Ford Capri, Taunus und Granada im Fahrbericht
3 Kult-Coupés aus Köln
Die Zeit, als Ford hier zu Lande am amerikanischsten war, brachte Autos hervor, von denen wir heute schwärmen. Einser-Capri, Knudsen-Taunus und Barock-Granada gefallen mit ihren herrlichen Formen. V6-Motoren mit ihrem tollen Sound ersetzen den V8.
23.05.2013 Alf CremersFord Capri, Ford Taunus, Ford Granada: Sie haben einen Sechszylinder unter ihrer langen Motorhaube. Sie sind seltener als ein Jaguar XJ 6 oder ein Mercedes Strichacht Coupé. Sie sind mit ihrem dynamischen Fastback-Design so amerikanisch gestylt wie ein Mustang, ein Thunderbird oder ein Mercury Cougar, aber nicht ganz so gewollt, riesig und aufdringlich. Sie sind so leistungsfähig wie eine kleine Alfa Giulia oder ein, zwei V6-Sprossen höher als ein BMW 2500. Eigentlich müssten sie sehr begehrt und auch sehr teuer sein.
Alle drei Ford-Coupés müssten eigentlich teurer sein
Nur langsam kommt da etwas in Bewegung. Mühsam erklomm der charismatische Held der Drei, der Ford Capri Eins, die 10.000-Euro-Hürde, aber nur ab 2,3 Liter Hubraum und am besten im vollen Ornat eines GT XL R - Capri mit allem eben, weil die Freaks in der Oldtimerszene immer alles wollen. Die ehrlichen Sparbrötchen lassen sie stehen. Auch aus einem 1300 lässt sich ein 2300 machen, das ist der Vorzug des Baukastens. Nicht-Premium-Marken haben eben einen solchen Baukasten. Der Investment-Sonderfall Ford Capri RS 2600 zählt nicht, es gibt ihn quasi nirgends. Und wenn mal ein Echter auftaucht, kostet er an die 30.000 Euro.
Ein Ford Capri 1500 XL mit knorrigem V4 kostet 8.500, er müsste doppelt so teuer sein, denn man findet ihn kaum. Alle drei Ford Coupés, auch Knudsen-Taunus und Barock- Granada, müssten viel begehrter und viel teurer sein. Aber sie sind nur Ford, nicht Premium. Kein berühmter Markenname, keine hochkarätige Begehrlichkeit, keine Verzückung in Kindertagen, außer wenn man in ihnen auf der Rückbank geschaukelt wurde. Keine Renommierwerte im Autoquartett und keine Vergleichstestsieger bei auto motor und sport. Okay, der Ford Capri RS war eine Motorsport-Ikone, ein erfolgreicher Renntourenwagen. Doch färbt der Ruhm des Siebziger-Jahre-Seriensiegers auf Opas lindgrünen 1500-V4 mit 65 PS und Borg-Warner Dreigang-Automatik ab? Mitnichten.
Technisch simples Massenauto
Ford hat nun einmal das Vorurteil des technisch simplen Massenautos. Keine brillant konstruierten Motoren, keine atemberaubenden Radaufhängungen, keine technischen Pioniertaten bis auf das McPherson-Federbein. Ford ist brav, zuverlässig, hübsch gestylt - einen Ford kauft man mit dem Auge, nicht mit dem technischen Verstand eines Kenners. Man kriegt viel Auto fürs Geld, viel Chrom, ein bisschen modischen Chichi. Ein Ford ist Volumen, ein BMW-Konzentrat.
Stimmt das wirklich? Wagen wir eine Bestandsaufnahme. Einzelradaufhängung hinten? Ja, beim Ford Granada Coupé, Schräglenker wie bei BMW und Mercedes. Aufwendige Starrachse à la Alfa? Ja, das Knudsen-Taunus-Coupé, fünf Lenker insgesamt. Scheibenbremsen hinten? Keiner. Hat aber auch kein BMW 02. Obenliegende Nockenwelle? Ja, aber nur die Reihen-Vierzylinder. Aerodynamisch überzeugende Form? Ja, der Ford Capri, cW-Wert 0,38, schmale Stirnfläche, der schafft mit nur 125 PS stramme 190 km/h.
Gusseiserne Motoren sind auf Langlebigkeit ausgelegt
Was ist mit dem V6-Motor? Kann der altmodische gusseiserne Klotz, den sie uns 1964 aus Amerika in der Holzkiste rübergeschickt haben, mit Katalogwerten imponieren? Äh nein - geringe Leistungsausbeute, simple Konstruktion. Ja, die mittleren Kolbengeschwindigkeit von 10 m/s bei Nenndrehzahl ist sensationell niedrig, das Gegenteil von den Jaguar XK-Motoren. Das beweist, wie sehr die Ultrakurzhuber auf Langlebigkeit ausgelegt sind. Aber hat man Sie bei Ihrem Auto je nach der mittleren Kolbengeschwindigkeit gefragt?
Ach so, noch ein Ja, denn der V6 hat keinen Zahnriemen, das passt zu seiner unausgesprochenen lebenslangen Garantie. Was ist denn letztlich überhaupt modern bei den drei Ford? Vielleicht noch die recht direkte Zahnstangenlenkung mit viel Rückmeldung.
Ford Capri ist ein Escort-Coupé
Wie sein amerikanisches Vorbild, der Mustang, lebt der Ford Capri vor allem von der Form. Man kauft ihn sicher nicht wegen seiner konstruktiven Schlichtheit, die er plattformtechnisch vom Hundeknochen-Escort geerbt hat. Gerade der Ur-Einser-Capri ist stilistisch ausgesprochen wohlproportioniert. Er kommt breit und niedrig daher, mit viel Radstand für seine Länge und kurzen Überhängen.
Seine Unverwechselbarkeit bezieht er aus dem gut gestalteten Profil, das hintere Seitenfenster parabelförmig wie beim Elfer, die ausgeprägte Sicke kurvt hinten am Radlauf nach unten und verschafft der Seitenlinie zusätzliche Dynamik. Das Heckfenster wurde von den britischen Ford-Designern, aus deren Pantone-Stiften der Ford Capri maßgeblich floss, raffiniert aus dem Fastback herausmodelliert.
Anders als Knudsen-Taunus-Coupé und Barock-Granada-Coupé verzichtet der Einser- Capri auf stilistische Opulenz. Er ist der jüngere, sportlichere Bruder der Badewanne. Für einen Ford aus dieser Zeit wirkt er sehr reduziert mit seinen zierlichen Scheinwerfern und schmalen Rückleuchten. Nur die Stoßstangenhörner, die ziselierte Emblem-Heraldik und die Lufteinlass-Attrappen vor der Hinterachse huldigen dem typischen Ford-Edelkitsch und verwässern die Linie der Vernunft.
Ford 2,6-Liter-V6 mit hubraumstarken Drehzahlkeller
Was so gut aussieht, fährt sich auch gut. Das trifft auf den 72er 2,6-Liter im raren Farbton "Dunkelgrün-Metallic" mit Stoff "Marocbraun" aus der Sammlung von Ford Capri-Spezialist Tilo Rögelein mehr als zu. Die schon vermisste technische Brillanz ersetzt dieser Capri 2600 GT XL durch pragmatische Hausmannskost.
Man nehme den damals größten verfügbaren V6 aus dem Regal, setzte ihn in ein graziles leichtes Auto, stimme das simple Fahrwerk möglichst gut ab und sorge im maßgeschneiderten Zweipluszwei-Cockpit für eine gewisse wohnliche Gediegenheit. Schon stellt sich Fahrspaß im Ford Capri nicht über drehzahlfeste Vielnockenwellerei ein, sondern übers lässige schaltfaule Beschleunigen aus dem hubraumstarken Drehzahlkeller. Die bullige Gussmaschine mag gar nicht hoch drehen, sie wäre schon bei 6.000/min heiser trompetend am Ende.
Der unechte V6 läuft ruhig wie ein Reihensechser
Es ist eine souveräne, nervenschonende Art der Fortbewegung. Der unechte V6 mit dem perfekten Massenausgleich eines Reihen-Sechszylinders, weil jedes Pleuel auf eine eigene Kurbelwellenkröpfung trifft, läuft bei 5.000/min leise und vibrationsarm. Zwischen drei- und viertausend fühlt er sich am wohlsten. Dieser Ford Capri beweist, dass Fahrfreude nichts mit Prestige zu tun hat, ein 2,3-Liter könnte es genauso gut.
Opas zitierter Ford Capri 1500 XL Automatic eher nicht, ihm fehlt die Überlegenheit des großen Motors im kleinen, leichten Auto. Der offenbart sich dem Kenner über den Buckel in der Motorhaube und den Doppelrohr-Auspuff am Heck. Auch der Genuss des leichtgängigen superpräzisen Vierganggetriebes gehört zu den Freuden in Rögeleins schön ausstaffiertem Capri.
Doppelleben in England
Beim 1500er wird nur der rheinische Capri-Feinschliff gegenüber der kruden britischen Escort-Rustikalität spürbar. Kaum zu glauben, dass beide über das gleiche Fahrwerk verfügen. Unser Ford Capri Eins führt, motorisch betrachtet, ein Doppelleben in England.
Die britischen 1300er- und 1600er-Motorvarianten verwenden statt des V4 mit Ausgleichswelle den Kent-OHV-Reihenmotor aus dem Ford Escort, der 2000 GT ist dagegen ein angelsächsischer V4 mit Zollmaßen und 93 PS. Wenn man ihn um zwei Zylindereinheiten verlängert, entsteht daraus das Spitzenmodell 3000 GT mit dem flachköpfigen Essex-V6. Manche mögen ihn nicht, weil er angeblich kein Dauervollgas verträgt. Aber ist das heutzutage im Schongang des Saisonbetriebs noch ein Kriterium?
Der Essex leistet mit Weber-Doppelvergaser 140 PS und kam 1972 auch nach Deutschland als Topmotorisierung für den Ford Granada (138 PS wegen anderem Auspuff), und für den facegelifteten Ford Capri, intern 1b genannt. Die wesentlichen Änderungen lauten: größere Rückleuchten, Haubenbuckel jetzt für alle, die antiken V4-Vierzylinder jetzt auf OHC-Reihenmotoren aus dem Knudsen-Taunus umgestellt, Blinker in den Stoßstangen, ziviles Topmodell nun der 3000 GXL. Der brachiale Krieger Ford Capri RS 2600 wird milder. Er trägt jetzt züchtig knappe Stoßstangen, säuft nicht mehr so viel und beschleunigt statt in 7,3 Sekunden, wie der BMW 3.0 CSL, nur noch in 8,2 auf Landstraßentempo.
Kurzhuber mit überraschender Elastizität
Auch das daytona-gelbe Knudsen-Coupé aus der wohlsortierten Rögelein-Sammlung ist ein besonderes Ford-Juwel für den, der die unaufgeregten Essentials der Marke versteht. In Wesen und Fahrgefühl ist er dem zuvor geschilderten Capri 2600 sehr ähnlich, der 2,3-Liter-V6 mit 108 PS agiert zwar etwas milder, ist aber bei zügiger Landstraßen-Fotofahrt ebenbürtig. Beeindruckend auch hier die herrliche Elastizität des kompakten Gussmotors, der trotz ausgeprägter Kurzhubigkeit ruckfrei und nachdrücklich im vierten Gang ab 1.500/min hochbeschleunigt.
Die Schaltung ist auch hier im Ford Taunus Coupé ein Gedicht, die Wege zwar etwas länger, doch knackig britisch - mit trockenem Feedback rasten die Gänge ein. TC heißt der Knudsen intern, das steht für Taunus-Cortina. Auch er ist wie Escort und Capri eine mehrheitlich englische Entwicklung. Konzeptionell folgt er dem hinterradgetriebenen Ford Cortina Mk II, ist technisch gegenteilig dem deutschen Frontantriebs- Vorgänger Taunus P6. Aber das ist typisch Ford: Mal V, mal Reihe, mal Kent, mal CVH, mal Front, mal Standard – Kontinuität war nicht die Stärke der populären Marke.
Als Vierzylinder muss sich der Ford Taunus mit brummigen, etwas unwilligen Motoren abfinden, die den sanften Fortschritt von Querstromkopf und obenliegender Nockenwelle gut verheimlichen. Aber mit dem V6 unter der Haube geht im Knudsen die Sonne auf. Da merkt man, dass nichts den Charakter eines Wagens so beeinflusst wie der Motor. Alle Ausstattungspakete helfen da nicht.
Raumgefühl im Taunus Coupé deutlich großzügiger
Doch wenn sich wie im Falle des Daytonagelben Ford Taunus Coupé GT und XL zu GXL vereinen, dann lässt es sich hinter dem Pseudo-Sportlenkrad und der Instrumententafel im Mustang-Stil schwelgen. Das Raumgefühl ist deutlich großzügiger als im knapp geschnittenen Capri, die Sitzposition weniger tief. Ein bisschen Kirmes geht im Knudsen-Coupé schon ab. Es ist viel Effekthascherei im Spiel. Trotz nachtschwarzer, fett gepolsterter Velourssitze und einem Alibi-Furnierstreifen wirkt alles ziemlich grell, weit weg von der gediegenen Funktionalität eines Capri. Viel amerikanischer, modischer, eben typisch Siebziger.
Erst nach dem 73er Knudsen-Facelift kehrt Ruhe ein, steile Echtholzvertäfelung im GXL mit ultraklaren Instrumenten statt Mustang- Look. Die Mittelkonsole sieht beim Daytonagelben Ford Taunus Coupé schon ab Werk so billig aus wie von Kamei, doch wenigstens sind Öldruckmesser und Amperemeter an Bord. Schade, dass auch das Gesicht geglättet wurde. Der verspielte Kühlergrill mit den eingebetteten Fernscheinwerfern fiel der neuen Sachlichkeit bei Ford zum Opfer.
Das Knudsen-Coupé hat gegenüber dem Ford Capri ein aufwendigeres Fahrwerk mit schraubengefederter Starrachse. Sie wird, ähnlich wie bei Opel, Alfa und Volvo exakt von zwei Längslenkern und zwei Schubstreben pro Rad geführt. Ein mittig angeordnetes Führungselement stützt die Achse gegenüber dem Differenzial ab. Beim Capri übernehmen nur die Blattfedern und zwei kurze Längslenker Federung und Führung der starren Achse.
Doch der schönste Ford des Trios liegt in schnell gefahrenen Kurven deutlich besser, weil viel neutraler. Seine Untersteuerneigung tritt sehr gedämpft zu Tage und wechselt im Grenzbereich sanft in ein gut kontrollierbares Hineindrehen des Hecks.
Leistung auf BMW 02-Niveau
Das kopflastige Ford Taunus Coupé muss in Kurven hineingezwungen werden. Es hat die narrensichere Jedermann-Abstimmung, sein stoisches Fahrverhalten lässt sich erst durch vehementen Einsatz der üppigen Motorleistung in ein moderates Übersteuern verwandeln.
Sportlich fährt sich der Ford Taunus jedenfalls nicht. Er ist der gemütliche Gleiter, mit ihm reist man leise und entspannt. Großen Fahrkomfort zaubert er ebenfalls nicht aus seinen begrenzten Fahrwerks-Ressourcen, er federt eher trocken, kaum besser als der Capri. Manchmal kommt es auf holprigen Straßen zu harmlosen Versetzern auch bei der sehr stabilen, andererseits steifen und träge ansprechenden Doppelquerlenker-Vorderachse. McPherson zeigt sich da sensibler.
Die stets gepflegte, Laune machende Akustik des 2,3-Liter-V6 sorgt im Ford Taunus Coupé dennoch für einen Klassenunterschied gegenüber besser gemachten und besser abgestimmten Konkurrenten. Er spielt als einzigen Trumpf gern die Überlegenheit des großen Hubraums und das Plus der zwei Zylinder aus. Lässig schüttelt er sich das überschäumende Temperament niedrig drehender 108 PS aus dem Kurbelgehäuse, während selbst der konstruktiv brillante Vierzylinder eines BMW 2002 hörbar dafür ackern muss.
Kultiges Vinyl-Dach bedeutet 1.000 Euro Aufpreis
Auf kurvigen Landstraßen wiederum ist der BMW klar überlegen, ebenso in puncto Image und Begehrlichkeit. Preislich ist mittlerweile sogar der Abstand für ein gutes Exemplar zugunsten des Ford geschrumpft. Es steht nur noch 8.800 zu 12.000 Euro für den BMW. Die Klassiker-Szene hat solche papageiengelben Paradiesvögel wie das Knudsen-Coupé jetzt auf dem Schirm und hat vor allem kapiert, wie selten Topversionen in gutem Zustand sind. Da wirkt sich sogar das Vinyldach zur Abrundung vollkommener Kult-Coolness preistreibend aus. 1.000 Euro Vintage-Zuschlag ist das einst 220 Mark teure Extra heute locker wert.
Im Granada-Coupé hat der 2-Liter-V6 mächtig zu schleppen
Beim spanischroten Ford Granada Coupé zieht die amerikanische Muscle-Car-Masche vom großen Motor im kompakten Auto plötzlich nicht mehr. Der Granada ist für europäische Verhältnisse bereits ein Full-Size-Car, und der kleine Zwei-Liter-V6 hat mit dem knapp 1.300 Kilo schweren Auto wahrlich kein leichtes Spiel. Um den großen Wagen anzuschieben, mangelt es dem Zwei-Liter unten herum an Drehmoment. Man muss ihn im Granada fleißig schalten und höher drehen.
Das wiederum passt nicht zum entspannten Wesen des großen Ford Granada Coupés. Außerdem treibt es den Verbrauch in die Höhe. Aber besser einen ehrlichen Zwei-Liter-V6 als einen raubeinigen V4 im Granada, von einem nachträglich reingeschnitzten Essex, Achtung interner Code HYB, ganz zu schweigen.
Der bescheidene Urtyp des Ford-V6 leistet 90 PS bei ebenfalls zahmen 5.000/min. Im Einser-Capri gab es ihn anfangs sogar als niedriger verdichtete Normalbenzin-Variante mit 85 PS. Der Ford Granada lief 1972 als deutsch-englisches Doppelwesen namens Consul/Granada vom Band. Es war nach Escort, Capri und Taunus/Cortina der vierte Schritt zur Straffung des Modellprogramms im Zuge der neuen Ford of Europe-Strategie.
Nationale Selbstbestimmung durfte man in Köln und Dagenham nur noch bei der Motorenpalette ausleben. Deshalb gab es den britischen Ford Granada anfangs als 2-Liter-V4, 82 PS, 2,5-Liter-V6, 120 PS und natürlich mit der royalen Essex-Maschine, die als Besonderheit gegenüber den deutschen V6-Pendants neben Zollgewinde auch noch Heronköpfe mit Muldenkolben aufweist.
Granada gab's in 3 Karosserievarianten
Unser spanischrotes Ford Granada 2.0 L-Coupé gibt sich in Motorisierung und Ausstattung bürgerlich bescheiden. Auch hier kreiste, anders als beim Pflegedienst, der Rotstift des Rentners, denn Normalpolsterung, Einfach-Instrumente und Stahl statt Ronal machen dem extraorientierten Ford-Fan Lust auf GL oder Ghia. Zudem schwelgt das 76er Modell nicht mehr ganz so hemmungslos im Blechbarock früher Granada-Jahre. Weniger Chrom, den Hüftschwung sauber ausgebügelt, die Instrumente aus ihren tiefen Höhlen befreit, Sportfelgen statt üppiger Edelstahl-Radkappen. Ausstattungsmäßig rangiert unser Zwei-Liter auf Consul-Niveau, bis auf die Tatsache, dass der Consul als Zweiliter den sparsameren und leistungsfähigeren Pinto-Vierzylinder-Motor mit 99 PS nutzte.
Es gab drei Karosserievarianten - "den klassischen Zweitürer", den Viertürer und das Coupé. Absurderweise wurde der Consul auch in allen Varianten als V6, aber nur als Zweikommadrei- und Drei-Liter offeriert. Als Ford Consul GT hat er dann auch noch den Granada- Grill, den aber mattschwarz, da soll sich einer auskennen. Hier musste Ordnung rein.
Mattschwarz statt Chrom
Ford-Deutschland Chef Bob Lutz stellte 1975 den Ford Consul ein und straffte den Granada gründlich. Plötzlich gab es ein S-Paket mit sportlich abgestimmtem Fahrwerk, Gasdruckdämpfern und Lederlenkrad. Der große Trumpf des Granada gegenüber der Opel- Konkurrenz, die aufwendige Schräglenker-Achse, zog wegen mangelnder Feinabstimmung anfangs nur verhalten. Sie war zu weich gefedert und vor allem zu schwach gedämpft. Steigt man von Ford Capri und Taunus auf den Granada um, so kommt einem der Granada vor wie eine Sänfte.
Weiter fällt die höhere Karosseriequalität mit sattem Türenklang auf. Jetzt ist im Ford Granada plötzlich das Gefühl des schweren Wagens da. Er hat sich schon aufgemacht in Richtung Premium, und sein eckiger Nachfolger hat das Streben nach Qualität noch vertieft. Wäre es ein 2.3 Ghia mit Schiebedach, Velourspolsterung und diesem markanten schweren Aludruckguss-Grill vorn im Gesicht, wir würden nichts vermissen. Dann darf es sogar eine Limousine sein. Automatik, nein lieber nicht, die Ford C-3 ist nicht so toll.
Alle drei sind brave und dankbare Autos
Kann man mit einem Ford glücklich werden, mit diesen Allerweltsautos für Jedermann? Ja, es geht - auch ohne persönlichen Bezug, ohne Kindheits-Autobiographie und sonstiger Gefühlsduselei. Ob Ford Capri, Taunus oder Granada, es sind brave, dankbare Autos, der Fahrspaß entspringt der Motor-Übergröße und nicht der brillanten Konstruktion. Das macht sie langlebig, leicht reparierbar und zukunftssicher. Ihre Seltenheit sorgt nebenbei für eine gute Investition. Die mageren Jahre sind für Capri und Co. endlich vorbei.
Ford Coupé-Fazit von Motor Klassik-Redakteur Alf Cremers
Keine Frage, wenn es um Schönheit geht, ist der Ford Capri mein Favorit, er wirkt zierlich, nahezu grazil. Mit langer Motorhaube und kurzem Fastback zeigt er sich perfekt proportioniert. Als 2,6-Liter halten die Fahrleistungen, was die rassige Form verspricht. Spitze 190, von null auf Hundert unter zehn Sekunden, das Ganze ohne jegliche Krawall-Attitüde. Als GT XL fühlt er sich luxuriös und qualitätsvoll an, man vermisst beim Fahren nichts, noch nicht einmal die Servolenkung. So original und kultiviert im Wesen, hat der Capri das Zeug zur Ikone.
Der Ford Granada fährt sich kommod. Angenehmer Motor, komfortbetontes Fahrwerk. Doch ist er mir als L zu mager. Von einem Granada erwarte ich nun einmal die verschwenderische Opulenz eines GXL oder Ghia.
Mein Held des Herzens heißt Ford Taunus. Als 2300 GXL lässt er keine Wünsche offen. Er ist schnell, leise und bequem. Sportlich ist an ihm gar nichts, er untersteuert heftig, die Starrachse mag nur guteStraßen. Ein Charaktertyp mit Schwächen, aber ehrlich und treu. Übrigens, alle drei Ford sind absolut zukunftssicher. Robuste, langlebige Technik ohne Elektronik - da kann einfach nichts schiefgehen. Außer vielleicht ein bisschen Schweißen.