen sowie die Lordosenstützen sind elektrisch, die Auflageflächen der Oberschenkel manuell verstellbar.

Der Fahrer sitzt relativ hoch, sodass er den hinteren Teil der Motorhaube noch überblicken kann. Gleichzeitig wirkt das griffige und kompakte, noch nicht verstellbare Lenkrad (erst ab 1988) für heutiges Empfinden etwas zu tief angebracht. Mit dem Einschalten der Zündung beginnt die optische Show: Wie bei einem Apache- Kampfhubschrauber glühen alle Anzeigen in Rot, Grün und Gelb gleichzeitig los und sacken dann in ihre Nullbereiche ab.

Mit einem "Wrrrommm" startet der Ami-V8 seine akustische Show

Im Leerlauf erklingt ein dezentes "Rororororororo...". Der Fahrer tritt auf das Bremspedal und zerrt den widerspenstigen Wählhebel entschlossen nach hinten auf "D", Fuß von der Bremse und vorsichtig aufs Gas - ab geht's. Die bullige V8-Maschine hängt trotz Automatik gierig am Gas. In der ersten und in der bis 100 km/h reichenden zweiten Fahrstufe unterhält sie den Fahrer mit der Beißlust eines Bullterriers: Man sollte den V8 deshalb mit dem rechten Fuß nicht zu ungestüm traktieren, denn der Trans Am kann schneller ins Abseits driften, als es seiner Besatzung und der starren Hinterachse recht sein mag. Der Antritt besonders aus dem Stand bis auf etwa 60 km/h ist wirklich brutal, 100 km/h werden in knapp sieben Sekunden erreicht. Das lässige Standgasbrabbeln verwandelt sich dann in ein zorniges V8-Brüllen.

Mann, ist der GTA hart! Freundlicherweise wird immerhin der Beifahrer darüber aufgeklärt, weshalb ihm die Zahnplomben rausfallen. "WS6 Performance Suspension" steht auf dem Schildchen an der mickrigen Kunstledertasche, welche das fehlende Handschuhfach ersetzt. Und das bedeutet: harte Federn, daumendicke Stabis, Gasdruckstoßdämpfer und 245/50er-Reifen - so fett wie an einem Ferrari.

Aber auch die direkt und spontan arbeitende Lenkung verlangt nach den Muskeln und Nehmerqualitäten eines NASCAR-Piloten. Sind diese vorhanden, lenkt der GTA brav und freudig ein, fährt gut geradeaus und bremst mit seinen vier Scheibenbremsen sogar ganz ordentlich. Auf der Autobahn geht es zügig, aber extrem lautstark voran. Bei 200 km/h zeigt der Drehzahlmesser 4.000/min. Der V8 hämmert und vibriert, Motorhitze strömt aus dem Fußraum - und wir fühlen uns wie Richard Petty, der mit 330 km/h an der Steilwand von Talladega klebt.


Der Toyota Supra gleicht einer Geisha - kultiviert und unterwürfig

Ganz anders der Toyota. Er benimmt sich im Gegensatz zum Cowboy-Stil des Trans Am so kultiviert und beinahe unterwürfig wie eine Geisha. Der Einsteig in die Supra ist deutlich bequemer, weil der Anbauschweller des Trans Am entfällt. Man sitzt in der Breite etwas beengter als im Pontiac, genießt andererseits den Blick auf sechs klar gezeichnete Rundinstrumente und Bedienungselemente.

Dann diese hohe Qualitätsanmutung von Sitzen, Schaltern und Armaturenbrett. Alles wirkt sehr solide, gut gepolstert, rund und glatt. Kein Klappern und kein Knarzen wie im Pontiac, dessen kantig gestaltetes Cockpit an vielen Stellen nur aus dünnwandigem Hartplastik besteht. Die Supra-Türen schließen mit einem satten "Plong", der Pontiac hingegen gibt so etwas wie ein "Tschengschlapp" von sich. Er macht insgesamt einen auf Fiat Uno, während die gediegene Supra schon in Richtung Lexus LS 400 zielt, der Ende 1989 debütierte.

Säuselnder Sechszylinder mit der Kraft eines Wasserbüffels

Im Leerlauf gibt der vibrationsarm laufende Reihensechszylinder nur ein dezentes Nuscheln von sich. Der Automatikwählhebel flutscht durch seine Schaltgasse wie ein heißes Messer durch ein Stück Butter. Mit wenig Gas setzt sich die Supra sanft in Bewegung. Die leichtgängige Lenkung besitzt nicht ganz die Direktheit des Trans Am. Aber: Der Toyota federt deutlich komfortabler, wirkt dadurch leichtfüßiger als der GTA und erlaubt dank einzeln aufgehängten Hinterrädern hohe Kurvengeschwindigkeiten - auch auf schlechten Straßen.

Doch die größte Überraschung kommt jetzt: Der sanft säuselnde Sechszylinder hat die Kraft eines japanischen Wasserbüffels. Nur die nach oben eilende Tachonadel und der jetzt von hinten unnachgiebig drückende Ledersessel zeugen von der sämigen Turbokraft, die dem V8 bis auf dessen Röhren und Hämmern in nichts nachsteht. Mit Automatik benötigt die Turbo-Supra von null auf 100 km/h 7,5 Sekunden, ihre Höchstgeschwindigkeit liegt bei 240 km/h - und damit 15 km/h über der des Trans Am. Mit Fünfgang-Schaltgetriebe erzielte der Japaner im Test von auto motor und sport sogar gemessene 248 km/h.

Schließlich bietet die Supra noch ein herausnehmbares Dach. So entsteht dank der rahmenlosen Türen bei abgesenkten Seitenscheiben fast schon Cabriogefühl. Das Alu-Dach muss jedoch mittels Bordwerkzeug mit der Karosserie verschraubt werden, da es maßgeblich zu deren Steifigkeit beiträgt. Ohne Dach sollte man deshalb nicht zu sportlich unterwegs sein. Bei Regen muss der Supra-Pilot für die zeitraubende Montage einen überdachten Parkplatz ansteuern.

Die Frage Steak oder Sushi ist geklärt: Der Trans Am GTA erfordert vom Fahrer eine gewisse Begeisterung für das Ungefilterte, Ungezogene und Ungezähmte, das man nicht jeden Tag haben muss. Die Supra 3.0i Turbo dagegen ist perfekt, bequem und schnell. Ein Japaner für alle Fälle auf dem Weg zum Klassiker, wo der brachiale Trans Am schon angekommen ist.