BMW 325i, Mercedes 300 CE-24, Saab 900 im Fahrbericht
Drei Cabrios für vier
Luxuriös, gediegen und souverän. BMW 325i, Mercedes 300 CE-24 und Saab 900 sind kultivierte Reisewagen für das besondere Ziel.
28.10.2014 Alf CremersDer BMW 325i wirkt wie ein Roadster. Trotz luxuriöser Zutaten wie elektrischer Fensterheber, cremefarbener Lederpolster und mondäner Kreuzspeichenräder hat er sich etwas Puristisches bewahrt. Seine Maße sind im Vergleich zu den opulenten Luxuslinern Mercedes-Benz und Saab kompakt, seine geraden Linien streng, das Interieur zeigt sich vorne wie hinten figurbetont.
Sportsitze im BMW 325i
Die Passagiere sitzen im BMW 325i exponiert unter freiem Himmel. Fahrer und Beifahrer werden von straffen Sportsitzen umklammert, vor allem auf der Rückbank mit konturierter Einzelsitzausformung spricht der Fahrtwind ab Tempo 80 ein tosendes Machtwort.
Das BMW-Verdeck hat roadsterlike keinen Himmel, man sieht das offene Gestänge. Dafür ist es leicht und lässt sich spielend bedienen, ohne große Verrenkungen verschwindet es im Handumdrehen geschmeidig im Verdeckkasten. Klappe zu, und nichts stört die sachliche Karosserieform mit niedriger Gürtellinie und kurzen Überhängen. Eine beheizte Glasheckscheibe wie in den elektrohydraulisch inszenierten, gefütterten Kapuzen von Mercedes und Saab sucht man vergebens, die transparente Kunststofffolie schmiegt sich perfekt dem lässigen Faltenwurf des Stoffverdecks an und braucht sehr wenig Platz.
Wer von der zweitürigen 3er-Limousine, die heute selbst im Bestzustand nur ein knappes Drittel des Cabrios kostet, umsteigt, bemerkt sofort die hohen Seitenschweller. Sie verhelfen der kompakten Karosserie zusammen mit zahlreichen Verstärkungen an der Bodengruppe zu genügender Steifigkeit. Anders als die Baur-Top-Cabriolets der E30-Baureihe ist der offene Werkswagen bügelfrei und targalos. Das machte ihn für das Publikum so attraktiv und heiß ersehnt, dass in acht Jahren rekordverdächtige 143.000 Stück gebaut wurden.
Dem stehen vor allem dank des aufnahmefreudigen US-Markts immerhin 50.000 offene Saab 900, aber nur 34.000 viersitzige Mercedes-Cabriolets der Baureihe A124 entgegen, weil dieses Auto fast so teuer war wie der prestigeträchtige SL der 129er-Baureihe.
BMW 3er leistet 170 PS im Topmodell
Als Sechszylinder-Topmodell mit 170 PS starkem 2,5-Liter-Triebwerk ist der offene 3er heute aber beileibe kein Massenauto. Gerade diese temperamentvolle Version litt an einer hohen Sterberate in der Hand junger Wilder, die Wartung mit Tuning verwechselten und das Fahrwerk mit Tieferlegung und acht Zoll breiten Borbet-Rädern malträtierten.
Dieses Schicksal blieb Saab 900 und Mercedes A124 erspart, deren seriöse und solvente Klientel tat ihren Autos nur eines an, was an sich nicht schadet: Sie fuhren viel, sehr viel. Über 250.000 Kilometer sind für 20 Jahre alte offene Saab 900 keine Seltenheit, der Mercedes 300 CE-24 aus diesem Trio bringt es gar auf astronomische 358.000 Kilometer, unter der Obhut zweier durchgestempelter Wartungshefte und zweier penibler Vorbesitzer.
Das Roadsterhafte des BMW 325i setzt sich beim Fahren fort, die Sitzposition passt perfekt, die Schaltung des Fünfgang-Schongetriebes lässt sich exakt und mit dem gewissen Nachdruck betätigen, den der Engländer so treffend "Response" nennt. Der Druckpunkt der Kupplung liegt genau richtig, und selbst die angenehm direkte Zahnstangenlenkung liefert uns einen Hauch TR6-Feeling, weil sie bei diesem Exemplar auf Servohilfe verzichtet. Welch Fauxpas bei der ansonsten so eng beschrifteten Orderliste, die sogar vom großen Bordcomputer, einer Diebstahl-Warnanlage und hinteren Kopfstützen erzählt.
Der Unterschied zwischen dem funktionellen, allenfalls luxuriös angehauchten BMW 325i und den beiden offenen Straßenkreuzern wird sofort deutlich. Mercedes und Saab umrundet man zunächst respektvoll, man nähert sich ihnen eher zaghaft. In den BMW steigt man sofort ein und fährt los. Man tut dies mit Begeisterung. Der kompakte Wagen ist agil, temperamentvoll, setzt jede Lenkbewegung direkt um, bremst spurtreu und mit dem nötigen Biss, gibt sich kurvengierig, dreht leichtfüßig hoch und stürmt dabei mit Nachdruck voran. Es ist wie Fahren ohne Filter, und es herrscht zwischen Mensch und Maschine eine große Harmonie, die einen beschwingt, ja bezaubert.
Mercedes und BMW liegen bei Beschleunigungsniveau gleichauf
Der Zahnriemen-Sechszylinder klingt erwachsener, als er aussieht. Ab 2.000/min inszeniert er ein sonores Klangbild, dessen angenehme Tonlage sich weiter steigert. Der kurzhubige Zweieinhalbliter ist kein Ausbund an Drehmoment, dafür ist seine Leistungsausbeute zu hoch, aber über 2.500/min spürt man einen kraftvollen Antritt vor allem im dritten und vierten Gang. Nutzt der BMW-Fahrer das hohe Drehvermögen des Motors, geht es zügig vorwärts. Die Beschleunigung des sportlichen 3er liegt exakt auf dem Niveau des 50 PS stärkeren Mercedes 300 CE-24, wobei sich beim Mercedes natürlich das Gewichts- und Automatik-Handicap auswirkt.
Fahrwerksseitig gibt sich der BMW ausgewogen. Die aufwendige, markentypische Achskonstruktion mit McPherson-Federbeinen vorne und Schräglenkern hinten vermeidet die starrachsige Blattfederhärte britischer Roadster. Das BMW-Cabrio bietet auch auf schlechten Straßen einen angenehmen Fahrkomfort, ist aber beileibe keine Sänfte, denn beim 325i hat ein neutrales Fahrverhalten im Grenzbereich eindeutige Priorität.
Stern-Motor leistet 220 PS
Der besondere Reiz des Mercedes-Cabrios liegt völlig unerwartet unter der Motorhaube. Sonst heißt es ja immer, Fahrkomfort, Solidität und müheloses Fahren seien die Domänen des Sterns. Der Mercedes-Motor, nun ja, ganz nett, er hält halt lange, gelang aber selten brillant, auch wenn er aus Versehen mal zwei obenliegende Nockenwellen hatte. Die anderen Tugenden kann man schon in einer 124er-Limousine für 2.000 Euro erleben. Aber dieses monumentale Doppelnocken-Triebwerk begeistert mit seinem brachialen Antritt, mit seinem satten Drehmoment untenherum und mit seiner unbändigen Drehfreude.
Er gibt sich mit dieser hochemotionalen Charakteristik so Mercedesuntypisch, dass die Autotester den M104, wie er intern heißt, seinerzeit völlig falsch verstanden haben. Was denn, 220 PS bei 6.400/min, der rote Bereich erst ab 7.000/min? Da reagiert man doch bestürzt, wenn man vorher den braven M103-Sechszylinder aus dem Mercedes 300 E gewohnt war. Ein Motor aus dem Lehrbuch der Political Correctness, sanft, sparsam, leise, aber auch ziemlich langweilig.
Natürlich verlangt dieser wild gewordene 24-Ventiler nach einem Fünfgang-Schaltgetriebe, um sich voll auszuleben, aber die Fünfstufenautomatik in unserem almandinroten Mercedes-Cabrio versucht zumindest, es ihm recht zu machen. Der charismatische M104 ist der Debütmotor im offenen viersitzigen 124, es gab ihn dort sogar zwei Jahre lang ausschließlich, und deshalb ist diese Version mit dem 35 Zentimeter langen Heckschriftzug heute noch sehr verbreitet. Die Strahlkraft des M104 sollte ihn veredeln und den Listenpreis von knapp 100.000 Mark rechtfertigen. Der hierarchisch deutlich höher stehende 300 SL-24 kostete ausstattungsbereinigt nur knapp 10.000 Mark mehr, also zehn Prozent.
Heute ist es umgekehrt, da sind Mercedes-Viersitzer-Cabrios knapp ein Drittel teurer als die vergleichbaren SL-Modelle. Wer glaubt, in den 100.000 Mark seien exklusive Extras wie die Lederpolsterung oder ein elektrohydraulisches Verdeck bereits enthalten, der irrt; Mercedes ließ sich selbst in dieser Preisklasse fast alles Luxuriöse extra bezahlen, außer Wurzelnussfurnier, das war schon beim 300 CE-24 Coupé serienmäßig. Bis auf das zügig davonstürmende Triebwerk, das sich im Übrigen auch Mercedes-typisch entspannt mit Schwerpunkt auf dem mittleren Drehzahlbereich bewegen lässt, überrascht der 124er kaum, aber er begeistert auf den zweiten Blick.
Die Qualität von Material und Verarbeitung überzeugt auch noch nach 350.000 Kilometern, der Fahrkomfort ist herausragend und die Handlichkeit für solch ein großes Cabriolet, das eigentlich 300 SE-24 heißen müsste, bestechend. Einmal mehr ist es die Mühelosigkeit des Fahrens, die hier beeindruckt, unterstützt vom Wohlfühlambiente eines geschmackvollen und funktionellen Interieurs. Trotz des leistungsfähigen Motors kommt die Lust auf ambitioniertes Fahren selten auf, anders als der BMW versteht sich der Mercedes als ideales Reise-Cabriolet für lange Autobahnetappen in schönen Gegenden, eine Art Trans-Europa-Express nach Lugano oder Nizza.
Die eigene Welt des Saab
Der offene Saab 900 S beschreitet einen unkonventionellen Mittelweg zwischen dem puristischen Roadster BMW und dem opulenten Mercedes-Cabriolet, das zwar zur E-Klasse zählt, aber eine gefühlte S-Klasse ist. Der eigenwillig gestylte, frontgetriebene Schwede hat durchaus ambitionierte Tugenden, ist aber gleichzeitig auf Komfort konditioniert. Sein Zweiliter-Softturbo mit 141 PS ist ebenso drehfreudig wie durchzugsstark.
Der bassig röhrende Sound des Vierzylinders hat eine sportliche Note. Die Saab-Ingenieure kompensieren mangelnden Hubraum und limitierte Zylinderzahl mit Aufladung und gaswechselfreundlicher Vierventil-Technik. Der optisch eindrucksvolle Motor mit direkter Ventilbetätigung der beiden Nockenwellen über Tassenstößel ist quasi verkehrtrum eingebaut, seine Stirnseite mit der Duplexkette zeigt zur Spritzwand.
Anderssein steckt im Credo von Saab. Das fängt mit dem Zündschlüssel an, der in der Mittelkonsole wohnt, und den man nicht herausziehen kann, solange nicht der Rückwärtsgang eingelegt ist. Es endet bei der eigenwilligen Interpretation von Frontantrieb, der Motor, Getriebe und Differenzial kompakt über der Vorderachse gestapelt vorsieht. Das bedeutet geringe Kopflastigkeit, also weniger Untersteuern im Grenzbereich. Auch die für Fronttriebler wie geschaffene, hocheffiziente Aufhängung à la McPherson kommt für Saab wegen mangelnder Robustheit nicht in Frage. Stattdessen schaffen hochgelegte Schraubenfedern und raffiniert angeordnete Querlenker Platz für die Antriebswellen.
Individuelles Saab-Design punktet
Hinten reicht eine leichte, exakt geführte Starrachse, um einen guten Kompromiss zwischen Straßenlage und Komfort zu erzeugen. Kein Vergleich mit dem Mercedes-Komfortwunder Raumlenkerachse, aber eben Saab-typisch effizient und robust.
Das Saab-Design sammelt Sympathiepunkte durch die geringe Verbreitung. Es wirkt individuell und zeitlos, ohne wirklich schön zu sein. Seltsamerweise fügen sich viele fragwürdige Details wie die langen Überhänge, die stark gebogene Frontscheibe und der seltsame Kragen über den Rücksitzen zu einem erstaunlich harmonischen Gesamtkunstwerk.
Zeitlosigkeit predigt Saab nicht nur missionarisch im Design – der Nachfolger 900 II sieht schließlich fast gleich aus –, sondern auch in der Qualität. Was man auch anfasst, es wirkt erzsolide, noch einen Tick besser als beim Mercedes, und das Leder auf Connolly-Niveau unterstreicht diesen Eindruck.
Der Mercedes begeistert
Das Fahrgefühl im Saab 900 wird vom kernigen Vierzylinder mit hoher Durchzugskraft geprägt. Häufiges Schalten ist nicht nötig, es macht mit dem etwas hakeligen Fünfganggetriebe keinen allzu großen Spaß. Das nennenswerte Leistungsmanko zu BMW 325i und zu Mercedes 300 CE-24 wird von der angenehmen Motorcharakteristik des Saab ganz gut kaschiert.
Aber halten wir fest, die moderne Roadster-Interpretation BMW ist das weit bessere Auto für ambitionierte Fahrer. Der Mercedes kann sogar beides: fahraktiv, wenn der schubstarke Sechszylinder seine Fesseln sprengt, wenn der Wählhebel der Fünfgangautomatik auf Fahrstufe drei bleibt – oder Cruising, wenn Motor, Getriebe und Tempomat wunderbar in trauter Eintracht walten.