NSU Wankel-Spider Restaurierung
Team-Leistung für ersten Wankel-Spider
Siegfried Göge und Michael Gauß stellten in einer Garage bei Essen den ersten bei NSU vom Band gelaufenen Wankel-Spider wieder auf die Räder – jenes Auto, das einst ein Werksangehöriger gewonnen hatte.
03.06.2013 Bernd WoytalOb Willi Kapp damals vor Freude einen Luftsprung gemacht hat? Der NSU-Werksangehörige aus der Abteilung Karosseriebau hatte nämlich den ersten vom Band gelaufenen Wankel-Spider gewonnen, produziert am 29. September 1964.
Kunstlehrer entdeckt seine Liebe zu alten Autos
Irgendwann gab er den Alfarot lackierten Wagen auf jeden Fall wieder ab. Der NSU Wankel-Spider kam in den Besitz eines Autohauses in Oberfranken und dann in die Hände eines Wankel-Spider-Fans, der ihn restaurieren wollte. Zumindest begann er damit. Er demontierte alle Teile und baute die Karosserie auf, dann gab er auf.
Der in Gelsenkirchen wohnhafte Siegfried Göge wusste von dem Schicksal dieses NSU Wankel-Spider zunächst nichts. Ende der 80er entdeckte er seine Liebe zu alten Autos und kaufte einen BMW Barockengel. „Als Kunstlehrer faszinierte mich besonders die Form des NSU Ro 80“, erinnert er sich, und schon bald sollte ein solches Auto in seiner Garage stehen. Über die Club-Szene lernte er Michael Gauß kennen, ein Mechaniker, Karosseriebauer und Lackierer. Dieser Hans Dampf in allen Gassen war für Göge eine wertvolle Bekanntschaft. Sie wurden Freunde und restaurierten gemeinsam einen Ro 80.
Zwischendurch besaß Göge auch einen NSU Wankel-Spider, aber dessen Zustand befriedigte ihn nicht, und so verkaufte er ihn wieder. Doch das Auto ging ihm nicht aus dem Kopf, und als er eines Tages bei einem skurrilen NSU-Sammler einen weißen Spider im Hühnerstall stehen sah, schlug er zu.
Komplett aber mit Exkrementen übersät
Dem NSU Wankel-Spider ging es im wahrsten Sinn des Wortes beschissen. Er war über und über mit Exkrementen der Hühner bedeckt und musste sozusagen aus der Kacke ausgegraben werden. Doch das nahm der Kunstpädagoge in Kauf, denn der Wagen war weitestgehend komplett, was bei der mäßigen Teileversorgung für NSU Spider als schlagkräftiges Argument gilt. Außerdem bot der Verkäufer noch zusätzliche Teile an, deren einstiger Neuzustand wegen der unsachgemäßen Lagerung jedoch sehr gelitten hatte. So zog er plötzlich mit der Bemerkung „ach, ich habe ja noch Zierleisten“ einige Chromstäbe aus einem Komposthaufen. Göge war sprachlos.
Auf einem Anhänger schaffte er seine Neuerwerbung nach Hause. Und weil ihm vorschwebte, den NSU Wankel-Spider zu restaurieren, holte er seinen Freund Gauß ins Boot.
Zunächst wurde der Spider mit einem Hochdruckreiniger gesäubert und dann ein Schlachtplan entworfen. Der sah unter anderem die Demontage aller Teile vor. „Unter den vergammelten Sitzen fanden wir dabei einige zerschlagene Eier“, erinnert sich Gauß. Auch Göge schraubte fleißig mit. „Ich bin handwerklich nicht ungeschickt, aber bei einem solchen Projekt muss man mir sagen, was ich machen soll“, erklärt er die Rollenverteilung: „Michael war der Chef, ich der Handlanger und Organisator.“
Annonce des Karosserie des ersten Serien-Wankel-Spider
Die Zusammenarbeit klappte prächtig , doch die Karosserie des NSU Wankel-Spider erwies sich als sehr rostig – die Arbeiten kamen nur langsam voran. Da stieß Göge plötzlich auf eine Anzeige, in der eine gerichtete Rohkarosserie zum Kauf angeboten wurde. Es handelte sich um die eingangs erwähnte Karosse mit Chassisnummer 560 1024, also der erste Serien-Spider.
Leider fehlten alle Teile, weshalb kein Auto mit Matching Numbers entstehen konnte. Aber es war klar, dass dieser Wagen wieder aufgebaut werden musste. „In der Anzeige stand, dass keine Schweißarbeiten mehr erforderlich seien, doch ganz so war das nicht“, berichtet Gauß. Da sie nicht genau wussten, was sich unter der Grundierung der angeblich restaurierten Karosserie des NSU Wankel-Spider befand, hatten sie diese sicherheitshalber zum Strahlen gegeben. Und siehe da, es kamen einige nur an den Ecken mit Hartlot befestigte Blechstücke zum Vorschein und an einigen Stellen Zinn, mit dem kleine Löcher im Blech kaschiert worden waren.
Bei den Arbeiten stellten sich auch einige Besonderheiten dieses frühen NSU Wankel-Spider heraus. Beispielsweise gab es für die vordere Haube keine Aufnahmen für die Gasdruckdämpfer, die dieses Modell offenbar noch nicht besaß.
Komplett neu aufgebauter Motor von Spezialist Fabritius
Nach drei Monaten harter Wochenendarbeit stand die Karosserie des NSU Wankel-Spider endlich so da, wie sie sich das vorstellten. Nächste Station war der Lackierer. Zwischenzeitlich wurden alle aus dem anderen Spider ausgebauten Teile aufgearbeitet, um die rote Karosse damit zu bestücken. Die Radaufhängungen wurden gestrahlt und pulverbeschichtet, alle Verschleißteile erneuert.
Bei der Firma Rotech des szenebekannten Michael Fabritius ließ Göge einen komplett neuen Motor für seinen NSU Wankel-Spider aufbauen. Um das Getriebe kümmerte sich Gauß. Ein als gut beschriebenes Räderwerk erwies sich in Teilen als unbrauchbar, weil durch Korrosion das Differenzial klemmte. Gauß kombinierte Komponenten aus verschiedenen Getrieben zu einem funktionsfähigen.
Immer mal wieder gab es bei der Restaurierung des NSU Wankel-Spider kleine Pannen. So stimmten zum Beispiel die zuvor angepassten Stoßstangen nicht mehr, als sie vom Verchromen zurückkamen. Offenbar hatten sich im Bad die Aufnahmen der Halter gelöst und waren dann in anderer Position wieder befestigt worden.
Größter Schreck kam beim TÜV-Termin
Viel Zeit kostete die Hobby-Restaurierer auch das Recherchieren nach Informationen, wie beispielsweise bestimmte Dinge ab Werk montiert waren. „Wir waren ja keine Wankel-Spider-Spezialisten, und die Handbücher geben nicht über alles Auskunft“, sagt Gauß, der den NSU Wankel-Spider zudem für nicht besonders montagefreundlich konstruiert hält.
Ein Sattler übernahm das Beziehen der Seitenverkleidungen, und aus den entrosteten und lackierten Sitzgestellen des weißen Wankel-Spider ließ er wieder komplette Sitze entstehen. Die NSU-Schrauber mühten sich mit anderen Dingen ab wie etwa dem Herstellen von Kunststoffbuchsen für die Pedalwelle aus einem im Baumarkt gekauften PE-Rohr. Doch ein Schreck stand ihnen noch bevor.
Nach sechs Jahren standen die Arbeiten endlich vor dem Abschluss – wie unter den Wankel-Spider-Fahrern üblich, hatten sie 145er statt 135er-Reifen montiert. Doch beim Termin zur technischen Abnahme wurde der Wagen zwar sehr gelobt, allerdings ein etwas zu geringer Freigang zwischen Reifen und der Radlaufpartie unterhalb der Stoßstange bemängelt.
Warum das bei ihrem NSU Wankel-Spider so war, ließ sich nicht nachvollziehen. Eventuell hätten die schmaleren originalen Reifen die Sache entschärft, doch besser war es, die Sache zu richten. „Als dann Michael mit dem Hammer vor dem schönen fertigen Auto stand, wurde es mir ganz anders“, gesteht Göge.
Doch sein Freund spielte sein ganzes Können aus, und nach einer geschickten Reparatur und minimalem Beilackieren war der Fall erledigt. Wenn das kein Grund für einen freudigen Luftsprung ist.
Restaurierung NSU Wankel-Spider
Kaufort/Jahr: Rohkarosse im Januar 2006 in Untersiemau bei Coburg, kompletter weißer
Spider 2006 in Essen Kaufzustand: Der weiße NSU Spider war zwar vollständig, aber sehr desolat und total mit Hühnerkot bedeckt, die erworbene Rohkarosserie mit Hauben und Türen war bereits grundiert.
Vorgeschichte: Die Karosse mit Nummer 560 1024 gehört zum ersten NSU Spider der Serienproduktion vom 29. September 1964. Der alfarote Wagen wurde unter den Werksangehörigen verlost, Gewinner war Willi Kapp. Später war der Wagen im Besitz des Autohauses Völker in 96237 Ebersdorf, dann hatte ihn ein Mitglied des Wankel-Spider Clubs, der ihn restaurieren wollte, die Arbeiten aber abbrach. Der erworbene weiße
Spider wurde 1968 zugelassen und landete irgendwann in einem Hühnerstall.
Restaurierungsumfang: Erworbene Karosse sandgestrahlt, nachgebessert und zum Lackieren vorbereitet, Aufbau der Karosse mit Teilen, die aus dem weißen Spider ausgebaut und überholt worden waren. Alle Verschleißteile erneuert, Sitze, Verkleidungen und Verdeck erneuert, Stoßstangen neu verchromt, Neuaufbau eines Motors, Getriebe revidiert.
Restaurierungsdauer: 2006 bis 2012
Fachkundige Unterstützung: Gubert in 45141 Essen (Lackierung), Kreile in 60327
Frankfurt (verchromen), Rotech in 65812 Bad Soden (Motor), Walter in 32657 Lemgo (Teile), sowie Clubmitglieder, speziell K.-J. Kühner in Untersiemau
Kosten: Nicht ermittelt
Wert: Gutachten steht noch aus